Amyloidose: Symptome und Therapie

Stand: 07.02.2023 21:33 Uhr

Bei der Amyloidose lagert sich fehlerhaft gebildetes Eiweiß in mehreren Organen ab. Die Ursachen für die Erkrankung und die Symptome sind sehr unterschiedlich. Die Krankheit ist nicht heilbar.

Amyloidose ist keine einzelne Krankheit, sondern ein Oberbegriff für eine ganze Gruppe von Erkrankungen. Allen gemeinsam sind sogenannte Amyloide, Ablagerungen fehlgefalteter Eiweiße im Gewebe, die sich unter dem Mikroskop anfärben lassen. Bislang sind etwa 30 verschiedene Proteine bekannt, die Amyloide bilden können. Der Körper schafft es nicht, sie abzubauen. Die Eiweißfasern beeinträchtigen den Stoffwechsel und die Funktion der Organe, in denen sie sich abgelagert haben. Wie sich das Krankheitsbild äußert, hängt davon ab, welches Eiweiß für die Amyloidbildung verantwortlich ist. 

Zahlreiche Formen der Amyloidose 

Häufige Formen sind die AL-Amyloidose und ATTR-Amyloidose (erbliche oder erworbene Form), seltener ist die AA-Amyloidose. Zudem wird zwischen einer lokalisierten Amyloidose, bei der sich die Eiweiße nur an einem Ort im Körper, zum Beispiel der Haut, ansammeln, und der systemischen Amyloidose unterschieden, bei der Amyloide sich in mehreren Organen abgelagert haben. Im Prinzip kann eine Amyloidose jedes Organ betreffen. Oft sind es Herz, Nieren, Leber, Magen-Darm-Trakt oder das Nervensystem. 

Fortschreitende Erkrankung

Die Amyloidose schreitet in der Regel immer weiter voran. Betroffene Organe büßen nach und nach ihre Funktion ein. Abhängig von der Art des Amyloid-bildenden Eiweißes gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Krankheitsverlauf zu bremsen. Heilbar sind Amyloidosen aber bislang nicht. 

Ursachen: Genfehler, Krebsleiden oder entzündliche Erkrankung 

Erbliche Amyloidosen werden von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben. Ein Beispiel ist die familiäre ATTR-Amyloidose. Dabei lagert sich der Eiweißstoff Transthyretin als Amyloid in Organen wie Herz, Nieren, Augen, Sehnen und Bändern sowie im Nervensystem ab. Ursächlich ist eine Genmutation, die zu einem falschen Aufbau von Transthyretin führt.

Bei der Mehrzahl der Amyloidosen spielen erbliche Faktoren keine Rolle. Das Risiko für eine Amyloidose vom Typ ATTRwt steigt mit dem Alter. Die Häufigkeit der Erkrankung wird bislang höchstwahrscheinlich unterschätzt. Bei zehn bis 25 Prozent der Menschen mit einer bestimmten Form der Herzschwäche (diastolische Herzschwäche mit versteiftem Herzmuskel) könnte  ATTRwt die Ursache sein..

Auslöser der AL-Amyloidose sind meist Krebserkrankungen des Knochenmarks und der Lymphdrüsen, zum Beispiel das Plasmazellmyelom oder ein Non-Hodgkin-Lymphom des Knochenmarks oder des Lymphsystems. Immunglobulin-Leichtketten sind Untereinheiten von Eiweißen, die bei der Immunabwehr eine wesentliche Rolle spielen. Sie lagern sich bei der AL-Amyloidose im Gewebe ab. Krankhaft veränderte Immunzellen im Knochenmark oder den Lymphdrüsen (Plasma- oder Lymphzellen) stellen diese abnormalen Leichtketten her. 

Eine AA-Amyloidose ist dagegen auf eine länger bestehende entzündliche Erkrankung wie rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zurückzuführen. Die chronische Entzündung sorgt dafür, dass die Leber dauerhaft zu hohe Mengen Serum Amyloid A (SAA) produziert. Diese Eiweiße können sich in AA-Fibrillen umwandeln, die sich vor allem in der Milz und später auch in den Nieren ablagern. Auch Leber und Magen-Darm-Trakt können betroffen sein, seltener das Herz. Die AA-Amyloidose selbst ist nicht erblich, kommt aber im Rahmen mancher Erbkrankheiten vor. 

Symptome: Gewichtsverlust, Schwäche - oder Probleme mit der Hand 

So unterschiedlich die Ursachen der verschiedenen Amyloidosen sind, so unterschiedliche Symptome können sie auch hervorrufen. Die Beschwerden sind nicht bei allen Betroffenen gleich oder gleich schwer. Entscheidend ist, welcher Amyloidose-Typ vorliegt und in welchen Organen sich die unlöslichen Amyloide ablagern. Bei der systemischen Amyloidose sind in der Regel mehrere Organe zugleich betroffen, während sich die Eiweißablagerungen bei lokalen Amyloidosen nur örtlich begrenzt ausbilden, zum Beispiel in der Haut. 

