Chat-Protokoll: Diabetes Typ 1, Fußpilz und Divertikulose
Essen als Medizin: Wie packe ich selbst so eine Ernährungsumstellung an? Was kann ich gerade bei Fußpilz tun? Was muss ich bei Diabetes Typ 1 beachten, um meinen Blutzucker zu stabilisieren? Und was hilft gegen wiederkehrende Darmentzündungen bei Divertikulose?
Um diese Themen ging es am Montag, den 21. Januar bei den Ernährungs-Docs. Im Anschluss an die Sendung war Dr. Anne Fleck live im Chat. Die erfahrene Ernährungsmedizinerin hat Ihre Fragen beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen.
Ilse: Kann es passieren, dass die Ausstülpungen an einer anderen Stelle des Darms entstehen, wenn man den Teil des Darmes mit den Ausstülpungen entfernt?
Dr. Anne Fleck: Die "klassische Divertikulitis" sitzt oft im sogenannten Sigma-Abschnitt des Dickdarms. Jedoch können Divertikel auch an anderen Stellen des Magen-Darm-Traktes theoretisch auftreten. Deshalb ist auch das Vorbeugen von Divertikelentzündungen wichtig durch gutes Kauen und reichlich Ballaststoffe aus Gemüse und zum Beispiel Flohsamenschalen gemahlen (1 TL morgens in einem Glas Wasser).
Julie: Wie oft darf man mal etwas Süßes essen? Momentan esse ich nur am Wochenende Süßes, dann aber manchmal etwas mehr. Wie lautet Ihre Empfehlung?
Fleck: Das zeitlose Zitat von Paracelsus gilt auch heute: "Die Dosis macht das Gift!" Das Ritual, am Wochenende etwas Süßes zu genießen, ist clever. Wichtig ist auch, zu häufige Blutzuckerreaktionen zu vermeiden, das heißt optimal ist eine kleine Dosis Süßes, etwa eine kleine Hand, zum Beispiel aus 70-prozentiger Schokolade, direkt nach der Hauptmahlzeit.
Wendy: Frage zu Divertikulose: Beeren haben Kerne, zum Beispiel Himbeeren. Welche Beeren kann ich bedenkenlos essen?
Fleck: Die neuesten Leitlinien empfehlen im Gegensatz zu früher, dass Divertikulose-Patienten auch Nüsse und Mandeln essen können - aber immer fein gekaut. Ähnliches gilt auch für Beeren, allerdings sollten Sie individuell auf die Reaktion achten. Besonders gut verträglich sind etwa Heidelbeeren und Erdbeeren. Himbeeren können verträglicher werden, wenn man sie durch ein Sieb passiert und so die Kerne entfernt. Alles Gute!
Inah: Um welche Bitterstoffe handelt es sich, die gegen den Süßhunger helfen?
Fleck: Bitterstoffe finden Sie etwa auch in natürlichen Nahrungsmitteln wie Rauke, Löwenzahn, Chicorée, Radicchio, sogar Kaffee (optimal schwarz getrunken) enthält Bitterstoffe und sogar (minimal) etwas Ballaststoff. Um Heißhungerattacken auf zuckerreiche Nahrung zu reduzieren, empfehlen sich Bitterstoffpräparate als Tropfen oder Spray, optimal ohne Alkohol und Konservierungsstoffe, denn auch Alkohol ist zuckerhaltig. Präparate gibt es in Apotheken und im Internet. Bitterstoffe helfen zudem den gesund und schlankmachenden wichtigen Darmbakterien und stärken somit indirekt das Immunsystem.
Gerhard: Welches Öl ist bei Diabetes zum Kochen und im Salat am besten?
Fleck: Keine Angst vor Fett, gerade auch bei Diabetes, denn Fett ist der Makronährstoff mit der geringsten Blutzuckerreaktion. Allerdings sollten nur gute Fette und Öle aus hochwertiger Produktion auf dem Teller landen. Ihre Vorsicht ist berechtigt. Empfehlenswert zum Erhitzen sind nach neusten Studien Olivenöl mit dem Zusatz nativ und extra vergine, es eignet sich auch als Universalöl für die kalte Küche wegen hervorragender sekundärer Pflanzenstoffe, außerdem sind Butter, Butterschmalz und Ghee (geklärte Butter) sowie Kokosfett und Sesamöl gut erhitzbar. Für die kalte Küche ist Olivenöl (extra vergine) sehr empfehlenswert, außerdem Leinöl, Hanföl, Walnussöl sowie Rapsöl, das nicht erhitzt werden sollte wegen des Omega-3-Fettsäuregehalts. Dieser Fakt geht leider oft verloren.
