Stand: 27.10.2015 15:00 Uhr

Diabetiker kämpfen gegen Krankenkassen

von Alexa Höber

Durchschlafen kann Betina Werner nie. Als Mutter von zwei an Typ-1-Diabetes kranken Kindern muss sie deren Blutzuckerspiegel messen - mehrmals jede Nacht. Ihr Mann kann sie dabei kaum unterstützen, da er selbst an Diabetes erkrankt ist. Wird sein Schlaf häufig unterbrochen, verschlechtern sich seine Werte. Betina Werner kommt daher nie in die Tiefschlafphase und das seit eineinhalb Jahren.

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Ständig muss der Blutzuckerspiegel gemessen werden

Einfach mal was essen - auch das geht bei Familie Werner aus Sülfeld in Schleswig-Holstein nicht. Das Essen muss ständig abgewogen werden, um zu errechnen, wie viel künstliches Insulin die beiden Söhne über ihre Insulinpumpen erhalten müssen. Außerdem muss den Kindern alle zwei Stunden in den Finger gestochen werden, um den Blutzuckerspiegel zu messen. In der Zeit zwischen zwei Messungen wissen die Eltern nicht, ob es zu starken Blutzuckerschwankungen kommt. Durch ein elektronisches Messgerät würde sich das ändern.

Ein elektronisches Messgerät könnte helfen

Ein elektronisches Messgerät könnte die Stiche in die Finger erheblich reduzieren.
Ein elektronisches Messgerät könnte die Stiche in die Finger erheblich reduzieren - und Blutzuckerschwankungen vorbeugen.

Es gibt ein elektronisches Messgerät, das die Stiche in die Finger erheblich reduziert und es den Eltern ermöglicht, ihre Kinder besser einzustellen. Denn da Gerät misst alle drei Minuten den Gewebezuckerspiegel. So müssen sich Eltern nicht auf einen Messwert alle zwei Stunden verlassen, sondern erfahren kontinuierlich, ob der Gewebezuckerspiegel steigt oder sinkt. Das Gerät zeigt außerdem an, wie sich die Werte in naher Zukunft entwickeln werden. So könnten die Eltern frühzeitig gegensteuern und Unter- oder Überzuckerungen vermeiden. Denn starke Blutzuckerschwankungen können langfristig gravierende Folgen haben: Dazu gehören eine schlechte Wundheilung und Infektionen, die von diesen Wunden ausgehen können. Das kann bis zur Amputation eines Fußes führen. Bei vielen Diabetiker-Patienten treten zudem Netzhaut-und Augenerkrankungen auf, auch Nervenschädigungen können die Folge sein.

Kostenübernahme abgelehnt

Familie Werner hat die Kostenübernahme für zwei solcher Sensoren bei ihrer Krankenkasse beantragt. Doch die Krankenkasse der Familie, die BKK Mobil Oil, will die Kosten nicht übernehmen. Der Sensor ist zwar kein offizielles Hilfsmittel, die Krankenkasse kann ihn aber als freiwillige Leistung genehmigen. "Die für die Anwendung der Ausnahmeregelung definierten Kriterien sind jedoch im Fall der Familie Werner nicht gegeben", schreibt die BKK Mobil Oil auf Anfrage.

Einige Kassen bewilligen den Sensor

Diabetiker kämpfen gegen Krankenkassen
Für den fünfjährigen Thorge Jeß hat die Krankenkasse Barmer GEK einen Sensor als freiwillige Leistung bewilligt.

Anders hat die Krankenkasse Barmer GEK entschieden. Für den fünfjährigen Thorge Jeß aus Kiel hat sie den Sensor als freiwillige Leistung bewilligt. Als Grund gibt die Kasse Thorges starke Blutzuckerschwankungen an. Man habe den Fall eingehend geprüft und dann eine positive Einzelfallentscheidung treffen können.

Anwalt Matthias Meyer konnte für viele Familien bereits einen Sensor erstreiten. Doch die BKK Mobil Oil bewillige den Sensor in der Regel nicht oder nur mit großem Widerstand, so seine Erfahrung.

Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen und legt damit fest, welche Leistungen erstattet werden sollen. In seinem Auftrag wird derzeit vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen der Sensor zur kontinuierlichen Glykosemessung bewertet. Die Beratungen begannen bereits im Jahr 2013. Von der endgültigen Bewertung hängt ab, ob der Sensor offizielles Hilfsmittel wird und damit die Kosten von den Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen übernommen werden.

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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 27.10.2015 | 21:15 Uhr

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