Stand: 23.04.2019 22:40 Uhr

Chat-Protokoll: Bluthochdruck

30 Millionen Deutsche haben einen zu hohen Blutdruck. Viele wissen es gar nicht und viele kennen das gesundheitliche Risiko nicht. Wer ist betroffen, welche Symptome gibt es und wie behandelt man Bluthochdruck am besten?

Prof. Götz Thomalla
Prof. Götz Thomalla hat Fragen zum Thema Bluthochdruck beantwortet.

Neurologe Prof. Götz Thomalla hat im Visite Chat Fragen zum Thema Bluthochdruck beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:

Petra: Mein Mann hat seit Wochen hohen Blutdruck. Er bekommt Tabletten, aber der Blutdruck geht nicht runter. Sein Wert liegt jeden Morgen bei 175/85.

Prof. Götz Thomalla: Man braucht ein bisschen Geduld. Die Medikamente brauchen eine gewisse Zeit bis sie ihre volle Wirkung entfalten. Wenn sich allerdings seit Wochen der Blutdruck, auch unter Medikamenteneinnahme, nicht senken lässt, sollte eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Eventuell muss die Dosis angepasst oder ein anderes Medikament versucht werden.

Justus: Wie kann ich den Blutdruck senken?

Thomalla: In erster Linie empfiehlt man Änderungen im Lebensstil: Zum Beispiel Übergewicht abbauen, wenn vorhanden und mehr Bewegung. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, sollte eine medikamentöse Behandlung erfolgen. Hierzu steht eine Vielzahl an Medikamenten zur Verfügung.

Klaus: Bei einer Langzeit-Blutdruckmessung liegt mein Tagesmittelwert bei 132/76. Die einzeln gemessenen Werte in der Praxis liegen höher, bei 160/80. Welcher Wert ist für mich ausschlaggebend, die einzeln gemessen Werte oder die der 24-Stundenmessung?

Thomalla: Eine Langzeitblutdruckmessung gibt insgesamt einen besseren Eindruck, wobei es nicht nur auf den Tagesmittelwert ankommt, sondern vor allem darauf, wie viele Werte in einem erhöhten Bereich liegen. Insofern schließen sich die Werte aus der Langzeitmessung und der Praxis nicht aus.

Willswissen: Wie hoch darf der Blutdruck unter Stress sein?

Thomalla: Bei starker körperlicher Aktivität, zum Beispiel Sport, geht der Blutdruck natürlich in die Höhe. Aus diesem Grund sollte eine Blutdruckmessung auch immer nicht unmittelbar nach körperlicher Anstrengung erfolgen, sondern nach einigen Minuten der Ruhe.

LindaK: Mein Vater (76 Jahre) hat hohen Natriummangel. Er ist sehr durcheinander und vergesslich. Nach mehreren Untersuchungen wurde eine Demenz diagnostiziert. Kann es aber nicht sein, dass diese Demenz durch den Natriummangel hervorgerufen wurde?

Thomalla: Wenn die Blutsalze stark durcheinanderkommen, kann dies durchaus Symptome wie bei einer Demenz hervorrufen. Insofern ist es wichtig, dass eine solche mögliche behandelbare Ursache vor Diagnose einer Demenz ausgeschlossen wird. Im konkreten Fall müsste der Natriummangel ausgeglichen und dann geschaut werden, ob die Symptome der Demenz fortbestehen.

Dieter D: Man soll regelmäßig Ausdauersport machen. Dreimal die Woche, dabei den Puls bis zur Grenze fordern. Gut für Herzstärkung, unter anderem. Aber würde dieser, wenn auch kurze Blutdruckanstieg, während des Sports nicht auch das Risiko für kleine Schlaganfälle im Gehirn fördern?

Thomalla: Diese Sorge müssen Sie nicht haben. Dass Blutdruck und Puls unter körperlicher Anstrengung in die Höhe gehen, ist normal und kein Risikofaktor für Schlaganfall oder für Demenz. Entscheidend ist, dass der Blutdruck in Ruhe nicht erhöht ist.

