Eigenbluttherapie: Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Kosten

Stand: 16.09.2024 20:00 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Die Eigenbluttherapie ist eine Behandlungsmethode, bei der körpereigenes Blut entnommen und als Plasma aufbereitet in den Körper zurückgegeben wird. Die Wirkung ist wissenschaftlich noch umstritten.

von Dagmar Lüdke-Bonnet

Bei der Eigenbluttherapie sollen körpereigene Stoffe aus dem Blut verschiedene Selbstheilungsmechanismen stimulieren, um unterschiedliche Beschwerden wie Gelenkschmerzen zu lindern. Eingesetzt wird die Eigenblutbehandlung in verschiedenen medizinischen Bereichen, wie zum Beispiel in der Orthopädie, Dermatologie und Zahnmedizin.

Wie funktioniert eine Eigenbluttherapie?

Es gibt verschiedene Arten von Eigenbluttherapien - allen gemeinsam ist, dass Blut aus der Vene entnommen wird und im Labor die festen roten Blutzellen abgetrennt werde, sodass die gewünschten Blutbestandteile im flüssigen Plasma vorliegen. Das wird anschließend in den Körper zurückgespritzt. Je nach Behandlungsziel erfolgt die Injektion in oder unter die Haut, in einen Muskel, eine Sehne oder in ein Gelenk. Bei der Aufbereitung im Labor werden unterschiedliche Verfahren eingesetzt, um die gewünschte Zusammensetzung des Plasmas zu erreichen, manchmal wird es mit Sauerstoff oder Ozon angereichert.

PRP-Methode soll natürliche Reparaturmechanismen unterstützen

Beim gängigsten Verfahren wird sogenanntes "plättchenreiches Plasma" (PRP) hergestellt, eine Form ist das analog konditionierte Plasma (ACP). Dabei werden bestimmte Bestandteile des Blutes therapeutisch genutzt, insbesondere die Blutplättchen.

Blut besteht bis zu 55 Prozent aus Plasma. Das Plasma transportiert die roten und weißen Blutkörperchen sowie die Blutplättchen. Dazu kommen verschiedene Botenstoffe sowie Wachstums- und Gerinnungsfaktoren. Mit einer Zentrifuge lassen sich die verschiedenen Inhaltsstoffe des Bluts voneinander trennen. Dabei setzen sich unten die schweren Bestandteile ab, die roten Blutzellen. Oben verbleibt das flüssige Plasma mit seinen Botenstoffen und Wachstumsfaktoren. In der kleinen Schicht dazwischen sammeln sich weiße Immunzellen, darüber die Blutplättchen (Thrombozyten).

Blutplättchen und Plasma zusammen ergeben das sogenannte plättchenreiche Plasma. Blutplättchen sind in der Lage, bei einer Verletzung die Wunde zu verkleben und sie starten die Wundheilung, indem andere Zellen herbeigerufen werden. Dieser Heilungseffekt soll bei der Eigenbluttherapie mit Plasma in Regionen einsetzen, die zwar keine frische Verletzung haben, aber Heilung bedürfen, wie zum Beispiel bei Sehnenentzündungen oder Gelenkbeschwerden. Über 300 Botenstoffe und Wachstumsfaktoren können aus aktivierten Thrombozyten freigesetzt werden. Sie sollen die Selbstheilung unterstützen.

PRP/ACP bei Kniearthrose und anderen orthopädischen Beschwerden

In der Orthopädie ist die Eigenblutbehandlung nach der PRP/ACP-Methode etabliert: Wenn bei Schmerzen Physiotherapie, Stoßwellen und Cortisonspritzen keine ausreichende Besserung bewirken, wird gegebenenfalls eine Behandlung mit aufbereitetem Eigenblut versucht, zum Beispiel bei Arthrose, Sehnenbeschwerden (Tennisarm, Golferarm), bei Muskelverletzungen und anderen degenerativen Erkrankungen. Auch bei schlecht heilenden Knochenbrüchen kommt das plättchenreiche Plasma zum Einsatz. Für die Behandlung der Kniearthrose ist laut einer Meta-Analyse ein wirksamer Effekt über die Dauer von einem Jahr nachgewiesen: Die Kniepatienten hatten weniger Schmerzen und eine verbesserte Gelenk-Funktion.

