Immer mehr Gewalt und Pornografie auf Kinder-Handys
Eigentlich träge Anke Hamker Zivil, aber wenn die Polizeibeamtin eine Schule besucht, greift sie zur Uniform und auch die Waffe hängt an ihrem Gürtel.
Es gehe ihr nicht darum, den Kinder Angst zu machen, aber sie sollen erkennen, dass eine echte Polizistin mit ihnen spricht und auch dass es um ein ernstes Thema geht, sagt die Präventionsbeamtin der Polizeiinspektion Osnabrück. Dabei helfe die Uniform und auch die Waffe. Tötungsvideos, verfassungsfeindliche Symbole und Pornografie, darunter oft Kinderpornografie, all das finden Beamte auf Handys von unter 14-Jährigen. Oft werden diese Bilder oder Videos in Chats oder auch Gruppen geteilt.
Zahl der Tatverdächtigen steigt dramatisch
Der Jugendbericht des LKA zeigt, dass die Anzahl der Tatverdächtigen unter 14 Jahren steigt. Im Bereich der Verbreitung von pornographischen Schriften von 2016 auf 2020 um fast 420 Prozent. Davon betreffen ungefähr zwei Drittel den Bereich Kinderpornographie. Thomas Klinge von der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Kinderpornografie in Hannover weiß, dass sich viele der Kinder überhaupt keine Gedanken machen, was sie da verschicken und was es bedeute, wenn sie Bilder von gequälten Mädchen oder auch Jungen weiterleiten. "Wir haben schon ganze Klassen aufgesucht, bei denen solche Bilder in den Klassenchats kursierten, und erst wenn wir dann die Handys einkassierten, erst dann verstehen einige, was sie getan haben."
Textnachrichten von Unbekannten
Die Polizistin Anke Hamker ist in der 5a des Ratsgynamsiums Osnabrück zu Besuch. Mit dem Wechsel aufs Gymnasium haben hier fast alle Kinder ein Smartphone bekommen. WhatsApp fehlt auf keinem der Geräte. Auch ein Klassengruppenchat ist eingerichtet. Mit Spielen und Filmen versucht Hamker die Kinder für die Gefahren zu sensibilisieren. Die meisten Schüler der Klasse hatten noch keine schlechten Erfahrungen mit ihrem Smartphone. Doch ein paar Kinder berichten von seltsamen Bildern oder Textnachrichten von Unbekannten, die nach Fotos fragten.
Die krankhafte Mediennutzung nimmt zu
In diesem Jahre mussten wegen Corona viele Schulen schließen. Das führte zu einem höheren Medienkonsum der Kinder, wie eine Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zeigt. Im Bereich der sozialen Medien stieg die krankhafte Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen um 44 Prozent. Die Polizeibeamtin Anke Hamker spürt das, denn die Präventionsangebote werden stärker nachgefragt. Sie erhalte viel mehr Anfragen als zuvor, gerade auch von jüngeren Klassenstufen.
Die betroffenen Kinder werden immer jünger
Das kann auch die Beratungslehrerin des Ratsgymnasiums, Zita Kantus, bestätigen. Der Präventionsunterricht sei zunächst im Jahrgang sieben gestartet, dann habe man Jahrgang sechs mit einbezogen und nun sei man im fünften Jahrgang angekommen "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in zwei, drei Jahren vielleicht auch schon eher diese Prävention in den Grundschulen sehen müssen, weil auch dann dort die Kinder ihre Handys haben. Und die können einfach viel schneller mit der Technik umgehen und finden die Möglichkeiten eher als jeder Jahrgang vorher. Und dann müssen Schulen reagieren."
Eltern sollen sich einbringen
Kantus fordert aber auch, dass sich die Eltern der Kinder mehr einbringen müssen. "Vor vier Jahren waren vielleicht 80 Eltern auf einem Elternabend mit dem Thema Smartphones. Jetzt sind es vielleicht noch 30 Prozent, die da erscheinen. Und ich glaube, das ist ein fataler Irrtum, denn es tut sich in der Medienwelt ständig etwas."
