E-Docs Podcast #54: Wie gesund sind Nahrungsergänzunsmittel?
Wie gesund sind Nahrungsergänzungmittel wirklich? Wem nützen und wem schaden sie? Dr. Viola Andresen hat im Podcast Fragen zur Ernährungsumstellung beantwortet - hier zum Nachlesen.
Julia Demann: Heute stehen bei uns eure Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel im Mittelpunkt. Bei mir ist heute Dr. Viola Andresen, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizinerin. Hallo Viola, schön, dass du da bist.
Dr. Viola Andresen: Hallo Julia.
Julia Demann: Nahrungsergänzungsmittel sollen eine ganze Menge können: Das Immunsystem stärken, gegen Müdigkeit helfen, die Konzentration fördern oder den Muskelaufbau. Sie sollen gegen Hormonschwankungen helfen und allgemein die Gesundheit unterstützen. Eine repräsentative Umfrage von 2024 ergab, dass mehr als die Hälfte der über 16-Jährigen in Deutschland Nahrungsergänzungsmittel nehmen.Viele von euch sind verunsichert und fragen sich, ob man Nahrungsergänzungsmittel nehmen soll oder ob sie grundsätzlich eher schädlich sind. Eines ist ganz wichtig: Nahrungsergänzungsmittel sind, wie der Name schon sagt, eine Ergänzung. Sie sollen etwas ergänzen, wovon man vielleicht etwas zu wenig bekommt. Sie sollen weder Lebensmittel ersetzen, noch sind es Medikamente.
Dr. Viola Andresen: Genau, Nahrungsergänzungsmittel sind eigentlich Lebensmittel und dürfen deswegen auch nicht mit einem Heilversprechen beworben werden.
Julia Demann: Das wird teilweise umgangen, etwa durch Influencer-Marketing, oder auch mit Formulierungen, wie etwa: 'trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei'. Iris hat uns eine Frage geschickt, die offenbar viele bewegt und die uns auch immer wieder über den Ernährungs-Docs-Instagram-Kanal gestellt wird. Sie fragt:
Brauchen wir aufgrund der veränderten Nahrung, etwa weniger Vitamine in Gemüse als vor 30 Jahren, Nahrungsergänzungsmittel und wenn ja, welche?
Dr. Viola Andresen: Das ist, was die ganzen Hersteller der Nahrungsergänzungsmittel die Menschen glauben lassen wollen. Nämlich: Das, was wir essen, ist heute überhaupt nicht mehr nährstoffreich und wir müssen unbedingt was ergänzen. Das stimmt so überhaupt nicht. In einem Land wie Deutschland sind wir definitiv mit einer ausgewogenen Ernährung komplett abgedeckt, mit den allermeisten Nährstoffen. Es gibt zwei Ausnahmen: Das eine ist Jod. Jod ist ein Stoff, der aus dem Meer kommt, er kommt zum Beispiel in Meerestieren- oder Algen vor, in den Böden und im Gemüse ist wenig drin. Das heißt, Deutschland gilt als Jodmangelland. Und Vitamin D ist kein Nahrungsvitamin, wir nehmen es über die Sonne auf. Ansonsten sind wir mit unserer Ernährung komplett abgedeckt und natürlich haben manche Apfelsorten mehr Vitamine als andere. Tteilweise sind die auch hochgezüchtet, aber wenn man sich ausgewogen ernährt, bleiben auf jeden Fall genug Vitamine da.
Julia Demann: Das heißt, Nahrungsergänzungsmittel sind kein Muss, vor allem nicht bei gesunden Menschen, die sich vielfältig ernähren. Trotzdem sehen wir bei euch in der Sendung und auch bei uns im Podcast immer wieder Menschen, die Nahrungsergänzungmittel bekommen: Eisen, Omega-3-Versäuren, Vitamin B12. Wie passt das zusammen?
Dr. Viola Andresen: Wir sprachen ja gerade über gesunde Menschen. In der Sendung haben wir typischerweise Menschen, die Erkrankungen haben oder Risikofaktoren, dass bestimmte Krankheiten entstehen können. Da ist es natürlich etwas anderes. Beispielsweise Menschen mit chronisch-entzündlichen Dameerkrankungen, die haben durch die Dameentzündung einfach eine gestörte Aufnahme. Durch Unverträglichkeiten können Lebensmittel nicht verzehrt werden. Andere Kandidaten haben sich einseitig und schlecht ernährt. Menschen, die überernährt, also übergewichtig sind, können auf jeden Fall trotzdem mangelernährt sein, denn wenn man sich nur von Fast-Food, Pizza und Süßigkeiten ernährt, dann fehlen auch die ganzen Vitamine. Da gibt es dann durchaus die Möglichkeit zu ergänzen, aber wir versuchen immer, durch Lebensmittel zu ergänzen. Am besten durch eine gesunde Ernährung, nicht unbedingt durch Ergänzungsmittel. Aber es gibt Personen, bei denen Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind.
Julia Demann: Wir sehen, es ist sehr individuell. Wie man am besten herausfindet, was man selbst braucht, dazu haben uns auch einige Fragen erreicht. Susanne Link fragt zum Beispiel:
Wo kann man testen lassen, was man wirklich braucht? Beim Hausarzt beim normalen Blutbild wird das meist nicht getestet. Ich bin schon auf Unverständnis gestoßen, weil ich mein Vitamin D auf eigene Kosten habe testen lassen.
Julia Demann: Beim Blutbild werden ja vor allem Blutbestandteile getest, oder?
