Von Walzer zu TikTok: Ist ein Tanzkurs noch cool?
Ob Ballett, Breakdance oder Cha-Cha-Cha - Tanzen verbindet, bewegt, macht Spaß. Aber wie sieht es bei Jugendlichen aus? Ist der klassische Tanzkurs noch angesagt - oder längst ein Auslaufmodell?
Am 29. April war Internationaler Tag des Tanzes - ein Tag, der die ganze Welt auf die Tanzfläche holen soll. Auch die Tanzschule Krebs, in Göttingen eine echte Institution mit Tradition, hat sich mit Aktionen beteiligt. Neben Göttingen gibt es einen zweiten Standort in Einbeck, der seit zehn Jahren zur Tanzschule gehört. Hier fand ein Tanzkurs für volljährige Jugendliche statt, dabei stellt sich die Frage: Ist die Tanzschule für junge Leute noch in - oder längst out?
Der Trend geht zum Individualtanz
Ein Montagabend in Einbeck, es ist kurz vor 18 Uhr. Im Tanzsaal kommen gerade Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Jugend-Clubs der Tanzschule Krebs an. Die Stimmung ist locker, einige lachen, andere ziehen sich schon ihre Tanzschuhe an. Mit dabei sind Jugendliche, die bereits Kurse absolviert haben und jetzt ihre Technik weiter verfeinern wollen. Sechs Tanzpaare - gemischte Paare und reine Frauenpaare. Nach einer kurzen Begrüßung von Tanzlehrer Leif Montag geht es direkt los: mit einem Cha-Cha-Cha.
"Häufig sagen Leute nach der Konfirmation, wir sollten mal einen Tanzkurs machen", erzählt Leif Montag, "damit wir nicht aufgeschmissen sind, wenn wir mal auf einer Hochzeit oder einer Party sind. Man merkt, dass das Interesse etwas zurückgeht, im Gesellschaftstanzbereich, also im Standardtanz und den Lateinamerikanischen Tänzen. In Mode sind eher der Individualtanz und schnelllebige Trends. Aber der Gesellschaftstanz ist immer noch da."
Das Konzept Tanzschule muss moderner werden
Leif Montag ist Lehrer bei der Tanzschule Krebs, die gibt es seit mehreren Jahrzehnten. In den 1960er-Jahren hat das Ehepaar Krebs in seiner Tanzschule noch sehr formell unterrichtet - mit Höflichkeiten, Diener und Knicks. Doch schon bald kamen mit modernen Tänzen wie Rock'n'Roll und Mambo auch freiere Umgangsformen. Der Unterricht hat sich in den letzten Jahren weiter verändert - und das muss er auch, findet Marie-Jo, die seit neun Jahren tanzt: "Die Jugend von heute ist nicht mehr so drauf wie die Jugend es damals war. Schon die Erziehung läuft anders. Wenn Jugendliche herkommen und dann einen total steifen Verein vorfinden, kommen die nie wieder."
Das Konzept Tanzschule müsse auf die Zeit angepasst werden - und wurde es auch hier und da schon. Denn natürlich gelte nach wie vor eine Kleiderordnung bei Bällen, erzählt Marie-Jo weiter, aber ein neues Paar schwarzer oder weißer Sneaker zum Anzug sei heutzutage völlig akzeptabel und das beruhige viele schon mal.
Walzer tanzen zu Songs von Rihanna & Co.
Im Jugend-Club geht es nicht nur um neue Figuren, sondern auch darum, sich tänzerisch weiterzuentwickeln. Dabei soll der Spaß nicht verloren gehen. Aus den Musikboxen klingen die aktuellen Charts. Denn Cha-Cha-Cha, Discofox und sogar Wiener Walzer lassen sich auch zu aktuellen Popsongs tanzen.
Es sei ein Spagat zwischen althergebrachten Dingen, die nach wie vor gut und funktional seien, zum Tanzen einfach dazugehörten, und den Dingen, die sich verändern und modernisieren ließen, sagt Tanzlehrer Leif Montag. Es gehe da um "eine gewisse Tanzkultur". "Zum Beispiel sagen wir statt 'Herr' und 'Dame einfach 'Leader' und 'Follower', weil wir die Rollen beschreiben, die getanzt werden. Dabei ist es egal, ob da gerade ein Herr tanzt oder ob die Dame als Leader den eigentlichen Herrenteil tanzt", erklärt Montag.
Wer einmal anfängt, bleibt dabei
Das Interesse sei wohl bei vielen Jugendlichen da, erzählen die Teilnehmer:innen. Aber nicht alle trauen sich auch, einen Kurs zu machen. Was hingegen auffällt: Wer einmal mit dem Tanzen anfängt, bleibt oft dabei, nicht nur wegen der Tanzschritte, sondern auch wegen der Gemeinschaft - und weil es Spaß macht.
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