Ostermarsch: Käßmann fordert Waffenstillstand in der Ukraine

Stand: 08.04.2023 16:30 Uhr

In Niedersachsen und Bremen waren am Samstag zwölf Ostermärsche geplant. Im Fokus stand der Krieg in der Ukraine. In Hannover sprach sich Margot Käßmann für einen Waffenstillstand aus.

Die bekannte Theologin Käßmann forderte zudem ein Ende der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine: "Wir wollen nicht, dass die Eskalation weitergetrieben wird und noch mehr Waffen in das Kriegsgebiet geliefert werden. Denn mit diesen Waffenlieferungen werden wir mitverantwortlich für all die Toten." Die frühere evangelische Landesbischöfin spricht sich schon länger nachdrücklich für Frieden in der Ukraine aus.

Ostermarsch in Hannover mit etwa 1.100 Teilnehmenden

Wie die Polizei dem NDR in Niedersachsen mitteilte, nahmen etwa 1.100 Menschen in Hannover an der Demonstration durch die Innenstadt teil. Sie forderten eine gewaltfreie Konfliktlösung und sofortige Verhandlungen im Ukraine-Krieg. "Wenn hier nicht ein glasklares Stoppschild gesetzt wird, werden die Nato-Staaten zur Kriegspartei", sagte Käßmann unter Applaus. "Dann liefern wir Kampfbomber, Kriegsschiffe, vielleicht gar Soldaten und stehen am Rande eines dritten Weltkriegs, der auch mit atomaren Waffen geführt wird. Diese Eskalationsspirale muss sofort beendet werden", so Käßmann.

Ukrainerin kritisiert Forderungen der Teilnehmenden

Weiter ergänzte die Theologin: "Wir sind keine Putin-Versteher. Wir wissen, dass Putin der Aggressor ist. Trotzdem meinen wir, dass es keinen Frieden bringen wird, wenn wir immer mehr Waffen in das Kriegsgebiet liefern." Auch für die Menschen in der Ukraine sei es wichtig, " dass die Waffen schweigen und es Verhandlungen gibt", so Käßmann. Mariya Maksymtsiv von der ukrainischen Gemeinde Hannover sieht das jedoch anders. "Ich finde das nicht ok. Wir brauchen die Waffen. Wir brauchen die Waffen für unser Land, denn wir möchten uns schützen. Wir können nicht nur beobachten, wie die Anderen uns angreifen", sagte sie am Samstag in Hannover. "Das macht mich wütend. Sollen wir als das ukrainische Volk nur zugucken und beobachten, wie die uns umbringen?"

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Friedensveranstaltung bei Rheinmetall

Eine weitere Aktion begann um 11 Uhr in Unterlüß im Landkreis Celle. Der Ort wurde nicht zufällig gewählt: Hier produziert der Rüstungskonzern Rheinmetall. Zu der "Friedensveranstaltung" im Bürgerpark kamen rund 60 Teilnehmende. Ein klassischer Ostermarsch sei dies nicht, hieß es: Gemeinsam wollte man über gewaltfreie Alternativen zur militärischen Verteidigung diskutieren, so die Veranstalter. Zunächst sollte es einige Vorträge geben, anschließend sollten die Teilnehmenden sich einer von vier Diskussionsrunden anschließen können.

Aktionen für Frieden von Emden bis Göttingen

Die Friedensbewegung rief am Karsamstag außerdem in Braunschweig, Emden, Göttingen, Goslar, Oldenburg, Osnabrück und Wolfsburg zu Demonstrationen auf. In Bremen und Bremerhaven gab es ebenfalls Ostermärsche. In Bremen nahmen etwa 1.000 Menschen teil, in Braunschweig waren es 200 und in Osnabrück 80. In Hannover, Oldenburg und Osnabrück stehen die Veranstaltungen unter dem gleichen Motto: "Den Frieden gewinnen - nicht den Krieg".

Bundesweit mehr als 100 Ostermärsche

Bundesweit gab es am Karsamstag mehr als 100 Aktionen. Vielfach ging es um die Forderung nach einem Waffenstillstand und der Aufnahme von Friedensverhandlungen. Das teilte das Netzwerk Friedenskooperative aus Bonn mit. Das Netzwerk fordert, dass die Bundesregierung sich aktiver für Frieden einsetzt und diplomatische Initiativen startet. Die Gefahr durch Atomwaffen war ebenfalls Thema bei den Ostermärschen.

Button mit dem kreisförmigen Friedenssymbol. © picture-alliance / dpa Foto: Kay Nietfeld
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Erster deutscher Ostermarsch: 1960 in der Lüneburger Heide

Ihren Ursprung haben die Ostermärsche in Großbritannien, wo sie Ende der 1950er-Jahre begannen. Den ersten Ostermarsch in Deutschland gab es 1960 in der Lüneburger Heide. Hunderttausende gingen Anfang der 80er-Jahre auf die Straße - das war die Hochzeit der Friedensbewegung. Zuletzt waren die Märsche deutlich kleiner, erlebten aber wegen aktueller Krisen immer wieder neuen Zulauf. Das gilt insbesondere für den Krieg in der Ukraine, die Diskussion um deutsche Waffenlieferungen und die Frage, wie die Bundesregierung sich in dieser Auseinandersetzung verhalten sollte.

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Zahlreiche Menschen nehmen an einem Ostermarsch in der Innenstadt von Hannover teil. © NDR Foto: Marlene Obst
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Hallo Niedersachsen | 08.04.2023 | 19:30 Uhr

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