Stand: 03.09.2019 22:25 Uhr

Chat-Protokoll: Fußheberschwäche

Neurologe Prof. David Liebetanz.
Der Neurologe Prof. David Liebetanz hat Fragen im Visite Chat beantwortet.

Manche Menschen können nach einem Schlaganfall, wegen eines Bandscheibenvorfalls oder wegen Schäden am Ischiasnerv den Fuß nicht mehr richtig anheben. Das bedeutet eine große Einschränkung im Alltag. Der Gang wird unsicher, jeder Schritt zum Kampf. Manchmal normalisiert sich das nach einiger Zeit wieder von selbst. Je nach Ursache können aber auch Physiotherapie oder eine stabilisierende Fußgelenkschiene hilfreich sein. Wenn der zuständige Nerv nach einem Schlaganfall gar keinen Impuls mehr erhält, den Muskel zu bewegen, kann unter Umständen ein elektrischer Schrittmacher die Befehle der geschädigten Hirnzellen ersetzen.

Der Neurologe Prof. David Liebetanz hat im Visite Chat Fragen zum Thema Fußheberschwäche beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen.

Helga: Nach meiner Bandscheiben-OP vor acht Jahren hatte ich eine Fußheberschwäche, die mittlerweile besser ist. Übrig geblieben ist ein zuckendes Bein, das mich sehr oft nicht schlafen lässt. Habe ich Aussicht auf eine Besserung?

Prof. David Liebetanz: Ganz selten gibt es nach Bandscheibenvorfällen ein sogenanntes Restless Legs Syndrom. Das könnte bei Ihnen der Fall sein und mit den entsprechenden Maßnahmen beziehungsweise Medikamenten gut behandelt werden.

Karin: Ich habe MS und eine leichtgradige Fußheberschwäche. Manchmal habe ich extreme Spastiken wegen der Schiene. Was kann man tun?

Liebetanz: Gegen die Spastik hilft Physiotherapie. Gegebenenfalls kommt auch ein Peroneus-Stimulator für die Fußhebung in Frage. Hierdurch lässt sich in manchen Fällen die Spastik deutlich reduzieren. Alternativ kommt auch eine Behandlung mit Botulinumtoxin in die Wadenmuskulatur infrage.

Jette: Löst eine generalisierte Myasthenia gravis die Fußheberschwäche aus?

Liebetanz: Eine isolierte Fußheberschwäche ist bei Myasthenie eher nicht zu erwarten, da hier eher die beckennahe Muskulatur betroffen ist.

Heidi: Kann sich eine durch einen Bandscheibenvorfall verursachte Fußheberschwäche, die länger als sechs Monate besteht, noch bessern? Welche Übungen kann man machen, um die Fußheberschwäche zu behandeln?

Liebetanz: Nach sechs Monaten ist die Chance, dass sich die Fußhebung nach einem Bandscheibenvorfall erheblich bessert, nicht so groß. Es kommt darauf an, wie stark die Wurzel geschädigt ist und ob noch eine Rest-Fußhebung vorhanden ist, die dann auftrainiert werden kann.

Sylke: Ich bin an einer neurologischen Erbkrankeit (HMSN) erkrankt und habe daher auch eine Fußheberschwäche. Sehr gute Erfahrungen habe ich mit dem Foot Up gemacht. Dieser ist sehr einfach, effektiv und kostengünstig. Ist dieses System auch zu empfehlen?

Liebetanz: Der Foot Up ist bei Ihrer Erkrankung absolut zu empfehlen. Wenn jedoch schon ein Genu recurvatum ["abnorm überstreckbares Knie", Anm. d. Red.] besteht, muss der Hebel an der Wade sehr weit nach oben bis unters Knie reichen.

Monika: Ich habe Charcot-Marie-Tooth mit Fußheberschwäche. Welche Orthese ist da die Beste? Ich trage orthopädische Schuhe, wodurch allerdings die Muskeln abgebaut werden.

Liebetanz: Es kommt ganz darauf an, wie stark die Fußhebung beeinträchtigt ist und ob auch schon die Oberschenkelmuskulatur betroffen ist, was sich an einem zurückschlagenden Knie erkennen lässt. Die Orthese muss allerdings individuell gewählt werden.

Cindy: Ich hatte vor knapp drei Jahren eine Bandscheiben-OP. Seitdem habe ich eine Fußgängerschwäche links. Eine Orthese und Physiotherapie haben bis heute nicht geholfen. Was kann ich noch tun? Gibt es da noch Hoffnung auf Besserung?