Dr. Viola Andresen: Blutbild ist ein irreführender Begriff. Streng genommen sind das nur die weißen und roten Blutkörperchen und die Blutplättchen. Die meisten Leute meinen damit das klassische Routine-Labor, wo etwa auch Nierenwerte und Leberwerte mitbestimmt werden. Wie ausgedehnt das ist und wie viel da bestimmt wird, das ist ganz individuell. Je nachdem, was die Ärzte anfordern. Bei Privatpatienten wird in der Regel deutlich mehr getestet als bei gesetzlich Versicherten. Das ist unterschiedlich, was da alles getestestet wird. Man muss aber auf der anderen Seite sagen, dass wir mit den Blutwerten tatsächlich unseren Haushalt mit Nährstoffen in aller Regel für die allerwenigsten Dinge, wirklich messen können, weil die wirkliche Versorgung gar nicht so wiedergespiegelt wird in den Bluttwerten, denn die meisten Nährstoffe werden irgendwo im Gewebe gespeichert. Das heißt, das, was wir im Blut messen, ist nicht unbedingt aussagekräftig. Vitamin D, Vitamin B12 und die Vorstufen Eisen, Speichereisen, Ferritin, Zink und Selen, das sind die Dinge, die am häufigsten gemessen werden. Bei Autoimmunerkrankungen oder entzündlichen Krankheiten ist auch der Omega-3-Index hilfreich. Die klassischen anderen B-Vitamine in unseren Breiten zu testen, ist in der Regel nicht sinnvoll.
Julia Demann: Außerdem gibt es Tests, die man zuhause machen kann, die sind sehr ungenau. Man soll sich Blut aus der Fingerkuppe entnehmen, die Schritte sind sehr kompliziert. Und es fehlt, dass ein Arzt oder eine Ärztin auf das Testergebnis schaut und interpretiert. Die Verbraucherzentrale rät auch von Haaranalysen auf jeden Fall von ab. Aber was man zu Hause machen kann, wäre, ein Ernährungstagebuch führen.
Dr. Viola Andresen: Wie bereits erwähnt, sind die anderen Tests, die du aufgezählt hast, wissenschaftlich nicht wirklich validiert oder etabliert. Es kann jedoch hilfreich sein, ein Ernährungstagebuch zu führen, um einen Überblick über die eigene Ernährung zu bekommen. Dabei kann man eine Ernährungsfachkraft bitten, das Tagebuch auszuwerten. Es gibt spezielle Computerprogramme, in die man genau eingibt, was und wie viel man gegessen hat. Das Programm zeigt dann die verzehrten Nährstoffe an, sodass man überprüfen kann, ob eventuell ein Mangel besteht.
Wichtig ist auch, zu bedenken, dass es nicht nur darum geht, ob man zu wenig Nährstoffe zu sich nimmt, sondern auch, ob man Nährstoffe verliert – zum Beispiel durch Krankheiten oder eine schlechte Aufnahme. Das ist eine andere Thematik, die ebenfalls gezielt betrachtet werden sollte. Ein weiterer Punkt ist, dass bei Bluttests Nahrungsergänzungsmittel, die man eventuell bereits eingenommen hat, vorher abgesetzt werden sollten. So kann man die tatsächlichen Blutspiegel der natürlichen Nährstoffe messen, ohne dass die Ergänzungsmittel das Ergebnis verfälschen. Hier möchte ich noch betonen, dass wir uns in diesem Zusammenhang auf gesunde Menschen beziehen. Bei Menschen mit Vorerkrankungen sieht die Situation natürlich anders aus. Es gibt Erkrankungen wie Nierenerkrankungen oder Durchfallerkrankungen, bei denen Nährstoffe verloren gehen. Auch Menschen, die Blut verlieren, können einen Eisenmangel entwickeln. Ebenso gibt es Patienten mit schweren Magen-Darm-Erkrankungen, bei denen die Nährstoffaufnahme gestört ist. Ein wichtiger Punkt ist auch die bariatrische Operation, also eine Operation zum Abnehmen. Bei solchen Eingriffen ist es häufig notwendig, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, um den Nährstoffverlust auszugleichen, da die Aufnahme von Nährstoffen eingeschränkt ist.
Julia Demann: Was häufig getestet wird, haben wir bereits kurz angesprochen: Vitamin D. Ich möchte darauf noch einmal etwas näher eingehen, auch wenn die Möglichkeiten der Ernährung in diesem Zusammenhang begrenzt sind. Allerdings haben uns dazu sehr viele Fragen erreicht, da Vitamin D vermutlich eines der meistgenommenen und meistverkauften Nahrungsergänzungsmittel ist. Norlika fragt dazu:
Guten Tag, gerne möchte ich wissen, wie hoch die Dosierung von Vitamin D3 für einen Erwachsenen pro Tag sein darf?
Dr. Viola Andresen: Die Empfehlung bezüglich der Vitamin-D-Zufuhr hängt auch davon ab, ob ein ausgeprägter Mangel vorliegt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt bei geringem Mangel eine tägliche Verzehrmenge von etwa 20 Mikrogramm, was ungefähr 800 internationalen Einheiten entspricht. Die meisten Nahrungsergänzungsmittel enthalten typischerweise 1.000 oder 2.000 Einheiten. Es ist jedoch wichtig, die Einnahme nicht zu überschreiten, maximal 4.000 Einheiten pro Tag, da eine Überdosierung gefährlich werden kann. Vitamin D wird im Körper gespeichert, und ein Überschuss kann zu vermehrten Calcium-Einlagerungen führen, was schwere Komplikationen verursachen kann. Aus diesem Grund wird Vitamin D auch regelmäßig im Blut kontrolliert, insbesondere bei Personen mit einem erhöhten Risiko für einen Mangel. Der optimale Wert liegt zwischen 30 und 50 Nanogramm pro Milliliter. Werte unter 30 Nanogramm deuten auf einen Mangel hin. Bei entzündlichen Erkrankungen und Immunerkrankungen streben wir einen Vitamin-D-Spiegel von mindestens 50 Nanogramm an. Besondere Vorsicht ist bei Schwangeren und Personen geboten, die andere Medikamente einnehmen. Diese sollten vor der Einnahme von Vitamin-D-Präparaten Rücksprache mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin halten. Für gesunde Menschen ohne spezielle Beschwerden ist die tägliche Einnahme von etwa 1.000 Einheiten in der Regel unbedenklich. Insbesondere in der dunklen Jahreszeit, also im Winter, ist eine Supplementierung sinnvoll, da Vitamin D hauptsächlich in der Haut durch Sonnenlicht gebildet wird. Im Winter ist die Sonnenstrahlung in Nordeuropa jedoch oft nicht ausreichend, und die Haut ist nicht ausreichend der Sonne ausgesetzt. Daher leiden die meisten Menschen in dieser Region in dieser Zeit an einem Vitamin-D-Mangel. In solchen Fällen kann eine Supplementierung auch ohne vorherige Messung erfolgen.
