Rezeptfreie Medikamente mit Nebenwirkungen
Frei verkäufliche Medikamente zur Selbstbehandlung sind beliebt: 750 Millionen Packungen werden pro Jahr in Apotheken und Drogeriemärkten verkauft. Doch die Risiken und Wechselwirkungen werden oft unterschätzt: Auch bei frei verkäuflichen Medikamenten können Organschäden, Vergiftungen, Abhängigkeiten und vor allem gefährliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln auftreten.
Leberschäden durch pflanzliche Heilmittel
Pflanzliche Präparate können zu Leberschäden führen. Sie werden oft als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen und sind deshalb nicht so gut geprüft und überwacht wie Arzneimittel. Zudem haben viele Präparate nur eine Pflanze deklariert und viele andere beigemischt. Die Kombination kann die Leber zusätzlich belasten. Oft werden Leberschäden zufällig bei Blutuntersuchungen oder erst sehr spät entdeckt, wenn das Organ kaum noch zu retten ist.
Nebenwirkungen von pflanzlichen Arzneimitteln
Ein beliebtes Hustenmittel aus dem Extrakt einer afrikanischen Geranienart führt in seltenen Fällen zu einer schweren Leberentzündung (Hepatitis). Das Risiko veranlasste das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), seit 2014 vor dem Wirkstoff Pelargonium zu warnen. Inzwischen stehen mögliche Leberschäden bei Pelargonium-Präparaten auf dem Beipackzettel, bei anderen Präparaten aber nicht - zum Beispiel beim Magenmittel Iberogast, einem Cocktail aus neun Pflanzen, darunter Schöllkraut.
Bislang weigert sich der Hersteller, einen Hinweis auf das Leberrisiko in den Beipackzettel mit aufzunehmen, obwohl die leberschädigende Wirkung von Schöllkraut seit 30 Jahren diskutiert wird. Nach Ansicht des Herstellers ist die Dosierung des Schöllkrauts so niedrig, dass sie unbedenklich sei. Pharmakologen bezweifeln das.
Schmerzmittel mit schweren Nebenwirkungen
Besonders beliebt in der Eigentherapie sind Schmerzmittel: 12 der 20 meistverkauften Medikamente sind Schmerzmittel und 1,5 Millionen Deutsche nehmen sie täglich ein. Nicht selten sind Magen- und Darmgeschwüre, Nierenschäden, Herzinfarkte und Suchtkrankheiten auf eine Selbstmedikation mit Schmerzmitteln zurückzuführen.
Schätzungen zufolge sterben in Deutschland pro Jahr 2.000 Menschen an den Nebenwirkungen von Schmerzmitteln. Vermutlich liegt die Zahl noch höher, denn bei Herzinfarkten oder Schlaganfällen denken viele nicht an Schmerzmittel als mögliche Ursache.
Experten empfehlen im Umgang mit Schmerzmitteln die 10-20-Regel: An weniger als zehn Tagen im Monat darf ein Schmerzmittel genommen werden, an 20 Tagen keins. Wer mehr benötigt, sollte seinen Umgang mit Schmerzen überdenken und einen Arzt um Rat fragen.
Werbung führt zu unkritischem Einsatz
Viele Experten stört vor allem die Werbung für rezeptfreie Mittel. Jedes zweite in Deutschland verkaufte Medikament ist frei verkäuflich, obwohl gewissenhafte Apotheker eher selten dazu raten. Doch viele Kunden vertrauen den Versprechen in der Werbung mehr als dem Rat ihres Apothekers.
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