Anna: In der heutigen Folge wurde die Krankheit Fußpilz thematisiert. Da ich selbst, wie viele andere Frauen auch, häufig an Vaginalpilz leide, ist meine Frage, ob bei dieser Art von Pilzbefall eine ähnliche Ernährungsumstellung sinnvoll ist?
Fleck: Pilze sind immer zuckerabhängige "Wesen", von daher ist eine ausgewogene Ernährung, die Kohlenhydrate und Zucker limitiert, auch hier eine vielversprechende Strategie. Gleichzeitig empfehle ich eine darmgesunde Ernährung, mit reichlich Ballaststoffen wie Gemüse, Nüsse, Mandeln etc., um die Abwehr zu stärken.
Geli1803: Welches Mineralwasser ist bei basenbildender Ernährung das beste? Worauf muss ich achten? Kann ich unbedenklich Heilwasser trinken (bei Schilddrüsenüberfunktion, Arthrose und Sodbrennen)?
Fleck: Sie sollten auf einen hohen Mineraliengehalt achten (vor allem an Magnesium), Heilwasser ist unbedenklich. Sie können aber auch durch eine Wasseranalyse die Qualitäten von Wasser in Laboren prüfen lassen. Zum Beispiel sinnvoll, wenn man Wasser aus der Leitung trinkt. Alles Gute!
Susanne H.: Mit Divertikulose habe ich "Nebenwirkungen" in Form von sehr starken und unangenehmen Blähungen. Kann ich was dagegen tun? Oder muss ich generell alles Blühende meiden?
Fleck: Die Neigung zu Blähungen (medizinisch Meteorismus) ist individuell. Mein Rat: Kauen Sie, bis der Arzt "nicht mehr kommt" - und ohne Augenzwinkern formuliert, versuchen Sie zunächst auf blähende Nahrungsmittel zu verzichten, zum Beispiel vor allem Zwiebeln, Kohlgemüse und vorsichtiger Umgang mit Hülsenfrüchten. Eine individuelle Ernährungsberatung kann auch Abhilfe schaffen. Alles Gute!
Angie: Ich praktiziere seit längerer Zeit das "Quark-Frühstück" nach Ihrem Rezept. Schmeckt super! Nur bin ich ständig am Frieren. Sollte ich mich nach TCM richten und eher warm frühstücken und auf Rohkost verzichten?
Fleck: Danke für die Wertschätzung, das freut mich sehr! Jeder Mensch ist anders und isst anders. Die TCM berücksichtigt das Temperaturverhalten der Lebensmittel im Körper, und Quark ist kühlend, deshalb kann es sein, dass Sie gerade bei so kalten Temperaturen frieren, wenn sie "nur kalte Speisen" essen. Mein Tipp, so mache ich es persönlich, ich benutze heißes Wasser, um den Quark auf Zimmertemperatur zu rühren. Die Kombination von Eiweiß und Fett ist optimal, wenn Sie warmen Haferbrei frühstücken und mit Öl kombinieren, ist das eher für eine Gewichtszunahme geeignet, die nicht jedermann wünscht.
Jose: Kuhmilch soll ja entzündungsfördernd sein. Gilt das dann für alle Milchprodukte (Zum Beispiel Käse, Quark, Joghurt ...) oder nur für die Milch an sich?
Fleck: Kuhmilch hat bei jedem Menschen unterschiedlich einen potenziell immunologischen Reiz. Fermentierte Milchprodukte wie Quark und Käse gelten aktuell als gesünder als die Milch als Getränk. In Maßen verzehrt (bis zwei Gläser pro Tag) gilt jedoch auch die Milch bisher noch als unbedenklich. Aber: Manche Menschen leiden auch unter Casein-, das heißt Milcheiweißintoleranz. Das merkt man beispielsweise bei häufiger Neigung zu Nasennebenhöhleninfekten. In diesem Fall empfehle ich den Patienten, auch bei Kleinkindern, die häufig erkältet sind, Kuhmilch (-produkte) zu reduzieren oder ganz einzuschränken. Nicht selten löst sich die Infektlabilität damit ganz auf.
