Stand: 28.02.2019 06:00 Uhr

Niedersächsin kämpft gegen seltenes Fiebersyndrom

von Isabel Lerch

Katharina J. aus der Nähe von Bremen ist Mutter eines frisch geborenen Sohnes, als sie plötzlich schwer krank wird. Sie leidet an wiederkehrenden Fieberschüben, die von starken Gliederschmerzen und andauernder Erschöpfung begleitet werden. Die 36-Jährige klappert diverse Ärzte ab, doch ihre Symptome kann sich niemand erklären. Mehr als sieben Jahre sollte es dauern, bis sie endlich die richtige medizinische Hilfe bekommt - am Martin Zeitz Centrum des Universitätsklinikums in Hamburg-Eppendorf (UKE). NDR.de erzählt ihre Geschichte zum Tag der Seltenen Erkrankungen.

Katharina J. setzt sich eine Spritze in die Bauchfalte. © NDR Foto: Isabel Lerch
Katharina J. muss sich jeden Tag ein Medikament spritzen - für die gelernte Krankenschwester kein Problem.

Katharina J. steht in ihrer Küche und kocht Kaffee. Es ist früher Nachmittag und die 36-Jährige ist bereits zu Hause - heute hat sie früher Feierabend. Im Garten toben ihre Kinder, es ist mild und sonnig an diesem Nachmittag. Die gelernte Krankenschwester arbeitet in Bremen für einen ambulanten Kinderhospizdienst und ist beruflich viel in Niedersachsen unterwegs. Noch vor zwei Jahren wäre das nicht möglich gewesen - denn Katharina J. leidet bis heute an einer seltenen Erkrankung, die ihr jahrelang starke körperliche Schmerzen und andauernde Erschöpfung bereitete. Lange fand die dreifache Mutter keine passende Behandlung. So wie ihr geht es vielen Menschen in Deutschland: Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums leiden schätzungsweise etwa vier Millionen Deutsche an seltenen Erkrankungen.

Fiebersyndrom - Erschöpfung und Schmerzen

Bis zu 8.000 Erkrankungen gelten in Deutschland als selten. Die Krankheit von Katharina J. ist eine davon: Sie hat eine seltene Variante des periodischen Fiebersyndroms. Dabei wird ein Botenstoff zu viel produziert, der dem Körper signalisiert, dass eine Entzündung entstehen muss. Seltene Erkrankungen wie diese sind schwierig zu diagnostizieren und die Symptome können sehr unterschiedlich ausfallen. Daher vergeht oft viel Zeit bis zur richtigen Diagnose - durchschnittlich fünf Jahre, wie der Verband der Universitätsklinika Deutschlands angibt. Bei Katharina J. waren es sogar mehr als sieben Jahre.

Alles fing vor etwa neun Jahren an. Katharina J. bekam plötzlich Fieberschübe - stark und regelmäßig wiederkehrend. "Ich fühlte mich zunehmend schlapp und bekam Gelenkschmerzen", erzählt sie. Ihr Hausarzt vermutete hinter den Beschwerden das Symptom einer typischen Erkrankung. Doch die richtige Diagnose konnte niemand stellen.

"Es war eine ganz schlimme Zeit"

Ihr gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich. "Ich bekam immer mehr Schmerzen, die Muskeln wurden schwächer", erinnert sich Katharina J. Nach einigen Monaten konnte sie überhaupt nicht mehr laufen und sich nur noch im Haus fortbewegen. Sie konsultierte verschiedene Ärzte - doch mit einem konkreten Befund half ihr niemand. "Es war eine ganz schlimme Zeit", berichtet sie. Mit Unterstützung ihrer Familie stemmte sie den Alltag - bis sie nicht mehr konnte. Erschöpft und völlig geschwächt landete sie im Krankenhaus. "Ich dachte, ich muss sterben", erzählt sie. Die Symptome beruhigten sich etwas, Katharina J. erholte sich zunächst. Doch bald kamen neue Schübe.

Seltene Erkrankungen

Eine Erkrankung gilt als selten, wenn weniger als 50 von 100.000 Menschen betroffen sind. Allein in Deutschland leiden schätzungsweise vier Millionen Menschen an einer seltenen Erkrankung. Die Betroffenen haben eine Reihe von Symptomen, die Mediziner aus verschiedenen Disziplinen behandeln müssen. Da es nur wenig Fälle gibt und die Forschungsanreize fehlen, vergehen bis zur richtigen Diagnose durchschnittlich fünf Jahre. Weltweit gibt es rund 8.000 seltene Erkrankungen. Manche Krankheiten sind seit Jahrzehnten bekannt, andere werden gerade erst entdeckt - jedes Jahr kommen neue hinzu. Etwa 80 Prozent der seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt.

Marathon durch Arztpraxen

Die gelernte Krankenschwester suchte sich weitere Hilfe. Sie klapperte eine Klinik nach der anderen ab, konsultierte noch mehr Ärzte - keiner konnte ihr helfen. Die Ungewissheit quälte Katharina J. und raubte ihr den Schlaf. Während eines weiteren Krankenhausaufenthalts kam der entscheidende Hinweis: Ein Oberarzt erzählte ihr von dem seltenen Fiebersyndrom und seinen Symptomen, die auch Katharina J. hatte.

Ihr Hausarzt meldete sie daraufhin beim Martin Zeitz Centrum an - eine spezielle Einrichtung für seltene Krankheiten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Dort gaben die Fachärzte die richtige Diagnose. "Beim Fiebersyndrom handelt es sich um eine fehlgeleitete Reaktion des Körpers", erklärt Humangenetikerin Maja Hempel. Gemeinsam mit weiteren Spezialisten behandelte sie Katharina J.

 Medikament ermöglicht ihr normales Leben

Die Behandlung verlief erfolgreich - dank eines speziellen Medikaments, das sich Katharina J. einmal am Tag spritzen muss. Das Rezept erhält sie in der Spezialsprechstunde des UKE. An Nebenwirkungen leide sie nicht und auch das tägliche Spritzen des Wirkstoffs ist für sie als gelernte Krankenschwester kein Problem: "Das stört mich nicht, Hauptsache, es geht mir besser", erzählt sie. Zumal Katharina J. jetzt wieder einem normalen Alltag nachgehen kann: arbeiten gehen, sich um die Kinder kümmern, aktiv am Leben teilhaben.

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Logo - Das Wissenschaftsmagazin | 02.03.2018 | 21:05 Uhr

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