Mehrarbeit für die Pflege: Reimann sucht "flexible Lösungen"
Das niedersächsische Sozialministerium hat zur Bewältigung der Corona-Krise das Arbeitszeitgesetz für Pflegekräfte geöffnet. Ministerin Carola Reimann (SPD) hat die neue Allgemeinverfügung verteidigt.
Demnach seien mit der Verordnung vom 28. Oktober in der Krise mehr Sonn- und Feiertagsarbeit sowie die Erhöhung der Arbeitszeit auf bis zu 60 Wochenstunden möglich. "Diese Allgemeinverfügung löst aber keine Verpflichtung aus, 60 Stunden pro Woche zu arbeiten", sagte Reimann. Ziel sei es, "zeitlich befristete und flexible Lösungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu schaffen", so Reimann. Durch Mehrschichtsysteme oder Arbeitsblöcke sollen etwaige personelle Ausfälle durch Infektionen in Pflege-Einrichtungen und Krankenhäusern aufgefangen werden. Sie könne auch für den Rettungsdienst und in Gesundheitsämtern angewandt werden.
Reimann: Mehrarbeit unter Aufsicht der Interessenvertreter
Laut Sozialministerium seien Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin durch das Arbeitszeitgesetz und ihre Betriebsräte geschützt. Die Anordnung bedürfe in den Unternehmen der Mitbestimmung durch die Interessenvertretung. Sollte es zu coronabedingter Mehrarbeit kommen, müsse diese ausgeglichen werden. "Im Durchschnitt darf auch weiterhin innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen nicht mehr als acht Stunden täglich gearbeitet werden", sagte die Sozialministerin. "Wir wissen um die besondere körperliche und auch psychische Belastung für viele Beschäftigte, die beruflich mit der Bewältigung dieser Pandemie konfrontiert sind."
Pflegekammer-Präsidentin: Fachkräfte werden verheizt
Die Allgemeinverfügung von vergangener Woche hatte die in der Auflösung befindliche Niedersächsische Pflegekammer auf den Plan gebracht. Sie kritisierte, dass die Politik es verschlafen habe, die medizinischen Berufe frühzeitig fit für die zweite Corona-Welle zu machen. "Jetzt sollen wieder die Beschäftigten in den systemrelevanten Berufen unter Einsatz der eigenen Gesundheit die Situation retten", sagte Noch-Präsidentin Nadya Klarmann. Fachpflegekräfte würden verheizt, das Personal aus den Berufen gedrängt.