Susanne: Wie wirken sich die Symptome bei einer vaskulären Demenz im Gegensatz zu Alzheimer aus?

Thomalla: Häufig stehen bei einer vaskulären Demenz nicht so sehr Störungen von Merkfähigkeit und Gedächtnis im Vordergrund, sondern es zeigen sich Auffälligkeiten im Verhalten und in der Ausführung von komplexen Handlungen. So kann es zum Beispiel dazu kommen, dass das Bedienen von einfachen Maschinen (Waschmaschine) nicht mehr gelingt.

Su: Wie kann es sein, dass der Blutdruck am Bein gemessen wesentlich höher ist als am Arm?

Thomalla: Das Bein befindet sich im Stehen und Sitzen tiefer als der Arm und deutlich unterhalb der Ebene des Herzens, sodass allein durch die Schwerkraft der am Bein gemessene Druck höher ist

Katze: Was kann ich gegen meinen hohen Blutdruck tun, wenn ich die Medikamente alle nicht vertragen kann?

Thomalla: Es gibt Allgemeinmaßnahmen, die hilfreich sind, einen erhöhten Blutdruck zu senken: regelmäßige körperliche Aktivität, Gewichtsreduktion bei Übergewicht. Darüber hinaus ist es unwahrscheinlich, dass alle verfügbaren Medikamente nicht vertragen werden. Hierzu sollten Sie mit Ihrem Arzt Rücksprache halten.

Alfredo: Der Blutdruck ändert sich ja im Tagesverlauf deutlich. Zu welcher Zeit kann man denn einen repräsentativen Wert ermitteln?

Thomalla: Am besten ist es, wenn man zu verschiedenen Tageszeiten misst, zum Beispiel morgens, mittags und abends. Dies muss man nicht unbedingt jeden Tag tun, sondern man kann sich etwa zwei Tage in der Woche aussuchen.

Alfred B: Kann hoher Blutdruck (170) auch sogenannten Lagerungsschwindel auslösen oder umgekehrt? Meine Frau (71) hat derzeit beide Probleme damit.

Thomalla: Der gutartige Lagerungsschwindel ist eine eigenständige Diagnose und hängt nicht mit einem erhöhten Blutdruck zusammen. Dennoch kann ein erhöhter Blutdruck zu Schwindel führen, und Schwindel kann manchmal das erste Zeichen von Bluthochdruck sein.

icegirl: Ich habe schon mehrfach ein Langzeitblutdruckmessgerät bekommen. Immer wieder kam das gleiche Ergebnis heraus: Nachts geht mein Blutdruck nicht runter. Nach Aussage einer Ärztin komme ich nicht zur Ruhe. Beim Kardiologen wurde letztens festgestellt, dass ich Wasser im Herzen habe und die linke Klappe nicht richtig funktioniert. Was kann ich tun? Meine letzten Werte waren 140/150 zu 80/90.

Thomalla: Das Fehlen einer nächtlichen Absenkung des Blutdruckes ist ein typisches Zeichen für einen Bluthochdruck. Ebenso kann ein erhöhter Blutdruck mit Funktionsstörungen des Herzens einhergehen. In diesem Fall sollten Sie Ihren behandelnden Arzt aufsuchen und diese Fragen konkret mit ihm besprechen.

gitta: Ich habe seit Ende 2014 maligne Hypertonie. Viele verschiedene Tabletten haben nicht geholfen. Morgens und abends sind die Werte hoch. Sollte ich mich für den Barorezeptoren-Stimulator entscheiden?

Thomalla: Dies ist eine spezielle Frage, die nur von dem behandelnden Arzt mit Kenntnis der Vorgeschichte sinnvoll beantwortet werden kann.

Utka: Ich hatte im Dezember 2017 Hirnblutungen als Folge von zu hohem Blutdruck. Kann das auch Demenz beschleunigen?

Thomalla: In der Tat kann auch eine Hirnblutung, wie Schlaganfälle, zu einer vaskulären Demenz beitragen. Insbesondere nach einer Hirnblutung ist eine gute Einstellung des Blutdrucks und das Vermeiden hoher Werte wichtig.