Julia Demann: Birgit fragt:
Muss Vitamin D immer mit Magnesium und Kalzium genommen werden und wenn ja, wie viel Kalziun und Magnesium und in welcher Form?
Dr. Viola Andresen: Es gibt Behauptungen, wonach die kombinierte Einnahme von Vitamin D und Vitamin K günstiger sei. Allerdings muss man ehrlich sagen, dass diese Annahme wissenschaftlich nicht belegt ist. Daher ist es nicht zwingend notwendig, diese Kombination einzunehmen. Unsere aktuellen Leitlinien empfehlen sogar, von einer solchen Supplementierung abzusehen, was eine etwas ungewöhnliche Formulierung ist. Man würde vielmehr erwarten, dass die Empfehlung lautet, die Einnahme nicht wirklich zu empfehlen. Die Studienlage zu diesem Thema ist derzeit unzureichend. Bezüglich der zusätzlichen Einnahme von Magnesium und Kalzium gilt ebenfalls: Wenn diese Mineralstoffe in der Ernährung ausreichend vorhanden sind, besteht kein Bedarf, sie zusätzlich zu ergänzen. Wenn man sie jedoch als Nahrungsergänzungsmittel einnimmt, ergibt die Kombination wenig Sinn, da beide Salze denselben Transporter im Körper nutzen und sich gegenseitig bei der Aufnahme sogar hemmen können. Daher ist es in der Regel ausreichend, Vitamin D allein zu ergänzen, sofern der Bedarf besteht.
Julia Demann: Viele haben gefragt, was sie für die Gesundheit ihres Darms tun können. Über dieses Thema haben wir bereits eine eigene Community-Folge veröffentlicht, nämlich Folge 18. Bei Nahrungsergänzungsmitteln kommen dabei häufig Probiotika ins Spiel. Diese können sowohl in Form von Lebensmitteln als auch in Kapselform eingenommen werden. Stefan Meyer fragt, ob es sinnvoll ist, Prä- und Probiotika zu supplementieren. Zudem hat er gelesen, dass es wichtig ist, Enzyme für die Verdauung zu ergänzen. Stimmt das?
Dr. Viola Andresen: Die Einnahme von Probiotika in Form von Tabletten ist nicht zwingend erforderlich. Wir empfehlen vielmehr eine ballaststoffreiche, gesunde und gemüselastige Ernährung. Bei Probiotika kann man auch wunderbar auf natürliche, probiotische Lebensmittel zurückgreifen, wie fermentierte Produkte, Joghurt, Sauerkraut oder Kombucha zum Trinken. Die Supplementierung von Probiotika kann sowohl positive als auch negative Folgen haben, weshalb man dies nicht einfach pauschal empfehlen sollte. Es ist nicht automatisch so, dass der Darm gesünder wird, wenn man eine probiotische Kapsel einnimmt. Manche Menschen können dadurch sogar mehr Probleme bekommen. Daher sollte die Anwendung nur in bestimmten Situationen erfolgen, beispielsweise bei bestimmten Darmerkrankungen. Ich würde nicht einfach so Probiotika schlucken, da dies auch negative Folgen haben kann. Auch die Einnahme von Verdauungsenzymen ist bei gesunden Menschen in der Regel nicht notwendig. Wenn man Verdauungsprobleme hat, gibt es dazu keine belastbaren Daten, aber in manchen Fällen kann die Einnahme bei einzelnen Personen hilfreich sein - allerdings ist das sehr individuell.
Julia Demann: Sabina aus B fragt:
Kann man wirklich abnehmen, wenn man Probiotika nimmt? Ich habe gehört, man sollte dazu dann besonders hohe Dosen nehmen.
Dr. Viola Andresen: Das ist natürlich auch wieder ein Versprechen, das so überhaupt nicht gehalten werden kann. Wir wissen, dass eine vorherige Fehlernährung eine entscheidende Rolle spielt. Das bedeutet, eine schlechte Ernährung über einen längeren Zeitraum führt zu einem schlechten Darm-Mikrobiom und kann auch Übergewicht begünstigen. Eine gesunde, vielfältige und ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse fördert hingegen ein gutes Mikrobiom und kann auch beim Abnehmen unterstützen. Das Ganze jedoch durch die Einnahme von Probiotika zu ersetzen, ist nicht sinnvoll.
Julia Demann: Es ist erstaunlich, welche Versprechen gemacht werden. Dadurch entstehen bei den Menschen Verunsicherungen. Besonders interessant fand ich auch die Frage von Carsten Antholz. Er erkundigte sich, ob die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln die Darmflora beeinträchtigen kann und ob dadurch langfristig Magen und Darm geschädigt werden könnten.
Dr. Viola Andresen: Man muss sich bewusst sein, dass alles, was wir zu uns nehmen, Einfluss auf das Mikrobiom hat. Dieser Einfluss kann auch tatsächlich negativ sein. Wir können das Mikrobiom nicht gezielt verändern, weshalb wir oft nicht wissen, welche Auswirkungen einzelne Maßnahmen haben. Daher ist es wichtig, sorgfältig zu überlegen, ob man bestimmte Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel oder andere Substanzen wirklich benötigt. Denn theoretisch kann man dadurch auch negative Effekte verursachen.
