VIDEO: Polizeipräsident: "Videoaufnahmen werden ausgewertet" (1 Min)

Fall Lorenz A.: Polizeipräsident offen für Debatte über Bodycam-Pflicht

Stand: 08.05.2025 15:12 Uhr

Der Präsident des Landespolizeipräsidiums Axel Brockmann hat die niedersächsischen Abgeordneten über die Ermittlungen im Fall Lorenz A. informiert. Der 21-jährige Schwarze war in Oldenburg durch Polizeischüsse ums Leben gekommen.

von Mandy Sarti

Brockmann zeigte sich am Donnerstag im Innenausschuss offen, über verpflichtende Bodycams für Einsatzkräfte nachzudenken. "Wir verschließen nicht die Augen", sagte der Landespolizeipräsident. Die weiteren Ermittlungsergebnisse im Fall von Lorenz A. würden in diese Abwägung mit einfließen. Brockmann unterrichtete die Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages über den Einsatz in der Nacht zu Ostersonntag in Oldenburg, bei dem der 21-jährige Lorenz A. durch Polizeischüsse getötet wurde. Schon kurz nach dem Vorfall hatte es unter anderem in sozialen Medien Rassismusvorwürfe gegen den Polizeibeamten gegeben - weil Lorenz A. schwarz war.

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Der Polizeipräsident sagte zu Beginn der Sitzung, an der es großes öffentliches Interesse gab: "Mein Bedauern und mein tiefes Mitgefühl richtet sich an die Angehörigen." Auch bei den Einsatzkräften hätte die Nacht tiefe Spuren hinterlassen. Brockmann versicherte, dass die Ermittlungen "objektiv und neutral geführt werden". Gegen den Polizeibeamten, der geschossen haben soll, laufen derzeit Ermittlungen. Der Polizeipräsident verteidigte den Entschluss, dass die Polizeiinspektion Delmenhorst in dem Fall ermittelt. In den vergangenen Wochen gab es Kritik an dem Vorgehen, denn die Inspektion gehört wie die Dienststelle des beschuldigten Beamten zur Polizeidirektion Oldenburg.

Brockmann: Schusswaffe immer das "letzte Mittel"

Brockmann äußerte sich im Ausschuss dazu, wann Polizistinnen und Polizisten die Schusswaffe einsetzen dürfen. Dies sei nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Und müsse immer das "letzte Mittel" sein. "Das Zwangsmittel gilt es zu vermeiden", sagte der Polizeipräsident. Auch kritische Situationen sollten mit Gesprächen gelöst werden. Der Polizeipräsident machte auch deutlich, dass Schusswaffen nur selten eingesetzt würden: Laut Schusswaffenstatistik gab es in den vergangenen zehn Jahren pro Jahr zwischen zwei und sechs Einsätze in Niedersachsen. In der Nacht zu Ostersonntag hatte der Polizist fünf Schüsse abgegeben, drei trafen Lorenz A. von hinten. Die Anzahl wurde anschließend als hoch bewertet. Für Brockmann erkläre sich die hohe Zahl der Schüsse des Polizeibeamten damit, "dass er sich in ein einer Notsituation befunden hat".

Justizministerium: Derzeit keine Anhaltspunkte für rassistische Motivation

Neben dem Landespolizeipräsidenten äußerte sich am Vormittag auch Martin Speyer, Referatsleiter im Justizministerium, zum Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den beschuldigten Polizeibeamten. Speyer sagte mit Blick auf den derzeitigen Ermittlungsstand: "Dass hier Anhaltspunkte für eine rassistische Motivation zugrunde liegen, ist nicht erkennbar." Der Streifenpartner des beschuldigten Polizisten habe ausgesagt, dass Lorenz A. trotz der Aufforderung stehen zu bleiben auf die beiden Einsatzkräfte zugelaufen sei, außerdem habe er in seinen Taschen gewühlt. Die Schüsse seien abgegeben worden, als er an dem Polizeiauto vorbeilaufen wollte. Warum aber Lorenz A. von hinten getroffen wurde, das wurde auch an diesem Donnerstag nicht klar.

Handy des beschuldigten Polizisten wird ausgewertet

Die Ermittlungen in dem Fall laufen weiter. Das Landeskriminalamt wertet im Moment drei Videos aus. Ziel: Die Geschehnisse der Nacht genau zu rekonstruieren. Außerdem werde nach Schmauchspuren an der Kleidung von Lorenz A. gesucht, um Aufschluss darüber zu bekommen, aus welcher Entfernung die Schüsse abgegeben wurden. Auch der Schusswinkel soll bestimmt werden. Darüber hinaus wird das Handy des beschuldigten Polizeibeamten ausgewertet.

Abgeordnete fordern lückenlose Aufklärung

André Bock, innenpolitischer Sprecher der CDU, machte am Vormittag deutlich, es gelte weiter die Unschuldsvermutung. Nicht nur für Lorenz A., sondern auch für den Polizeibeamten. Er forderte, die Emotionen in dem Fall zurückzustellen und sachlich in alle Richtungen zu ermitteln. Die Rassismusvorwürfe gegen den Beamten seien nicht haltbar. Dejanbou Diallo-Hartmann, Mitglied der Grünen der Kommission für Migration und Teilhabe, machte deutlich: Es brauche eine gründliche Aufklärung, damit das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht verloren geht.

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