Jutta Bauer: Humorvolle Autorin und Zeichnerin mit politischer Stimme
Ein Altersheim für Illustrator*innen, das Projekt Familiengeschichte und nie Feierabend: Die Hamburger Illustratorin und Kinderbuchautorin Jutta Bauer geht mit Humor und einer Sonderbegabung durchs Leben.
Jutta Bauer ist nicht nur mehrfach ausgezeichnete Illustratorin, Cartoon-Zeichnerin und Autorin von Kinderbüchern, die überzeugte 68erin ist bis heute auch politisch engagiert: mit inzwischen 70 Jahren bei den "Omas gegen Rechts". In diesem Jahr war sie nominiert für den Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis, der mit 460.000 Euro Preisgeld dotiert ist.
Jutta Bauer hatte gehofft: "Vielleicht wirst Du reich?". Doch "reich" ist eine eine andere geworden: Die Französin Marion Brunet bekam den ersten Preis. Jutta Bauer hätte gern den Preis gehabt: "Ich habe immer gesagt, ich gründe dann das Illustratoren-Altenheim. Denn die meisten Illustratoren sind sehr arm. Die können kaum leben von ihrer Arbeit und Rente haben sie erst recht nicht."
Ohne eigenes Leben und Gefühle zeichnet man "nur kalte Scheiße"

Jutta Bauer kann von ihrer Arbeit dagegen gut leben. Ob als Illustratorin, Cartoonistin - lange auch für die Frauenzeitschrift Brigitte - oder als Autorin und Hochschul-Dozentin. Ihren Schülern sagt sie: Ein guter Zeichner hat eigentlich nie Feierabend.
"Ihr seid immer Zeichner. Ihr seid Zeichner, wenn ihr an der Bushaltstelle steht. Dann müsst ihr gucken, wie steht denn die Oma da? Was hat die wohl für ein Leben? Warum ist die denn so krumm und hat ganz dünne Beinchen? Das musst Du abspeichern. Man zeichnet nur kalte Scheiße, wenn man nicht auch sein eigenes Leben und seine Gefühle drin hat." 70 Jahre Lebenserfahrung stecken in unzähligen Kinder- und Jugendbuch-Veröffentlichungen, darunter auch Besteller. Ihr Werk "Königin der Farben" war nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis. Das Bilderbuch, so bunt wie Jutta Bauers künstlerische Seele.
Bauer: Ich bin eine Sonderbegabung
"Ich bin alt! Ich mache das schon über 30 Jahre. Ich denke, ich habe eben auch einfach so eine Sonderbegabung. Dafür kann ich nicht rechnen. Ich bin vom Gymnasium geflogen, ich war eine echte Pfeife. Aber Zeichnen konnte ich! Dann hatte ich auch noch vernünftige Eltern, die gesagt haben, mach doch das, womit es dir gut geht."
Aktuelles Projekt: Buch über Familiengeschichte
Gerade zeichnet Bauer an einem Buch über ihre Familiengeschichte. Der Vater in der NS-Zeit groß geworden, die Mutter Vertriebene aus dem Sudetenland. Das wirft bei der bekennenden Alt-68erin Fragen an den Vater auf: "Warst Du eigentlich so ein Nazivater? Was für ein Nazi warst Du denn, Vati?"
Das Buchprojekt ist eine Art Lebenswerk. "Es ist ein Riesenprojekt. Zwischendurch habe ich oft gedacht, ich schaffe es nicht, ich gebe auf. Etwas über die eigene Familie zu machen, ist das Schwierigste überhaupt. Aber dann habe ich gedacht: Jetzt bin ich in Rente, ich muss, ehe ich in die Kiste springen, den Berg noch besteigen."
Illustrator*innen schätzen Bauers Witz und geschultes Auge
Ihr Studio liegt im ersten Stock der Hamburger Atelierhausgemeinschaft Goldbekhaus. Dort, wo auch andere Illustratorinnen Stoffe entwickeln und an Büchern arbeiten. Hier schätzt jeder Juttas Expertise. Wie Dunja Schnabel: "Jutta hat einen guten Witz und ein sehr geschultes Auge! Premium!" Fast zu viel der Ehre für Jutta Bauer. Sie findet, dass jetzt eigentlich die anderen dran sind: "Lass' doch die Jungen jetzt Bücher machen! Ich guck zu und gebe meinen Senf dazu, das finde ich auch völlig ausreichend!"
So ganz will man ihr dass nicht glauben. Denn ohne das Zeichnen kann Jutta Bauer doch gar nicht. Das hoffen wir zumindest.