Julia Demann: Über Maßnahmen, die man stattdessen ergreifen kann, haben wir in diesem Podcast bereits mehrfach gesprochen. Ich möchte einige Folgen nennen, in denen das Thema Prä- und Probiotika, das Darm-Mikrobiom sowie eine darmgesunde Ernährung behandelt wird. Zudem wird erläutert, welchen Einfluss der Darm auf verschiedene Erkrankungen und unsere Gesundheit hat. Besonders empfehlenswert sind die Folgen Nummer 16, 30 und 51. Wer sich dafür interessiert, sollte dort gerne noch einmal reinhören. Eine vielfältige und darmengesunde Ernährung ist ebenfalls wichtig, damit unser Immunsystem optimal funktioniert. Viele Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln werben zudem damit, dass ihre Produkte das Immunsystem, insbesondere in der Erkältungszeit, hervorragend unterstützen können. Doch welche Produkte sind wirklich wirksam? Finn 681 fragt, ob es sinnvoll ist, zweimal jährlich während der Erkältungszeit eine Kur mit einem Kombinationspräparat aus Vitamin C, Zink und Vitamin D durchzuführen. Er schreibt, dass er trotz einer sehr gesunden und ausgewogenen Ernährung recht anfällig für Infekte ist. Außer Vitamin D nimmt er keine Nahrungsergänzungsmittel und möchte wissen, ob eine solche Kur helfen kann. Ebenfalls stellt Inge eine Frage:
Macht es Sinn, Zinke in der Erkältungs-Saison vorbeugend einzunehmen bzw. bei einem akuten Infekt die Einnahme zu erhöhen. Wenn ja, wie viel Zink wird dann jeweils empfohlen.
Dr. Viola Andresen: Auch hier muss man sagen, dass die Nahrungsmittelindustrie natürlich sehr viel Werbung macht und die Produkte teilweise äußerst teuer sind. Die Industrie verdient an diesen Schlagzeilen, dass die Produkte das Immunsystem stärken sollen, enorm. Letztlich sind alle genannten Stoffe - Zink, Vitamin C und Vitamin D - wichtig für ein gut funktionierendes Immunsystem. Allerdings haben wir bereits erwähnt, dass die meisten dieser Stoffe auch in einer ausgewogenen Ernährung enthalten sind und daher nicht zusätzlich zugeführt werden müssen, mit Ausnahme von Vitamin D. Darüber haben wir ebenfalls gesprochen. Das Motto „Viel hilft viel“ ist hier nicht richtig. Besonders bei Vitamin C ist zu beachten, dass überschüssiges Vitamin C, das der Körper nicht benötigt, wieder über den Urin ausgeschieden wird. Es wird also nicht gespeichert. Eine Kur, um den Eindruck zu erwecken, man würde Vitamin C-Speicher auffüllen, ist daher sinnlos. Vitamin C kann man gut über die Ernährung aufnehmen, beispielsweise durch Paprika, Kiwi oder Orangen, die den Bedarf hervorragend decken. Auch viele Kohlsorten enthalten Vitamin C. Man sollte jedoch darauf achten, dass Vitamin C beim Erhitzen verloren geht, weshalb rohe Lebensmittel wie Kiwi, Paprika oder Orangen die besten Quellen sind. Bezüglich Zink ist zu sagen, dass es keine eindeutigen wissenschaftlichen Beweise für eine vorbeugende Wirkung gibt. Es gibt zahlreiche Studien, die mögliche Effekte untersuchen, und wenn jemand persönliche Erfahrungen gemacht hat, die ihm helfen, ist dagegen nichts einzuwenden. Dennoch ist es sicherlich nicht notwendig, Zink unbedingt einzunehmen.
Julia Demann: Diana fragt:
Sind Nahrungsergänzungsmittel förderlich für das Immunsystem von Kindern? Mein Sohn, sieben Jahre, ist oft erkältet. Kann ich mit Nahrungergänzung das Immunsystem verbessern und die Gesundheit fördern oder gibt es da auch negative Folgen?
Dr. Viola Andresen: Bei Kindern muss man berücksichtigen, dass sie einen anderen Stoffwechsel und einen anderen Nährstoffbedarf haben, als Erwachsene. Letztendlich gilt auch hier: Kinder, die sich ausgewogen ernähren, haben in Deutschland keinen Mangel. Ich würde in jedem Fall empfehlen, vorher mit einem Arzt oder einer Ärztin zu sprechen, denn es besteht durchaus die Gefahr einer Überdosierung, insbesondere bei den fettlöslichen Vitaminen. Das ist nicht immer trivial, deshalb sollte man es vorher abklären. Bei Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder ist das Problem, dass sie oft in Form von Süßigkeiten verpackt sind. Tatsächlich handelt es sich dabei um Süßigkeiten, und die darin enthaltenen Vitamine sind meist überflüssig. Zudem warnen Verbraucherschützer davor und fordern sogar, dass Nahrungsergänzungsmittel für Kinder generell verboten werden sollen.
Julia Demann: Falls die Kinder einmal nicht so gerne Gesundes essen, gibt es von euch immer wieder den Tipp, ein wenig davon unter Lebensmittel zu mogeln, die die Kinder gerne mögen, zum Beispiel indem man sie in Soßen hinein püriert. Ein gut funktionierendes Immunsystem ist wichtig, um Entzündungen im Körper in Schach zu halten. Ihr empfehlt daher gelegentlich Algenöl und insbesondere Omega-3-Fettsäuren zur Unterstützung bei entzündlichen Erkrankungen wie Rheuma oder auch Akne. Dazu gab es einige Fragen, unter anderem von Katrin Wilms:
In unserem Freundeskreis wird aktuell ein hochwertiges Omega-3-Öl sehr gelobt. Mich würde interessieren, ob man unbedingt Omega-3 substituieren sollte. Bei einer Blutabnahme wurde bei uns ein guter Omega-3-Wert festgestellt, aber leider ist das Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 nicht optimal. Kann man dies nicht durch die Ernährung ausgleichen?
Julia Demann: Ihre Fragen beziehen sich auf die Dosierung von Omega-3, seine Auswirkungen auf den Körper und ob ein gutes Speiseöl wie Leinöl ausreicht.