Liebetanz: Nach so einer langen Zeit besteht keine Hoffnung auf Besserung durch Heilung. Allerdings sollten Sie die Suche nach einer für Sie geeigneten Orthese keinesfalls aufgeben.

Rosa: Bei mir fängt die Schwäche schon in der rechten Gesäßhälfte an und geht bis ins Schienbein. Sport dafür mache ich regelmäßig und Physiotherapien hatte ich einige ohne Erfolg. Ich bin jetzt 74 Jahre alt und hatte vor zwei Jahren eine Spinalkanalstenose-Operation. Was kann ich noch machen?

Liebetanz: Wenn die Gesäßmuskulatur betroffen ist, empfehlen wir zusätzlich zur orthetischen Versorgung der Fußheberschwäche die Verwendung eines Gehstockes oder auch eines Rollators.

Johannes: Habe links die Fußheberschwäche und bekomme jetzt rechts ein neues Kniegelenk. Wäre eine Orthese links angebracht? Bisher geht es ohne.

Liebetanz: Es kommt darauf an, wie ausgeprägt die Fußheberschwäche ist und ob eine Stolpergefahr besteht.

BigiMa: Ich habe Fußheberschwäche in Folge von ALS. Habe eine Peroneaus-Schiene. Gäbe es für mich eine andere (elektrische) Lösung?

Liebetanz: Das ist eine sehr gute Frage. Leider kann die elektrische Stimulation bei der ALS oder ähnlichen Erkrankungen nicht erfolgreich angewendet werden, da die Nerven zu den Muskeln betroffen sind.

Rena: Von welcher Firma ist das Elektrostimulationsgerät, das unterhalb des Knies angebracht wird?

Liebetanz: Es gibt zwei ähnliche Systeme: Einmal von der Firma Bioness und eines von der Firma Heller.

Torsten: Meine Tochter hat eine beinbetonte Hemiparese und hat dadurch einen Spitzfuß. Kann man durch eine Elektrostimulation einen Erfolg erreichen? Ich denke an die gezeigte mobile Stimulation.

Liebetanz: Es gibt Stimulatoren, die auch für Kinder geeignet sind und gegebenenfalls bei Ihrer Tochter eingesetzt werden könnten. Wenn die Fußsenkerspastik allerdings zu stark ist, sollte diese zuvor behandelt werden, zum Beispiel chirurgisch oder mittels Botulinumtoxin.

Maegnum: Mein Physiotherapeut versucht in der zwanzigminütigen Behandlung, meinen Fuß mit den Zehen nach oben zu drücken. Dieses versucht er jetzt schon seit drei Monaten. Mein Fußheber reagiert nicht und der Fuß wackelt weiter. Sollte ich diese Behandlung abbrechen, weil ich keinen Erfolg sehe?

Liebetanz: Ich würde eine andere Behandlungstherapie empfehlen, bei der Sie selbst mehr aktiv teilnehmen.

Josef: Ich habe eine Fußheberschwäche, allerdings ist die Herkunft unbekannt. Wie kann ich feststellen lassen, wo Sie herkommt und welcher Art sie ist. Es wird eine Spastik vermutet. Welche Orthese ist für beide Beine geeignet?

Liebetanz: Im Allgemeinen ist es nicht schwierig herauszufinden, ob eine Lähmung zentral bedingt (Gehirn-Rückenmark) oder eher durch eine periphere Schädigung (zum Beispiel Bandscheibe, Polyneuropathie, Druck-Läsion) verursacht ist. Dies sollte in der Regel beim Neurologen gelingen. Selten lässt sich die Ursache nicht leicht finden, dann sollten Sie einen Spezialisten der klinischen Neurophysiologie aufsuchen.

Sonja: Gibt es Grenzen beim Einsatz der elektrischen Orthese? Was ist, wenn beide Füße eine Fußheberschwäche aufweisen?

Liebetanz: Der Elektrostimulator kann auch beidseits verwendet werden. Grenzen ergeben sich durch vorhandene Kontrakturen oder eine zu starke Spastik.

Jens: Ich habe seit Ende letzten Jahres eine Fußheberschwäche. Diese ist im Laufe des Jahres langsam schlimmer geworden, nach einer Lungenentzündung mit hohem Fieber ist es ganz schlimm geworden. Am Wochenende wurde bei mir ein Tumor im Gehirn diagnostiziert. Kann der auch Ursache der Fußheberschwäche sein?

