Helfen Online-Programme gegen Depression?
Depression ist eine Krankheit, die behandelt werden muss. Neben Medikamenten ist es ratsam, die Hilfe eines erfahrenen Therapeuten zu suchen. Auch im Internet gibt es Programme, die versprechen, Menschen mit Depressionen zu helfen. Die Stiftung Warentest hat jetzt einige näher untersucht. NDR Info hat mit Bettina Sauer von der Stiftung Warentest über die Test-Ergebnisse gesprochen.
Wie funktionieren die Programme gegen Depression?
Bettina Sauer: Betroffene müssen ein- bis zweimal die Woche Lektionen am Rechner oder Smartphone durchlaufen, in denen sie Hintergrundwissen erhalten, Übungen machen und lernen sollen, Denkmuster zu verändern, um die Welt positiver zu sehen. Das Ganze erfolgt in kleinen Schritten und soll die Menschen nach und nach aus ihrer Not herausholen.
Testen die Programme, ob jemand überhaupt an einer Depression leidet?
Sauer: Die Programme haben fast alle Fragebögen zur Stimmung, die zugleich eine Art Verlaufskontrollle darstellen. Dort lässt sich ablesen, ob es den Leuten mit der Zeit besser geht. Wenn bei diesen Fragebögen etwas Schlimmes herauskommt, dann schlagen die Programme den Betroffenen vor, sich umgehend an einen Arzt oder Therapeuten zu wenden. Grundsätzlich raten wir natürlich jedem, der nicht genau weiß, was mit ihm los ist, einen Termin beim Arzt zu vereinbaren.
Worauf hat die Stiftung Warentest bei ihrer Prüfung geachtet?
Sauer: Zwei Gutachter haben sich die Programme unter psychotherapeutischen Aspekten genau angesehen. Sie haben darauf geachtet, ob die Inhalte plausibel und schlüssig sind und ob nachgewiesen ist, dass sie gesundheitlich etwas bringen. Außerdem haben sie sich die Studien zu den einzelnen Programmen angesehen. Idealerweise sollte es zu jedem Programm mindestens eine Studie geben, die dessen Nutzen gegenüber einer Kontrollgruppe nachweist, die keine Behandlung bekommen hat. Außerdem haben wir Datenschutzaspekte geprüft.
Was zeichnet die empfohlenen Anbieter aus?
Sauer: Alle empfohlenen Programme haben ein überzeugendes therapeutisches Konzept, eine überzeugende Studienlage und sind beim Datenschutz in Ordnung.
Welche Anbieter sind laut Stiftung Warentest empfehlenswert?
Sauer: Die Bestnote gab es für Deprexis24, außerdem haben zwei Programme von GET.ON überzeugt, außerdem Moodgym. Letzteres Programm ist kostenlos und man kann sich unter einem Pseudonym anmelden, es ist also sehr niedrigschwellig.
Die Angebote sind ja nicht alle kostenfrei. Wie viel muss man für die Nutzung zahlen?
Sauer: Außer Moodgym, das ja kostenfrei ist, variieren die Preise von sehr wenigen Euro bis hin zu einigen Hundert Euro pro Programm. Die Programme kooperieren meist mit Krankenkassen. Das heißt, wenn man dort versichert ist, übernimmt die Kasse die Kosten. Dann weiß die Kasse aber, dass man das Programm nutzen will.
Wo liegen Ihrer Meinung nach die Grenzen solcher Online-Angebote?
Sauer: Die meisten Programme haben nicht den Anspruch bei schweren Depressionen zu helfen. Wer nicht genau weiß, was eigentlich mit ihm los ist, sollte sich besser zunächst eine Diagnose von einem niedergelassenen Arzt holen.
Gibt es bei den Angeboten auch die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen?
Sauer: Manche Programme haben Foren. Es kann sicherlich sinnvoll sein, sich dort auszutauschen. Daneben gibt es im Internet zahlreiche offene Foren für Betroffene.
Das Interview führte Andreas Sperling, NDR Info.