Christine B: Seit einem Bluthochdruckanfall vor ca. zwei Jahren leidet mein Opa immer wieder unter schrecklichen Kopfgeräuschen, welche von Schweißausbrüchen und Brennen im Kopf/Kopfhaut begleitet werden. Hinzu kommt ein hochroter Kopf. Untersuchungen beim Neurologen, Orthopäden und beim HNO-Arzt haben zu keiner Diagnose geführt. Nur der Hausarzt hat abschließend gesagt, er habe Tinnitus und müsse damit leben. Warum aber hat er bei seinen Anfällen einen Blutdruck um 240? Und was hat das mit Tinnitus zu tun?

Thomalla: Die beschriebenen Symptome passen gut zu Blutdruck-Krisen, das heißt deutlich erhöhten Blutdruckwerten. Auch Ohrrauschen kann in diesem Zusammenhang auftreten. Entscheidend ist eine Behandlung des Bluthochdrucks und ein Vermeiden dieser Krisen mit erhöhten Blutdruckwerten.

Wepe: Der Satz "Der Blutdruck kann eigentlich nicht zu niedrig sein" gilt natürlich nicht unbedingt für Glaukom-Patienten. Um eine ausreichende Durchblutung des Sehnervs zu garantieren, sollte dies fallspezifisch betrachtet werden.

Thomalla: In der Tat muss der optimale Blutdruck immer im Einzelfall im Gesamtbild mit Vorerkrankungen und Medikamenten betrachtet werden. Rein statistisch lässt sich aber eindeutig sagen, dass niedrige Blutdruckwerte mit weniger Folgeschäden einhergehen.

Katrin: Mein Mann, 75 Jahre alt, trinkt jeden Tag ca. 1/3 Flasche Whisky. Er hat Gedächtnisprobleme, aber sein Neurologe meint eine MRT-Untersuchung auf Alzheimer oder Demenz sei zwecklos, solange er trinkt. Ist das tatsächlich die Lehrmeinung?

Thomalla: Der regelmäßige Konsum einer so hohen Menge Alkohol pro Tag ist eindeutig schädlich und kann Ursache von Gedächtnisstörungen und im schlimmsten Fall einer Demenz sein. Inwieweit auch andere Ursachen vorliegen können und weitere Untersuchungen sinnvoll sind, muss im Einzelfall geklärt werden.

Gamken: Ich habe kein Bluthochdruck. Obwohl ich vor vier bis fünf Jahren ein sehr gutes Gedächtnis hatte, vergessen ich heute viele Dinge. Zum Beispiel die Orientierung fehlt mir, früher kannte ich "alle" Straßen in der Stadt, heute weiß ich sie nicht mehr. Die Namen der Bewohner in unserem Ortsteil sind einfach weg. Einfache Dinge im Haushalt sind einfach vergessen. Ich bin 71 Jahre. An Tabletten nehme ich nur Lomotrigin Aristo, morgens und abends je eine Tablette. Was kann es sein? Wo kann ich mich untersuchen lassen?

Thomalla: Bei den von Ihnen geschilderten Beschwerden scheint mir eine Abklärung durch einen Neurologen oder Psychiater sinnvoll, mit der Frage, ob hier erste Zeichen einer Demenz vorliegen. Dann kann auch entschieden werden, ob eine weiter medikamentöse Behandlung sinnvoll ist.

Heidi: Gibt es bei älteren Menschen eine höhere Toleranzgrenze (138) noch okay!

Thomalla: Grundsätzlich gilt auch bei älteren Menschen, dass niedrigere Blutdruckwerte gesünder sind. Bei alten und sehr alten Menschen allerdings sollte man insbesondere bei der medikamentösen Behandlung eines Bluthochdrucks vorsichtig vorgehen und Vorerkrankungen, Interaktionen mit anderen Medikamenten und Nebenwirkungen sorgfältig beachten. Es kann dann im Einzelfall durchaus angezeigt sein, höhere Werte zu akzeptieren.

Dieses Thema im Programm:

Visite | 23.04.2019 | 20:15 Uhr

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