Eine Spritze mit Impfstoff. © picture alliance/Perenyi Foto: Laci Perenyi

Post-Vac-Syndrom: Seltene Nebenwirkungen der Corona-Impfung

Stand: 19.09.2022 15:31 Uhr

Die Corona-Impfung rettet Leben. In sehr seltenen Fällen kann sie andauernde Krankheitssymptome verursachen, das Post-Vac Syndrom. Wie wird es diagnostiziert und wo gibt es Hilfe?

Die Post-Vac-Syndrom (engl. vaccination = Impfung) genannten Beschwerden können auch nach anderen Impfungen auftreten, zum Beispiel bei der Grippeschutzimpfung. Aber weil gegen Covid sehr viele Menschen in einem kurzen Zeitraum geimpft wurden, fallen diese seltenen Nebenwirkungen nun besonders auf.

Wie oft tritt ein Post-Vac-Syndrom nach der Corona-Impfung auf?

Das Risiko für starke Nebenwirkungen ist nach einer durchgemachten Covid 19-Erkrankung sehr viel höher als nach der Impfung – das belegt auch eineStudie aus Israel. Nach bisherigem Kenntnisstand tritt ein Post-Vac-Syndrom nur nach 0,01 bis 0,02 Prozent aller Impfungen auf. Das entspricht bei 176 Millionen verabreichten Impfdosen etwa 25.000 Post-Vac-Syndromen. Das Risiko für ein Post-Vac-Syndrom ist also sehr gering – und trifft laut Expertinnen und Experten genau die Menschen, die sehr wahrscheinlich durch die echte Infektion ähnliche oder noch viel schwerere Symptome bekommen hätten. Denn die Impfung ist eine vergleichsweise milde Immunstimulation, verglichen mit einer Covid-Infektion.

Wer bekommt das Post-Vac-Syndrom?

Genaue Zahlen gibt es noch nicht, aber auffällig ist, dass vom Nebenwirkungen nach einer Corona-Impfung besonders häufig jüngere, sportliche Frauen betroffen sind, so Medizinerinnen und Mediziner der Uniklinik Marburg, wo es die bisher einzige Ambulanz für das Post-Vac-Syndrom gibt. In die Ambulanz kamen plötzlich viele junge Patientinnen mit merkwürdigen Kreislaufstörungen.

Symptome: Welche Beschwerden treten beim Post-Vac-Syndrom auf?

Vereinzelte Thrombosen und Herzmuskelentzündungen nach der Corona-Impfung traten schon zu Beginn der Impfungen auf. Inzwischen berichten Betroffene von Blutdruckschwankungen, plötzlichem Herzrasen, Kopfschmerzen, Sehstörungen, lähmender Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Hautveränderungen.

Es sind völlig unterschiedliche Krankheitssymptome, die scheinbar gar nichts miteinander zu tun haben. Aber dafür gibt es eine Erklärung: Der Erreger Sars-Cov2 ist neu und die Menschen haben dagegen keine Grundimmunität. Deshalb kann das Virus viele verschiedene Gewebe infizieren, was zu ganz unterschiedlichen Ausprägungen der Krankheit führt.

Was sind die Ursachen für ein Post-Vac-Syndrom?

Warum es, wie bei Post-Covid, nach der Corona-Impfung zu langandauernden Beschwerden kommt, ist noch nicht klar – daran wird nun geforscht. Es gibt mehrere Theorien dazu, was bei einem Post-Vac-Syndrom im Körper passiert: Die Marburger Forschenden haben ein Molekül im Visier, das eine wichtige Rolle bei der Blutdruckregulierung spielt: ACE2. Dieses Protein ist außerdem ein Rezeptor für Coronaviren – darüber gelangen die Viren in die Zellen. Besonders viel ACE2 haben jüngere, sportliche Frauen – also diejenigen, die am häufigsten ein Post-Vac-Syndrom bekommen. Eine Covid- Infektion oder auch die Impfung kann das Herz-Kreislaufsystem überfordern, was dann zu Kreislaufregulationsstörungen führt.

Aber auch das Immunsystem scheint beteiligt zu sein: Es wird durch die Infektion, aber auch durch die Impfung, stark aktiviert. Dabei kann es zu überschießenden Reaktionen kommen. Es entstehen Autoantikörper, die körpereigenes Gewebe angreifen und so Autoimmunkrankheiten auslösen. Autoantikörper finden sich bei einigen Menschen mit anhaltenden Krankheitssymptomen nach der Impfung – bei anderen Betroffenen lassen sich solche Autoantikörper jedoch nicht nachweisen.

Wie lässt sich das Post-Vac-Syndrom behandeln?

Laut Medizinerinnen und Medizinern sind die Beschwerden nach der Impfung heilbar – man muss aber Geduld aufbringen. Es gibt ein Therapieverfahren, das krankmachende Bestandteile des Immunsystems aus dem Blut fischen kann: die Immunapherese, eine Art Blutwäsche. Diese Therapie wird mancherorts durchgeführt, obwohl es dafür bislang keinen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis gibt. Um das Verfahren zu prüfen, müssten möglichst bald kontrollierte Studien durchgeführt werden.

Sollte man sich dennoch gegen Corona impfen lassen?

Die Impfungen sind hochwirksame medizinische Maßnahmen, die in sehr seltenen Fällen krank machen können. Dennoch ist die Corona-Impfung viel ungefährlicher als eine Infektion mit Sars-CoV-2 ohne Impfschutz. Notwendig sind jetzt Forschungskapazitäten und Spezialpraxen für die Versorgung und Beratung von Personen, die unter einem Post-Vac-Syndrom leiden oder gefährdet sind, ein solches zu bekommen, mahnen Forschende.

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