Der sogenannte Hexenhammer (Malleus Maleficarum), Grundlage der hysterischen Hexenverfolgung, wird am Donnerstag (12.07.2012) im Religio-Museum in Telgte (Kreis Warendorf) als Teil der Schau "Aberglaube" gezeigt. © picture alliance / dpa Foto: Friso Gentsch

Hexen im Herzogtum Holstein: Neun von zehn Verfolgten waren Frauen

Stand: 30.04.2025 11:10 Uhr

Schleswig und Holstein gilt nicht als prozessarme Region Norddeutschlands: Zwischen 1530 und 1735 wurden in den damaligen Gebieten nachweislich über 800 Hexenverfahren angestrengt. Intensive Hexenverfolgung gab es in Angeln und auf Fehmarn.

Die Hexenverfolgung begann 1530 und endete 1735. Das erste Todesurteil 1530 richtete sich gegen zwei Frauen in Kiel, das letzte 1724 gegen einen Mann in Rendsburg. Der Frauenanteil in der Hexenverfolgung Holsteins betrug 88,4 Prozent. Er lag damit im Vergleich mit anderen deutschen Regionen erheblich über dem Durchschnitt.

In der Zeit von 1530 bis 1735 lassen sich in Holstein, Lauenburg und Lübeck Prozesse gegen insgesamt 490 Personen nachweisen. Mit Ausnahme der atypischen Ratsurteile in Lübeck wurden nur acht Prozent der Angeklagten freigelassen, 17 Prozent aber des Landes verwiesen und drei Viertel hingerichtet.

Hexenverfolgung: Große Unterschiede in regionaler Struktur

Starke Unterschiede wies die regionale Struktur der Verfolgung auf. "Die verfolgungsintensivsten Gebiete lagen im östlich gelegenen Hügelland, im besonderen in den herrschaftlich zersplitterten Güterbezirken mit ihrer adligen Jurisdiktion." Dazu gehörten Regionen wie Angeln, Schwansen oder auch Fehmarn.

Ganz im Gegensatz zu dieser Regionen lassen sich in dem großbäuerlich geprägten Dithmarschen an der Westküste, in den Marschen an der Elbe im Süden oder in den kleinbäuerlichen Dörfern der Geest in der Mitte des Landes vergleichsweise wenig Hexenprozesse nachweisen.

In der Hansestadt Lübeck und in den zur ihr gehörigen Territorien wurden im gesamten Zeitraum von 1520 bis 1745 nur wenige Menschen wegen angeblicher magischer Aggression angeklagt. Der Lübecker Rat entließ zudem fast drei Viertel aller Angeklagten oder regelte das Hexenproblem, indem er es exterritorialisierte und die Angeklagten des Stadtgebiets verwies. Lediglich in einem Jahr - 1637 - kapitulierte das städtische Obergericht vor der im Umland grassierenden Verfolgung und ließ zum ersten Mal Angeklagte hinrichten. Die Praxis der Stadt Lübeck reiht sich damit in die geringe Verfolgungspraxis frühneuzeitlicher Großstädte ein".

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 22.04.2008 | 20:00 Uhr

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