Dr. Viola Andresen: Wir können sehr viel über die Ernährung machen. Aber um die zweite Frage anzuschließen: Pflanzliche Lebensmittel enthalten hauptsächlich die sogenannte Alpha-Linolensäure, die beispielsweise in Leinöl und Nüssen enthalten ist. Für die anderen beiden Omega-3-Fettsäuren, DHA und EPA, die gibt es tatsächlich nur aus Seefischen oder Algen, und wir empfehlen, diese in die Ernährung zu integrieren. Wenn man diese überhaupt nicht zu sich nehmen kann oder isst, kann es sinnvoll sein, sie als Nahrungsergänzungsmittel in Form von Algenöl oder Fischöl zu ergänzen, insbesondere bei Menschen mit Entzündungskrankheiten. Bei gesunden Personen wird das nicht pauschal empfohlen. Es gibt mittlerweile auch Studien, die darauf hinweisen, dass eine Einnahme von Omega-3 das Risiko für Herzrhythmusstörungen, insbesondere Vorhofflimmern, erhöhen kann, vor allem bei Personen mit bestehenden Herzerkrankungen. Das spricht dafür, Nahrungsergänzungsmittel kritisch zu betrachten und die jeweilige Situation genau im Blick zu behalten. Es ist das Beste, Nährstoffe über die Ernährung abzudecken und nicht in konzentrierter Form als Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, da sich diese über die Ernährung viel gleichmäßiger verteilen.
Julia Demann: Viele Nahrungsergänzungsmittel werden auch bei Gelenkbeschwerden empfohlen, zum Erhalt des Knorpels oder gegen Entzündungen. Dazu haben wir viele Fragen erhalten, vor allem zum Thema Kollagen, besonders auch in sozialen Medien. Oftmals sind es Kombipräparate, wie zum Beispiel bei der Frage von Katrin:
Ich habe seit Jahren Hüftarthrose. Mein Arzt sagt, ich soll hochdosiert Glucosamin, Chondroitin und Kollagen nehmen. Ein anderer Arzt sagte allerdings, mein Körper könnte diese Stoffe gar nicht aufnehmen. Was ist richtig?
Dr. Viola Andresen: Glucosamin ist ein Aminozucker, der im Körper aus Glukose und der Aminosäure Glutamin gebildet wird. Das bedeutet, theoretisch braucht man es nicht als Nahrung zuzuführen, da der Körper die Einzelbestandteile nutzt, um daraus wichtige Stoffe für den Knorpel, wie Chondroitin und Hyaluronsäure, zu bilden. Wenn man Eiweiße als Nahrung einnimmt, werden diese bei den Verdauungsprozessen komplett in einzelne Aminosäuren zerlegt, die der Körper verwendet, um Eiweiße zusammenzusetzen. An den Kollagenprodukten wird viel verdient, obwohl es im Grunde unnötig ist, sie einzunehmen, weil man die Aminosäuren über eiweißreiche Nahrungsmittel zu sich nehmen kann, wie Getreideprodukte, Haferflocken, Nüsse, Samen, Vollkornprodukte, Eier, und Milchprodukte. Alles, was unsere Natur bietet, reicht aus, sodass keine Zusatzstoffe notwendig sind, damit der Körper knorpelschützende Eiweiße bilden kann. Bei der Kollagen-Produktion benötigt der Körper auch Zink, das in Nüssen, Vollkornprodukten und Meeresfrüchten vorkommt, sowie Vitamin C aus Obst und Gemüse. Die Natur hat alles, was wir benötigen, bereitgestellt; Jahrtausendelang gab es keine Nahrungsergänzungsmittel, und der Mensch hat es geschafft. Es ist überraschend, dass viele Menschen glauben, sie könnten Kollagen einnehmen und es würde direkt im Knorpel oder in der Haut ankommen, das ist nicht der Fall.
Julia Demann: Das war eine sehr aufschlussreiche Erklärung, vielen Dank! Ein weiteres Thema bei Gelenken ist Hagebutte. Kerstin schreibt uns:
Da ich Arthrose habe, nehme ich täglich Hagebutten-Pulver. Gibt es verlässliche Studien oder Erfahrungen dazu, dass dies wirksam ist?
Dr. Viola Andresen: Die Studienlage ist für die meisten naturheilkundlichen Mittel eher mager. Es gibt naturheilkundlich tätige Ärzte, die über gute Erfahrungen berichten. Es sollte daher individuell mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Wenn man das Gefühl hat, es hilft, spricht wahrscheinlich nicht viel dagegen, aber die Datenlage ist nicht überzeugend genug, um es pauschal zu empfehlen.
Julia Demann: Oftmals bedeutet es nicht, dass etwas nicht helfen kann, nur weil es noch nicht umfassend nachgewiesen ist.
Dr. Viola Andresen: Genau, gerade in der Naturheilkunde gibt es viele Erfahrungswerte, auf die man sich nicht immer mit Studien berufen kann. Als Ärztin habe ich viele Patienten damit behandelt. Es kann funktionieren, also sollte man den Expertenmeinungen vertrauen.
Julia Demann: Ein weiteres Mittel für Gelenke ist Kurkuma. Regina fragt:
Mein Orthopäde hat mir Kurkuma und Weihrauch für meine Kniearthrose Grad 3 empfohlen. Andererseits wird vor zu viel Kurkuma gewarnt. Ist der Nutzen höher als die möglichen Nebenwirkungen?
Dr. Viola Andresen: Kurkuma ist ein bekanntes antientzündliches Gewürz. Es sollte als Bestandteil der Nahrung eingesetzt werden, zum Beispiel beim Kochen, und kann bei Autoimmunerkrankungen oder Arthrose sinnvoll sein. Wir empfehlen es, in einer Mischung mit Kreuzkümmel, Muskat und Koriander ins Essen zu geben. Pfeffer verbessert die Aufnahme zusätzlich. Hochdosierte Kapseln stehen im Verdacht, Leberschäden zu verursachen, von denen raten wir definitiv ab.
Julia Demann: Besonders Sportler greifen oft zu Nahrungsergänzungsmitteln. Proteine, Eiweißpulver und Kreatin sind verbreitet. Allen, die sich für das Thema Eiweiß interessieren, empfehle ich Folge 6 unseres Podcasts. Was denkst du über Eiweißpulver beim Sport, grundsätzlich ja oder nein?