Eigenbluttherapie in der Zahnmedizin

Immer häufiger wird Blutplasma in der Kieferchirurgie eingesetzt, wie beim Knochenaufbau, der bei Zahnimplantaten notwendig ist. Dazu wird die Gerinnungseigenschaft des Blutes genutzt. Entscheidend ist ein spezieller Klebstoff im Blut, das Fibrin. Aus dem Kiefer der Betroffenen wird etwas Knochenmasse inklusive Stammzellen entnommen. Mit tierischem Knochenersatzmaterial und dem speziell aufbereiteten Blutplasma vermischt, wird daraus ein fester, kleiner Schwamm, der dann als knöcherne Grundlage für das Zahnimplantat eingesetzt wird. Die Vorteile dieser Methode sind kürzere OP-Zeiten und weniger Eingriffe als beim klassischen Knochenaufbau.

Blutplasma gegen Haarausfall

Die Eigenblutbehandlung wird als moderne Methode gegen Haarausfall propagiert. Sie soll sowohl bei erblichem Haarausfall bei Männern helfen, als auch beim kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) Verbesserungen bringen. Außerdem wird sie zusätzlich nach Haartransplantationen angeboten. Die körpereigenen Regenerations- und Heilungskräfte sollen durch das Eigenblut unterstützt und das Zellwachstum noch bestehender Haarfollikel gesteigert werden. Zwar werden Behandlungserfolge in bestimmten Fällen beschrieben und viele Patienten sind mit der Therapie zufrieden. Insgesamt ist der Effekt von PRP gegen Haarausfall wissenschaftlich nicht nachgewiesen.

Wirksamkeit der Eigenbluttherapie nicht ausreichend belegt

Die Studien zur Wirksamkeit von Blutplasma als Medikament sind zum Teil widersprüchlich. Da für das Zentrifugieren von Blut kein einheitliches und standardisiertes Verfahren existiert, haben die Plasmakonzentrate unterschiedliche Zusammensetzungen, zum Beispiel bei den Gerinnungsfaktoren oder Immunzellen. Das macht es schwierig, deren Wirkung in Studien miteinander zu vergleichen. Es fehlen auch Langzeitstudien und an bisherigen Studien nahmen nur wenige Probanden und Probandinnen teil, daher sind die Ergebnisse nicht sehr aussagekräftig.

Wer darf die Eigenbluttherapie durchführen?

Laut Transfusionsgesetz darf Blut nur durch eine Ärztin oder einen Arzt oder von Fachpersonal unter ärztlicher Aufsicht entnommen werden. Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker dürfen darum seit einigen Jahren kein Blut zur Herstellung von Eigenblutprodukten mehr abnehmen.

Welche Nebenwirkungen können bei einer Eigenbluttherapie auftreten?

Die Injektionen können schmerzhaft sein, Schwindel und Übelkeit danach sind möglich. Als Nebenwirkung der Behandlung mit Eigenblut können allergische Reaktionen bis hin zum allergischen Schock (Anaphylaxie) auftreten. Insbesondere wiederholte Eigenbluttherapien können zur Bildung von Autoantikörpern führen. Bei gestörter Blutgerinnung können großflächige, blaue Flecken (Hämatome) entstehen. Sind die verwendeten Nadeln nicht steril oder sollte es zu dem sehr seltenen Fall einer Verwechslung der Eigenblutproben kommen, ist eine Übertragung von Infektionskrankheiten möglich.

Wer bezahlt die Eigenbluttherapie?

Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für Plasmatherapien noch nicht. Die Behandlungen müssen die Betroffenen selbst zahlen. Pro Spritze sind Preise um 200 Euro üblich, je nach Anwendungsgebiet, Aufbereitungsart und Sitzungsdauer können die Kosten erheblich variieren.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 17.09.2024 20:15 Uhr

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