Stand: 06.06.2016 14:24 Uhr

Eklig oder genial? Heilen mit Maden, Egeln und Co.

Schon vor Jahrhunderten versuchten die Menschen, Krankheiten durch Aderlass oder den Einsatz von Maden und Blutegeln zu heilen. Mit dem Einzug der modernen Medizin gerieten diese uralten Heilmethoden in Vergessenheit. Dabei sind sie bei bestimmten Krankheitsbildern äußerst effektiv. Seit einiger Zeit kommen die Therapieformen, die nur auf den ersten Blick eklig sind, wieder zum Einsatz.

Wunden heilen mit Maden

Nahansicht von Maden © imago/Science Photo Library
Die Maden für die klinische Anwendung werden unter sterilen Bedingungen speziell gezüchtet.

Schon die australischen Aborigines und die mittelamerikanischen Maya kannten die heilende Wirkung von Fliegenlarven. Im 19. Jahrhundert wurden Maden bei der Behandlung von Kriegsverletzungen im amerikanischen Bürgerkrieg eingesetzt. Mit der Entdeckung des Penicillins ging das Wissen um die heilende Wirkung der Maden jedoch verloren. Erst in den 1980er-Jahren entdeckten Ärzte diese Therapieform wieder. "Maden helfen uns immer dann, wenn Wunden sehr schlecht heilen. Sie reinigen das Gewebe, und zwar ziemlich zielgenau und hochspezifisch", erklärt der Dermatologe Prof. Mathias Augustin von der Universitätsklinik Eppendorf in Hamburg.

Die Made gibt in der Wunde einen Verdauungssaft ab, der das tote Gewebe zersetzt und zugleich antiseptische, antibiotische und immunologische Substanzen enthält, die gefährliche Bakterien töten. Anschließend saugt die Made das Gewebe auf und reinigt so die Wunde. Nach einigen Wochen werden die Maden wieder aus der gereinigten Wunde geholt.

Aderlass gegen Bluthochdruck

Von der Antike bis ins 19. Jahrhundert war der Aderlass, bei dem den Patienten Blut abgezapft wurde, weit verbreitet und sollte bei unterschiedlichsten Erkrankungen helfen. Dahinter stand die Vorstellung, dass Krankheiten durch ein Ungleichgewicht verschiedener Körpersäfte ausgelöst würden. Der Aderlass sollte das Gleichgewicht wiederherstellen. Heute weiß man, dass diese Theorie falsch ist. Trotzdem kann der Aderlass bei einem bestimmten Krankheitsbild helfen: dem Bluthochdruck.

Durch das Abzapfen von Blut lässt sich einer Studie zufolge der Blutdruck teilweise erheblich senken. Woran das liegt, ist medizinisch noch unklar. Möglicherweise seien die nach dem Aderlass nachgebildeten, frischen Blutkörperchen besser verformbar, erklärt Dr. Lutz Liese, der an der Studie mitgewirkt hat. "Dadurch hätten sie bessere Fließeigenschaften und vielleicht positive Effekte auf den Bluthochdruck."

Blutegel gegen Schmerzen und Entzündungen

Blutegel werden mit Hilfe eines Glases an die entsprechende Stelle aufgesetzt.  Foto: Dörthe Graner
Blutegel können bei Entzündungen im Knie die Schmerzen effektiv lindern.

Arthrose, Rückenschmerzen, Tennisarm: Statt mit herkömmlichen Schmerzmitteln lassen sich diese Erkrankungen auch sehr effektiv mit Blutegeln behandeln - mit deutlich weniger Nebenwirkungen. "In den Speicheldrüsen sind mehr als 30 Substanzen, die überwiegend schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken", erklärt Professor Andreas Michalsen, Arzt für Naturheilkunde. Mit den Egeln gelangen diese Stoffe tief in das Gewebe. Zwar kann während der Behandlung ein leichtes Brennen auftreten, doch sind viele Patienten danach über Monate schmerzfrei. Den Egel von der behandelnden Stelle zu entfernen ist nicht notwendig. Er fällt von selbst ab, wenn er sich vollgesogen hat.

Dieses Thema im Programm:

NDR WissensCheck | 24.03.2020 | 15:15 Uhr

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