Heike M.: Bin Diabetikerin Typ 2, Krankenschwester im Schichtdienst. Lebe nach der 16:8-Methode. Beim Spätdienst kein Problem, nur beim Frühdienst. Was kann ich machen? Bekomme spätestens um 7 Uhr Hunger und mein Blutzucker sinkt ab. Laufe in einer Schicht bis zu 11.000 Schritte. Mein nüchterner Blutzucker hat sich deutlich verbessert. Esse sonst abends den Frühstücksquark mit den Ölen. Was kann ich machen?
Fleck: Die Kombination aus Eiweiß und Fett, wie zum Beispiel im Frühstücksquark ist optimal, da der Nahrungsbrei durch den erhöhten Fettanteil lange braucht, um durch den Verdauungsapparat zu wandern und der Blutzuckerreiz ist gering. Insgesamt sollten Sie lange Fastenzeiten auf Ihrer Blutzuckerkontrolle notieren und eine Fachberatung in Betracht ziehen. Aber Ihre Strategie, wenig Kohlenhydrate und gutes Fett, ist exzellent!
DanyHH: Ich habe Colitis ulcerosa und durch die immunsenkenden Medikamente seit mehreren Jahren Nagelpilz. Der Arzt will mir keine Tabletten gegen den Pilz verschreiben, wegen der Colitis. Würde mir der Verzicht auf Zucker helfen?
Fleck: Kurz, aber herzlich - ja! Diesen Ansatz würde ich auf jeden Fall verfolgen. Denn eine Reduktion der Kohlenhydrate hat sich gerade auch bei Colitis ulcerosa extrem bewährt. Viel Glück!
Erhardt: Ernährung ohne Zucker soll gefährlich sein. Frage zu Pilzbefall: Was kann ich tun, um auch den Fruchtzucker zu vermeiden? Selbst in bestimmten Gemüsesorten findet man Zucker.
Fleck: Der Mensch braucht als essenziellen Nährstoff Eiweiße und Fette. Das heißt, diese Nährstoffe müssen mit der Ernährung zugeführt werden. Kohlenhydrate, die der Körper ebenfalls braucht, kann er sich aus der Ernährung selbst basteln. Eine Ernährung, die gemüsebetont ist, mit Nüssen, Mandeln, Samen, guten Ölen und gemischten Eiweißen ist hervorragend und schützt vor einer übermäßigen Zufuhr von Zucker. Fruchtzucker aus einem einfachen Stück Obst ist eher unbedenklich, kritisch sind die Fruchtzuckerbomben aus Fertigprodukten und "Glukose-Fruktose-Sirup" in Shakes und Eiweißriegeln sowie Fruchtsäfte. So gelangt der Fruchtzucker hochdosiert und rasch in den Blutkreislauf. Ein Stück Obst ist immer mit Faser,- und Ballaststoffen ummantelt und daher unkritischer.
fein17: Vollkornbrot mit groben Körnern bei Divertikulose?
Fleck: In neuesten Studien und Leitlinien wird empfohlen, auch volles Korn zu verzehren. Dies ist ein Novum, im Gegensatz zu alten Empfehlungen. Denn volles Korn bietet viel Ballaststoff. Allerdings ist Voraussetzung, dass man solide kaut.
Bingo62: Können starke ernährungsunabhängige Blähungen, die bei Divertikulitis bei mir auftreten, wirksam bekämpft werden?
Fleck: Ja, der Leidensdruck bei Blähungen ist extrem. In diesem Fall empfehle ich, die Dosis der Ballaststoffe milde zu steigern, denn eine übertriebene Zufuhr ohne eine Gewöhnung kann erneut Blähungen hervorkitzeln.