Dr. Viola Andresen: Es hängt davon ab, ob man sich eiweißreich ernähren kann, etwa durch Magerquark oder Hühnchenbrust. Bei hohem Bedarf kann man zu Proteinshakes greifen, die keine Zusatzstoffe enthalten sollten. Der normale Mensch braucht etwa 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag; mehr bei Kraftsport oder chronischen Erkrankungen wie Krebs oder COPD. Auch hier sollte man, wenn nötig, Proteinshakes verwenden.
Julia Demann: Kreatin haben wir noch nicht besprochen. Es soll Muskelaufbau unterstützen und bei Sport helfen. Thorsten fragt:
Wie sinnvoll ist Kreatin bei dreimal wöchentlich Kraftsport und dem Ziel Gewichtsabnahme und Muskelzuwachs?
Julia Demann: Flo fragt, ob Kreatin die Nieren belastet.
Dr. Viola Andresen: Kreatin ist ein Eiweiß, große Mengen belasten die Nieren. Nierenkranke sollten auf ihre Eiweißzufuhr achten. Kreatin wurde in vielen Studien untersucht, und es zeigt die leistungssteigernde Wirkung bei hochintensiven Belastungen. Für Ausdauersport ist es weniger sinnvoll. Patienten mit Nierenproblemen, Bluthochdruck, oder Diabetes sollten darauf verzichten oder mit ihrem Arzt sprechen. Auch Kinder und Jugendliche sollten kein Kreatin einnehmen. Etwa drei Gramm zusätzlich zum Krafttraining sind in Ordnung, nicht bei Ausdauersport, und an sportfreien Tagen braucht man es nicht.
Julia Demann: Es gibt viele Fragen zu Magnesium. Polly fragt:
Ich mache viel Sport und habe Muskelkrämpfe in der Fuß- und Wadenmuskulatur. Nimmt regelmäßig Magnesiumzitrat. Kann Substitution negative Konsequenzen haben?
Dr. Viola Andresen: Bei hohem Sportpensum ist Magnesiumverlust durch Schwitzen möglich. Supplementierung kann sinnvoll sein, wenn Muskelkrämpfe auftreten.
Julia Demann: Magnesium ist in vielen Lebensbereichen gefragt, etwa beim Thema Frauengesundheit oder bei Schlafstörungen. Es ist wichtig für Muskeln und Herz. Der Tagesbedarf liegt laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Männer bei 350mg, für Frauen 300mg. Ein Magnesiummangel ist selten bei ausgewogener Ernährung, aber einige Risikogruppen sind trotzdem betroffen. Wann ist es sinnvoll, Magnesium zu ergänzen?
Dr. Viola Andresen: Manchmal ist supplementieren sinnvoll, bei Risikosituationen wie in der Schwangerschaft oder bei bestimmten Erkrankungen. Den Magnesiumzustand im Körper kann man nicht exakt durch Blutwerte messen. Wir empfehlen eine ausgewogene Ernährung und regulierte Supplementierung, um Nebenwirkungen wie Blutdruckabfall oder Durchfall zu vermeiden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt maximal 250mg Magnesium am Tag als Ergänzung.
Julia Demann: Was sind natürliche Magnesiumquellen?
Dr. Viola Andresen: Nüsse, Samen, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, grünes Gemüse sind gute Quellen. Auch Kakao und dunkle Schokolade enthalten viel Magnesium.
Julia Demann: Renate fragt:
Ist Magnesium sinnvoll bei Diabetes Typ 2?
Dr. Viola Andresen: Das ist nicht pauschal zu beantworten, Diabetiker haben manchmal eine höhere Ausscheidung. Supplementieren kann daher sinnvoll sein. Aber man sollte unbedingt Rücksprache mit seinem Arzt oder seiner Ärztin halten.
Julia Demann: Helen hat eine Frage zum Thema Mgnesium bei Menstruationsbeschwerden:
Macht es Sinn bei Menstrationsbeschwerten im unteren Rücken dauerhaft Magnesium zu nehmen? Wenn ja, welches? Magnesiumoxid oder Zitrat?
Dr. Viola Andresen: Grundsätzlich soll Magnesium die Muskeln entspannen, in diesem Fall die Gebärmuttermuskulatur, und dadurch Regelschmerzen lindern. Ehrlicherweise muss man sagen, dass es dazu keine wissenschaftlichen Belege gibt, aber viele positive Erfahrungsberichte. Wer bereits gute Erfahrungen damit gemacht hat, kann es sicherlich weiter einnehmen. Ich kann allerdings kein bestimmtes Präparat empfehlen, da es keine gesicherten wissenschaftlichen Daten gibt.
Julia Demann: Können Magnesiumpräparate auch bei Migräne helfen?
Dr.Viola Andesen: Ja, tatsächlich gibt es wissenschaftliche Studien, die darauf hinweisen, dass ein Magnesiummangel das Ausbrechen von Migräneanfällen begünstigen kann. Daher wird Magnesium schon länger zur Prophylaxe und Behandlung von Migräne eingesetzt, und es gibt tatsächlich Studiendaten, die diese Anwendung unterstützen.
Julia Demann: Auch eine sehr wichtige Info. Jetzt gibt es hier noch eine Frage, auch wo Magnesium vielleicht schaden könnte. Elisa fragt:
Fördert Magnesum die Entstehung von Nierensteinen?
Dr. Viola Andresen: Es ist durchaus interessant, denn tatsächlich kann ein Mangel an Magnesium die Bildung von Nierensteinen begünstigen. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Magnesium zur Vorbeugung von Nierensteinen einnehmen muss. Bei einer normalen Magnesiumversorgung ist eine zusätzliche Einnahme nicht erforderlich. Wenn allerdings ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Nierensteinen besteht, kann die Verwendung von Magnesium teilweise hilfreich sein.
