Reformationstag: Martin Luthers 95 Thesen, die die Welt veränderten
Evangelische Christen erinnern jedes Jahr am Reformationstag an das Wirken von Martin Luther. Seit 2018 ist der 31. Oktober in ganz Norddeutschland ein gesetzlicher Feiertag. Um was geht es dabei?
Der Augustinermönch und Theologe Martin Luther hat am 31. Oktober 1517 in Wittenberg 95 Thesen veröffentlicht, um die katholische Kirche zu reformieren. Unter anderem ging es um den sogenannten Ablasshandel, der es Christen ermöglichte, sich von Sünden freizukaufen. Luther kritisierte diese Praxis scharf: Was für die Kirche ein lukratives Geschäft sei, hätte für die Gläubigen keinerlei Wirkung.
Thesen führen zur Gründung der protestantischen Kirche
Zwar wollte Luther die Kirche nicht spalten, sondern "nur" reformieren, aber die Auseinandersetzung über seine Thesen führte später zur Gründung der protestantischen Kirche - als Gegenentwurf zur römisch-katholischen. Ob Luther seine Thesen tatsächlich an die Tür der Wittenberger Schlosskirche genagelt hat, wie oft berichtet wird, ist historisch nicht gesichert. Sicher ist jedoch, dass er für seine Veröffentlichung den Tag vor Allerheiligen wählte, einen wichtigen Gedenktag der katholischen Kirche.
Martin Luther leitet Zeitalter der Reformation ein
Die Reformation, zu der Martin Luthers Thesen den Startschuss gaben, gilt weit über die Veränderungen in der Kirche hinaus als Impuls für Neuerungen in vielen Bereichen der Gesellschaft. So übersetzte Luther die Bibel ins Deutsche, damit möglichst viele Gläubige sie lesen konnten. 1522 erschien das vom Griechischen ins Deutsche übertragene Neue Testament, zwölf Jahre später folgte die erste Komplett-Ausgabe der Lutherbibel mit Altem und Neuen Testament in deutscher Sprache. Viele seiner allgemeinverständlichen Formulierungen sind noch heute als Redewendungen in Gebrauch.
Neben der Sprache hatte die Auseinandersetzung mit Luthers Thesen aber auch Einfluss auf Moralvorstellungen bis hin zu den Besitzverhältnissen zwischen Adel und Bauern. Verschiedene Reformatoren von Philipp Melanchton über Johannes Calvin bis Thomas Müntzer kämpften europaweit für ihre Visionen einer modernen und den Menschen zugewandte Kirche und sorgten damit für weitreichende gesellschaftliche Umwälzungen.
Reformation mündet im Dreißigjährigen Krieg
Auch der verheerende Dreißigjährige Krieg wird als Folge der Reformation gesehen: Hatte der Augsburger Religionsfrieden von 1555 zunächst für einige Jahrzehnte Ruhe bringen könnten, flammten die religiösen und politischen Konflikte um 1600 wieder auf - wobei die machtpolitischen Interessen die religiösen Hintergründe zunehmend zurückdrängten: Was als Religionskrieg begonnen hatte, endete als Territorialkrieg mit mehreren Millionen Todesopfern. Langen Frieden brachte erst wieder der Westfälische Friede, verkündet am 25. Oktober 1648 in Osnabrück. Er regelte das Gleichgewicht zwischen den europäischen Mächten - und auch das der nun drei gleichgestellten katholischen, lutherischen und reformierten Konfessionen.
Reformationstag: 31. Oktober ein Feiertag im ganzen Norden
Der Reformationstag am 31. Oktober, der an den Ursprung der Reformation mit Luthers Thesen erinnert, ist der jüngste Feiertag, der im ganzen Norden gilt. Erst seit 2018 ist er in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen ein gesetzlicher Feiertag. In Mecklenburg-Vorpommern und den vier anderen ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurde er bereits 1990 bei der Wiedervereinigung als Feiertag eingeführt.
Kritik an der Wahl des Reformationstags
Die Entscheidung der vier norddeutschen Landesparlamente für den Reformationstag war umstritten. Die katholische Kirche lehnte dies mit dem Hinweis ab, die Reformation stehe für die Spaltung des Christentums. Kritik kam auch von Vertretern des Judentums und anderer religiöser Vereinigungen. Vor allem Vertreter jüdischer Gemeinden begründeten ihre ablehnende Haltung unter anderem mit einer antisemitischen Schrift des Reformators Luther, in der dieser die Vertreibung der Juden gefordert habe. Die Arbeitgeber beklagten wegen des zusätzlichen freien Tages zudem Millionenverluste für die Wirtschaft. Als Alternativen zum Reformationstag waren unter anderem der Buß- und Bettag, der Europatag am 9. Mai und der internationale Frauentag am 8. März im Gespräch.
Auch am 31. Oktober: Halloween
Viele Menschen verbinden den 31. Oktober inzwischen mit Halloween. Der uralte Brauch der Kelten, an diesem Tag ihren Jahreswechsel zu feiern, ist mit dem Umweg über die USA mittlerweile zu einem Anlass für Verkleidungs- und Gruselpartys geworden. Gruppen von Kindern ziehen durch die Straßen und fordern von Nachbarn und Geschäftsleuten "Süßes oder Saures".
Gedenk- und Feiertage im November und ihre Bedeutung
Der Reformationstag am 31. Oktober läutet eine ganze Reihe weiterer Gedenk- und Feiertage im "dunklen" Monat November ein. Still oder in der Öffentlichkeit wird zumeist der Toten gedacht.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Luther habe die Bibel aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt. Das ist nicht korrekt. Das Neue Testament übersetzte er aus dem Griechischen, die Grundlage für seine Übersetzung des Alten Testaments waren größtenteils Texte in hebräischer und aramäischer Sprache.