Rud: Leide seit über fünf Jahren an Seborrhoischem Ekzem an der Kopfhaut, sehr starkes Jucken, muss ständig kratzen. Strahlt langsam ins Gesicht aus. Habe rausgefunden, je mehr Zucker ich esse, desto schlimmer wird es. Aber selbst Fruktose macht es schlimmer. Ohne Zucker bin ich dauermüde und benommen. Esse kein Fast Food, viel Gemüse und Geflügel. Trinke nur Wasser und Tee. Wird trotzdem nicht besser. Was soll ich beachten (zum Beispiel auch keine Milch trinken), bin ratlos.
Fleck: Das klingt zum einen nach einer sehr ausgeprägten "Kohlenhydratsucht" und zum anderen, auch wegen des starken Juckreizes, nach einem Mangel an essenziellen Fettsäuren. Beides würde ich ernährungsmedizinisch angehen, mit einem Versuch, auf kohlenhydratdichte Speisen und Getränke zu verzichten. Auch Laktoseintoleranz, die nicht erkannt ist, kann müde und belastungsintolerant machen. Gleichzeitig würde ich den Anteil an gesunden Fetten im Sinne einer antientzündlichen Ernährung steigern. Außerdem empfehle ich Ihnen einen Besuch beim Facharzt, um die starke Müdigkeit abzuklären und gegebenenfalls eine Diabetes-mellitus-Erkrankung auszuschließen.
Maris: Ist es in Ordnung, Toastbrot und Weizenbrötchen zu essen, wenn man das besser verträgt? Oder ist das generell ungesund?
Fleck: Toast und Weizenbrot sind nährstoffarme und kohlenhydratdichte Nahrungsmittel, das heißt, von einem "Mittel zum Leben" mit reichlich Nährstoff noch weit entfernt. Zudem haben sie einen starken Blutzuckerreiz. Von daher sind sie nicht als gesund zu werten. Aber auch fein gemahlenes Vollkorn hat einen ähnlichen Blutzuckerreiz wie Weißbrot. Nur "volles Korn" ist vom Blutzuckerverhalten gesünder, kann aber, wie in Ihrem Fall zu Problemen führen. Mein Tipp: Versuchen Sie gegebenenfalls zarte Schmelzflocken aus Dinkel oder Hafer mit etwas Wasser, Hafer,- Reis,- oder Kokosmilch und die Häufigkeit der "Toastie-Rituale" zu reduzieren.
Chaplin: Was hilft gegen Heißhunger und abendliche Essattacken?
Fleck: Heißhunger ist oft die unbeliebte Konsequenz dessen, was man "vorher" gegessen hat. Je kohlenhydratdichter und zuckerreicher die Ernährung, umso stärker der Blutzuckerreiz und die nachfolgende Insulinreaktion. Der Blutzucker düst nach unten und man leidet an Heißhunger. Deswegen eher Mahlzeiten einplanen, die sättigen und langsam verdauliche Lebensmittel wählen, wie Hülsenfrüchte, Mandeln, Gemüse. Wenn man dann dennoch Heißhunger hat: Ein großes Glas warmes Wasser, Bitterspray und einen Gedankenstopp. Das Stoppschild gedanklich auspacken und innehalten. Auch kritisch hinterfragen, ob man unter einem ehrlichen Hunger leidet, das heißt unter Nahrungsmangel oder eher Gefühle durch "Essen abbindet", wie Langeweile, Leere, Wut, Ärger, Traurigkeit. Emotionaler Hunger gehört kritisch hinterfragt. Auch sollten selbstverständlich Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes mellitus definitiv solide ausgeschlossen sein.
darmlover: Was halten Sie von "Darmsanierungen" oder Reinigungen?
Fleck: Die darmgesunde Ernährung und im Bedarfsfall individuell notwendige Darmsanierung gehört zu einem der wichtigsten Bausteine meiner täglichen Behandlungspraxis.
Unbekannt: Unterbrechen Flohsamenschalen das Fasten?
Fleck: Nein, da sie keinen starken Blutzuckerreiz verursachen. Sie können aber Flohsamenschalen gemahlen hervorragend in das Frühstück, das ich in der Praxis gerne "Spätstück" nenne, unterbringen. So verlängern Sie die nahrungsfreie Zeit. Gutes Gelingen!