Julia Demann: Wie ich bereits zu Beginn erwähnt habe, könnten wir mit euren Fragen wahrscheinlich zehn Podcast-Folgen füllen. Daher ist es uns leider nicht möglich, alle Fragen zu beantworten. Wir haben uns auf Fragen konzentriert, die sehr häufig gestellt wurden. Falls ihr dennoch das Gefühl habt, dass wichtige Themen fehlen, wir haben beispielsweise bereits viele Fragen zu Nahrungsergänzungsmitteln bei Schilddrüsenerkrankungen erhalten. Zu diesem Thema haben wir bereits eine eigene Folge produziert, Folge 41, die ihr gerne in der ARD-Audiothek anhören könnt. Außerdem gab es einige Fragen zu den Wechseljahren, und auch hierzu haben wir eine Folge produziert, Folge 42, in der ich mit Dr. Matthias Riedel gesprochen habe. Das Thema vegetarische und vegane Ernährung sowie die entsprechenden sinnvollen Nahrungsergänzungsmittel haben wir in Folge 46 behandelt. Die Eisensupplementierung und der Eisenmangel wurden mit Dr. Silja Schäfer in Folge 14 genauer besprochen. Nun zurück zu unseren heutigen Fragen: Nahrungsergänzungsmittel bei hormonellen Problemen. Dazu haben wir auch viele Fragen erhalten. Eli möchte wissen, was Inositol bei PCOS bewirkt und ob es Studien über seine Wirksamkeit im Vergleich zu Metformin gibt.
Dr. Viola Andresen: Man muss sagen, dass die Datenlage zu Inositol als alleinige Therapie bei PCOS etwas widersprüchlich ist. Es wird häufig eingesetzt, aber es lässt sich nicht sicher sagen, dass es alleine einen signifikanten Effekt hat. Soweit ich weiß, gibt es keine Vergleichsstudien, in denen Inositol direkt mit Metformin verglichen wurde. Allerdings existieren Studien, die die Kombination von Inositol mit Metformin untersucht haben. Diese zeigen, dass die zusätzliche Gabe von Inositol in Kombination mit Metformin effektiver ist als die alleinige Anwendung von Metformin, was darauf hindeutet, dass Inositol durchaus einen gewissen positiven Effekt haben könnte.
Julia Demann: Ein immer wiederkehrendes Thema ist Mönchspfeffer, ein natürliches Nahrungsergänzungsmittel. Dazu hat uns Lisa folgende Frage gestellt:
Ich würde gerne wissen, welche Gefahren bei natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln leicht übersehen werden. Ich habe über zwei Jahre hinweg Mönchspfeffer-Tabletten zur Linderung von Periodenschmerzen eingenommen. Diese haben zwar gut geholfen, führten jedoch gleichzeitig zu einer leichten Erhöhung meiner Leberwerte, was zu Abgeschlagenheit und Übelkeit führte. Dies wurde erst durch ein Blutbild beim Hausarzt festgestellt.
Dr. Viola Andresen: Pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel oder Phytotherapien werden immer wieder mit Leberschäden in Verbindung gebracht. Diese Fälle sind zwar selten, dennoch muss man prinzipiell damit rechnen, ebenso wie bei herkömmlichen Arzneimitteln. Individuelle Unverträglichkeiten von Substanzen können zu Leberschädigungen führen. Der Gedanke, dass pflanzliche Mittel aus der Natur per se unbedenklich sind, trifft nicht zu. Es gibt viele natürliche Gifte und tatsächlich eine Reihe bekannter pflanzlicher Lebergifte. In der Vergangenheit waren beispielsweise Kava-Kava-Präparate ein Thema, ebenso wie Pyrolyzidinalkaloide, die in Wildkräutern und Heilpflanzen vorkommen. In Deutschland ist der Einsatz dieser Substanzen in Phytopharmaka oder Ergänzungsmitteln streng reglementiert und wird überwacht.
Bei Produkten, die über das Internet aus dem Ausland bezogen werden, besteht jedoch Unsicherheit hinsichtlich der Kontrolle, weshalb man vorsichtig sein sollte, um nicht versehentlich etwas zu erwerben, das die Leber stark schädigen könnte. Mönchspfeffer ist nicht allgemein dafür bekannt, Leberschäden zu verursachen. Trotzdem kann dies im Einzelfall insbesondere bei übermäßiger oder langfristiger Einnahme vorkommen. Daher ist es wichtig, sich an die empfohlene Dosierung zu halten.
Julia Demann: Es gab auch einige allgemeine Fragen bezüglich der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln im Alter. Viele Zuhörer haben sich erkundigt, ob insbesondere B-Vitamine dabei sinnvoll sind. Andrea Kunze fragt:
Ich bin 63 Jahre alt und möchte wissen, ob ich in diesem Alter Nahrungsergänzungsmittel benötige oder ob sie den Alterungsprozess unterstützen können.
Julia Demann: Silke fragt darüber hinaus, ob Vitamin-B-Kapseln ab einem bestimmten Alter, insbesondere ab 60 Jahren, sinnvoll sind, selbst wenn man vital, sportlich und gesund ist.
Dr. Viola Andresen: Grundsätzlich muss man sagen, dass der Nährstoffbedarf bei Senioren im Wesentlichen dem von jüngeren Erwachsenen entspricht. Besonders wenn ältere Menschen rüstig sind und sich abwechslungsreich ernähren, sind sie im Allgemeinen ausreichend versorgt. Das Problem liegt eher darin, dass ältere Menschen, insbesondere diejenigen, die krank oder allein sind, sich möglicherweise nicht ausreichend und ausgewogen ernähren. Deswegen sollte man auf ihre Ernährungsgewohnheiten besonders achten. Einige Nährstoffe können im Alter jedoch problematisch sein. So gibt es beispielsweise Hinweise darauf, dass Vitamin D-Mangel bei älteren Menschen häufiger vorkommt. Besonders auffällig ist der Mangel an Vitamin B12, dessen Aufnahme im Alter häufig reduziert ist. Für die Aufnahme von Vitamin B12 sind zwei wesentliche Prozesse erforderlich: Erstens der Intrinsic-Faktor aus dem Magen, und zweitens ein gut funktionierender Dünndarm. Im Alter kann es bei beiden eine Beeinträchtigung geben, etwa durch eine Verkümmerung der Magenschleimhaut, wodurch nicht mehr ausreichend Intrinsic-Faktor gebildet wird, was letztlich zu einer verminderten Aufnahme von Vitamin B12 führen kann.