Liebetanz: Prinzipiell kann ein Tumor in der Nähe der Mittellinie des Gehirns auch eine Fußheberparese verursachen.

Alistair christopher: Ich leide an Parkinson und Polyneuropathie. Würde ein Fußheber meinen schlurfenden Gang bessern?

Liebetanz: Das kommt darauf an, ob der schlurfende Gang durch eine Fußheberschwäche oder durch den Parkinson bedingt ist. Im Allgemeinen machen nur schwere Neuropathien relevante Fußheberschwächen.

Elke: Mein Mann hat eine Lähmung der rechten Seite bedingt durch eine Hirnblutung. Eine Fußheberorthese brachte kein verbessertes Gangbild. Könnte eine elektrische Bandage bei einer Hemiparese helfen?

Liebetanz: Der Fußheber-Stimulator kann bestenfalls die Fußhebung und bei einem speziellen Gerät auch die Oberschenkelstreckung bessern. Ob sich hierdurch eine Hemiparese bessern lässt, kommt auf den Einzelfall beziehungsweise die Ausprägung der Hemiparese an.

Maren: Ich habe eine Fußheberschwäche erlitten durch eine Gehirnoperation. Gibt es eine Operation, wo man den Nerv, der für die Ansteuerung zuständig ist, durch einen anderen Nerv aus dem Körper ersetzt? Sprich eine Transplantation von Nerven?

Liebetanz: Nein, diese Option gibt es leider noch nicht.

Robert: Vor genau einem Jahr hatte ich eine Hüft-OP (Gelenkersatz). Dabei wurde der Ischiasnerv gequetscht. Dadurch habe ich bis heute eine Parese linksseitig. Im Moment trage ich eine Foot-Up-Schiene. Käme für mich auch die innoSTEP infrage? Ist noch mit einer Wiederkehr des Peroneus-Nervs zu rechnen?

Liebetanz: Gute Frage! Leider kommt bei peripheren Läsionen (Bandscheibe, Ischiadicus-Peronaeus-Läsionen) die Elektrostimulation nicht infrage, da für die Stimulation ein intakter Nerv nötig ist.

Claudia: Meine Mutter hat MS und eine deutliche Fußheberschwäche. Welcher Arzt verschreibt diese elektrischen Manschetten beziehungsweise wo kann sie das ausprobieren oder kaufen? Wie viel kosten diese Manschetten?

Liebetanz: Die Manschetten kann ein Facharzt für Neurologie oder Orthopädie verschreiben. Sie kosten zwischen 3.000 und 6.000 Euro. In der Regel sollte die Kasse jedoch die Kosten übernehmen.

Heinz: Stichwort Langzeitschwäche. Seit einer OP einer doppelten Tibiakopffraktur links habe ich eine Fußheberschwäche. Zusätzlich ist auch die Hebefunktion des linken Beines gestört. Wo kann ich mich hinwenden, um eine genaue Analyse durchführen zu lassen?

Liebetanz: Bitte wenden Sie sich mit dieser Fragestellung an einen Neurologen. Hier können die Nerven auf ihre Funktion hin untersucht werden.

Heike: Ich habe nach einem Unfall vor vier Monaten eine Fußheberschwäche. Kann ich homöopathisch die Nervenheilung unterstützen?

Liebetanz: Nach meinem Wissen schadet die Homöopathie in diesem Fall nicht.

PNP Problem: Bei mir wurde durch einen Neurologen PNP diagnostiziert. Habe in beiden Füßen Taubheitsgefühl und Lauf- und Koordinationsprobleme. Welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es?

Liebetanz: Das kommt auf die Ursache der PNP an, diese muss zunächst diagnostiziert werden.

Rolli: Ich habe MS und sitze im Rollstuhl. Lange Strecken kann ich nicht mehr laufen. Aber ich finde es sehr interessant mit dem Elektrostimulator. Kann ich einen Neurologen mal darauf ansprechen?

Liebetanz: Wenn Sie bereits im Rollstuhl sitzen, befürchte ich, dass der Elektrostimulator keine ausreichende Hilfe bieten wird, damit Sie wieder gehen können. Aber Sie sollten auf jeden Fall Ihren Neurologen darauf ansprechen.

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Visite | 03.09.2019 | 20:15 Uhr

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