Die ersten Symptome bei einer Amyloidose sind häufig uncharakteristisch: Müdigkeit, Abgeschlagenheit und eine Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit treten auch bei vielen anderen Krankheiten auf. 

Zu den Symptomen einer systemischen Amyloidose zählen:

  • Gewichtsverlust, Übelkeit, starke Müdigkeit, Schlafstörungen 
  • motorische Schwäche und Sensibilitätsstörungen in den Beinen  
  • Störungen der Darm- und Blasenfunktion 
  • Bluthochdruck 
  • sexuelle Funktionsstörungen 
  • Herzschwäche mit Atemproblemen, Herzrhythmusstörungen, Herzenge, Ohnmachtsanfälle, plötzlicher Herztod 
  • Wassereinlagerungen in Lunge und anderem Gewebe 
  • Sehstörungen 
  • Nierenfunktionsstörungen 
  • Schilddrüsenfunktionsstörungen 

Karpaltunnelsyndrom kann früh auf Amyloidose hinweisen 

Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühle in beiden Händen können erste Symptom einer ATTRwt-Amyloidose sein - lange, bevor sie beispielsweise eine Herzschwäche verursacht. Lagert sich das Amyloid im Bindegewebe des Handgelenks an, entsteht eine Verdickung, die auf den Mittelnerv drückt. Es kommt zu einem sogenannten Karpaltunnelsyndrom.

Die Betroffenen leiden vor allem nachts vermehrt unter Kribbeln der Finger, Taubheitsgefühlen und andauernden Schmerzen. Um den Nerv wieder zu befreien und zu entlasten, wird das Handgelenksband in einem kleinen operativen Eingriff entfernt. Nach der Operation sollte das entfernte Gewebe in der Pathologie angefärbt und feingeweblich untersucht werden, um Hinweise auf die Ursache der Verdickung zu bekommen. Wird dabei Amyloid entdeckt, können die Betroffenen rechtzeitig von Spezialistinnen und Spezialisten für Amyloidose untersucht und behandelt werden, um den Verlauf der Krankheit zu bremsen.

Wie relevant der Zusammenhang zwischen beidseitigem Karpaltunnelsyndrom, Amyloidose und Herzschwäche tatsächlich ist, hat eine dänische Studie an 250 Patientinnen und Patienten untersucht, die vor fünf bis 15 Jahren an einem beidseitigen Karpaltunnelsyndrom operiert worden waren. Dabei zeigte sich, dass zwölf dieser Betroffenen, also fast fünf Prozent, mittlerweile herzkrank waren oder zumindest schon Vorboten einer Herzschwäche zeigten. Besonders häufig waren schlanke Männer über 70 Jahren betroffen. Von ihnen litt jeder Fünfte an einer Amyloidose im Herzmuskel. 

Diagnose: Amyloidose durch Gewebeprobe erkennen 

Beim Verdacht auf eine Amyloidose erfolgt eine ausführliche Diagnostik, um das abgelagerte Amyloid im Gewebe nachzuweisen. Dazu gehört zunächst die Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) aus dem Bauchfett, der Enddarmschleimhaut oder dem betroffenen Organ. Mitunter ist zusätzlich eine Knochenmarksbiopsie erforderlich. 

Wichtig für die Diagnose ist auch die Bestimmung des Amyloidose-Typs. Denn die Art des Eiweißes, das sich abgelagert hat, ist entscheidend für die Behandlung. Zur weiteren Diagnostik gehören zum Beispiel: 

  • Urinuntersuchung, zum Beispiel Bestimmung der Eiweißmenge im Urin, Verhältnis von Albumin/Kreatinin 
  • Blutuntersuchung (Troponin, BNP, NT-proBNP, Blutbild, Elektrolyte, Leberwerte, Immunglobuline) 
  • Immunhistochemische Untersuchung des entnommenen Gewebes (Anfärbung mit dem Farbstoff Kongorot, der durch das Amyloid gebunden wird und unter dem Mikroskop grünlich leuchtet) 
  • Gentest, etwa beim Verdacht auf familiäre ATTR-Amyloidose 
  • Ultraschall (Sonografie) 
  • Röntgen 
  • EKG und Herzultraschall (Echokardiografie) 
  • Computertomografie (CT) 
  • Magnetresonanztomografie (MRT) 
  • Lungenfunktionsprüfung (Spirometrie) 
  • Endoskopie 
  • Elektromyografie (EMG) zur Prüfung der Muskelfunktion 
  • Elektroneurografie (ENG) zur Prüfung der Nervenfunktion 
  • Skelettszintigrafie 

Behandlung: Beschwerden lindern, Verlauf aufhalten 

Eine Amyloidose ist nicht heilbar. Die Behandlung zielt darauf ab, die Beschwerden zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Dafür stehen mittlerweile auch Medikamente zur Verfügung, die die Amyloidbildung reduzieren sollen. Dazu zählen zum Beispiel TTR-Stabilisator (Tafamidis) und Antisense-Oligonukleotide (zum Beispiel Inotersen, Patisiran). In schweren Fällen kann eine Lebertransplantation, eine Herztransplantation oder eine kombinierte Transplantation beider Organe notwendig werden. 

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