Julia Demann: Das heißt, da müsste man dann aber eben das auch ärztlich abklären lassen, bevor man da jetzt einfach wahllos was einschmeißt.
Dr. Viola Andresen: Ja, zumal auch je nachdem welcher Faktor gestört ist, dann die orale Supplementierung, also die Einnahme von Tabletten, gar nichts bringt, weil das Vitamin B12 aus den Tabletten auch nicht aufgenommen werden kann, dann muss man teilweise tatsächlich über Spritzen den Vitamin B-12-Mangel ausgleichen.
Julia Demann: Die Zuhörer wollten wissen, worauf sie bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln achten sollten und welche möglichen Gefahren bestehen. Rainer hat beispielsweise die Frage gestellt, ob es besser ist, Nahrungsergänzungsmittel in Form eines Komplexes einzunehmen, der viele Vitamine und Mineralstoffe kombiniert, oder ob es sinnvoller ist, einzelne Präparate für spezielle Vitamine zu verwenden. Er fragt auch, ob möglicherweise ein einziges Präparat ausreicht, das nahezu alle notwendigen Nährstoffe enthält.
Dr. Viola Andresen: Wir empfehlen in der Regel, nur diejenigen Supplemente einzunehmen, die wirklich benötigt werden, wenn ein tatsächlicher Mangel vorliegt. Die Einnahme von kombinierten Präparaten kann teilweise kontraproduktiv sein, da sich die enthaltenen Stoffe gegenseitig bei der Aufnahme behindern können. Ein Beispiel dafür ist Kalzium und Magnesium, die denselben Transporter im Körper nutzen. Vitamin C kann die Aufnahme von Vitamin B12 hemmen. Es gibt viele solcher Beispiele, insbesondere bei Blutsalzen, die denselben Transportweg im Darm verwenden, wodurch bei einer Überdosierung nur das eine oder das andere effektiv aufgenommen werden kann. Daher ist die Verwendung kombinierter Präparate oft nicht sinnvoll.
Julia Demann: Ein gutes Beispiel ist Vitamin D, das immer zu den Mahlzeiten eingenommen werden sollte, idealerweise zusammen mit etwas Fettreichem, damit es effektiv aufgenommen werden kann. Ansonsten nimmt man es unter Umständen umsonst ein. Ein weiteres wichtiges Thema, das berücksichtigt werden muss, ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in Kombination mit Medikamenten, da es hierbei zu Wechselwirkungen oder Problemen kommen könnte.
Dr. Viola Andresen: Genau, einige Nahrungsergänzungsmittel können die Aufnahme von Medikamenten beeinträchtigen. Daher ist es unbedingt erforderlich, dies mit einem Arzt zu besprechen. So müssen Schilddrüsenhormone beispielsweise immer isoliert eingenommen werden. Auch bei anderen Medikamenten kann die Aufnahme durch Nahrungsergänzungsmittel gestört werden. Deshalb sollte immer Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden.
Julia Demann: Viele Zuhörer wollten auch wissen, worauf sie beim Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln achten sollten und ob es einen Unterschied macht, ob man diese in der Drogerie oder Apotheke kauft. Theresa hat uns dazu geschrieben:
Hallo liebe Ernährungs-Docs, es gibt so viele unterschiedliche Anbieter für Nahrungsergänzungsmittel, von teuren Produkten bis hin zu Eigenmarken der Drogerien. Woran erkenne ich gute und schlechte Produkte? Muss man immer die teuren Produkte kaufen, oder reicht auch die Eigenmarke?
Dr. Viola Andresen: Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Natürlich können auch Präparate aus dem Supermarkt die gleichen Vitamine enthalten wie solche aus der Apotheke. Mitunter sind die Herstellungsbedingungen bei Apothekenpräparaten besser kontrolliert, was eine höhere Sicherheit darüber bietet, welche Menge des jeweiligen Nährstoffs tatsächlich in der Tablette enthalten ist. Dennoch sind in der Regel auch die preiswerteren Präparate aus dem Supermarkt ausreichend. Wichtig ist, dass man auf die Zusammensetzung und Dosierung achtet. Besonders bei der Kennzeichnung „hoch dosiert“ sollten die Alarmglocken angehen, da diese Dosierungen oft übermäßig hoch sind.
Julia Demann: Verbraucherschützer warnen immer wieder vor Nahrungsergänzungsmitteln, die über das Internet oder aus dem Ausland bezogen werden. Diese Produkte werden oft weniger streng kontrolliert, und es kursieren viele gefälschte Empfehlungen im Internet. Auch unsere Ärzte, insbesondere Dr. Matthias Riedl, haben dies bereits aus erster Hand erfahren müssen. Es werden teilweise Fotos von der Website der Ernährungs-Docs entwendet oder Videoausschnitte durch KI verändert und auf sozialen Medien verbreitet, sodass Aussagen verbreitet werden, die unsere Ärzte angeblich gemacht hätten. Oft wird dabei für Abnehmmittel oder ähnliches geworben.
Dr. Viola Andresen: Das ist absolut erschreckend und ich glaube, da kann man ganz klar sagen, das sind grundsätzlich Fälschungen, weil wir für so etwas nie Werbung machen würden.
Julia Demann: Es ist immer hilfreich, im unteren Bereich der Website nach einem Impressum zu suchen. Fehlt dieses, ist das ein wichtiger Hinweis, dass man die Seite besser sofort verlassen sollte. Vielen Dank für die Zeit und Antworten, Viola. Nahrungsergänzungsmittel können sinnvoll sein, ersetzen jedoch keine ausgewogene Ernährung. Im Zweifel Arzt konsultieren oder verlässliche Quellen nutzen.
Dr. Viola Andresen:
Wir sollten das Thema noch weiter vertiefen, möglicherweise in einer nächsten Episode.
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