Entlastungspaket: Geteilte Meinungen zum Programm des Bundes
Das neue Entlastungspaket wird unterschiedlich bewertet: Wirtschafts- und Finanzminister, die Linken und die Landesarmutskonferenz üben Kritik, Lob gibt es von der IG BCE und dem Ministerpräsidenten.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte die Pläne der Ampel-Koalition in Berlin "einen großen Schritt" und eine "ganz wichtige Entscheidung". Das Gesamtvolumen in Höhe von 65 Milliarden Euro zeige, dass der Staat in dieser Krise an der Seite der Bürgerinnen und Bürger stehe. Die einmaligen Finanzspritzen für Studierende und Rentner seien besonders wichtig, so Weil. Damit werde ein Fehler aus den vergangenen Hilfsprogrammen ausgebügelt. Auch die Nachfolge-Pläne für das Neun-Euro-Ticket im ÖPNV begrüßt Weil.
Wirtschaftsminister kritisiert das Paket
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hingegen sieht das Paket kritisch, echte Entlastung sehe anders aus. "Dieses Paket wirkt tatsächlich wuchtig, aber bei näherer Prüfung bleibt es hinter den Ankündigungen und den damit geweckten Erwartungen weit zurück“, sagte der CDU-Politiker "Focus Online". Das Paket könne als Arbeitsgrundlage verstanden werden für eine echte, umfassende Entlastung, die gemeinsam mit den Ländern erarbeitet werden müsse. Ihm fehlten eine schnelle Hilfe für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für Firmen.
Kritik kommt auch vom Finanzminister
Der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) kritisiert das neue Entlastungspaket in Hinblick auf die finanzielle Belastung, die auf die Länder zukommt. Die Bundesregierung habe Maßnahmen beschlossen, die enorme Auswirkungen auf die Länderhaushalte hätten, "ohne die Länder vorab auch nur zu informieren." Das Entlastungspaket sei nicht sehr zielgerichtet und teuer. Weiter sagte der CDU-Politiker: "Die Zusammensetzung und die Finanzierung der benannten 65 Milliarden Euro ist unklar." Allein für die geplante Einführung eines bundesweiten Nahverkehrstickets erwarte der Bund, dass die Länder 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellten. - "Für Niedersachsen wären das dauerhaft vermutlich rund 150 Millionen Euro. Spielraum im Haushalt sehe ich dafür wahrlich nicht.“
IG BCE lobt Ausgewogenheit
Auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) lobte das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition. Es sei ausgewogen, hieß es. Wichtig sei, dass neben Geringverdienenden, Rentnerinnen und Rentnern sowie Studierenden auch die breite Masse der Beschäftigten entlastet werde, die ebenfalls von Inflation betroffen sei, sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis am Sonntag in Hannover. "Das ist entscheidend, um die Binnennachfrage in der aktuellen Krise zu stabilisieren."
Landesarmutskonferenz: Soziale Gerechtigkeit kommt zu kurz
Kritik kommt von der Landesarmutskonferenz Niedersachsen. Das Hilfsprogramm sei unzureichend für arme Menschen. Soziale Gerechtigkeit und eine angemessene Verteilung der Folgekosten der Krisen kämen "wieder zu kurz", monierte der Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz, Klaus-Dieter Gleitze, am Sonntag in Hannover. Das Neun-Euro-Folgeticket sei mit 49 bis 69 Euro im Monat für arme Menschen zu teuer, die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes von 449 auf 500 Euro viel zu niedrig.
Linke vermisst Antwort auf "dramatische Situation"
Die Partei Die Linke bezeichnete das geplante Entlastungspaket als halbherzig. "Es ist keine ausreichende Antwort auf die dramatische Situation, in die viele Menschen angesichts von Teuerungen und Inflation in den nächsten Wochen und Monaten kommen werden", sagte Jessica Kaußen, die Linke-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl. "Der angekündigte Preis für ein neues Nahverkehrsticket ist deutlich zu hoch und die Verhandlungen über die Kofinanzierung durch die Länder wird viel zu lange dauern, um schnell ein ordentliches Angebot zu haben."