Planten un Blomen: Vom Grünen Wallring zum Park
Einst errichtet, um den Feind abzuwehren, sollen die Wallanlagen in Hamburg im 19. Jahrhundert zur Begegnungsstätte der Bürger aller Stände werden. Die Stadt beauftragt den Kunstgärtner Isaak Altmann 1820 damit, die einstige Stadtbefestigung in eine grüne Oase umzugestalten. Nur wenige Monate später wird in Höhe des Dammtors die erste Platane gepflanzt - die noch heute steht. Bis 1837 entsteht ein Landschaftspark mit verschiedenen Bildungsangeboten - und die wechselvolle Geschichte des heutigen Parks Planten un Blomen vom Zoo über einen Vergnügungspark nimmt an Fahrt auf.

In direkter Nachbarschaft zum nun grünen Wallring befindet sich hinter dem früheren Dammtor außerhalb der Wallanlagen bereits seit 1793 ein Friedhof. 1879 wird er geschlossen, die Beigesetzten nach Ohlsdorf auf den neuen Friedhof umgebettet. Zwischen den alten Gräbern übernimmt wild wuchernde Wildnis wieder die Herrschaft.
Zoo und Vergnügungspark bringen keinen Erfolg
Nördlich dieses alten Friedhofs eröffnet 1863 ein Zoologischer Garten. "In dieser Weltabgeschiedenheit, vom Großstadtverkehr wie von einer fernen Brandung umrauscht, die ab und an durchborsten wurde vom Gebrüll eines Löwen oder Tigers und dem Schrei großer Raubvögel, sind meine ersten hilflosen Gedichte entstanden", erinnert sich der Altonaer Dichter Hans Leip. Der Schöpfer des Liedes "Lili Marleen" spaziert Anfang des 20. Jahrhunderts gern durch die Anlage.
Doch der Zoo kann sich auf Dauer nicht halten, die Konkurrenz durch den modernen Tierpark Hagenbeck ist zu groß. 1930 schließt er, ein Vogel- und Volkspark tritt an seine Stelle. Trotz Attraktionen wie einer Eisenbahn, einer Achterbahn und einer Motorbootbahn hat auch er in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten wenig Erfolg.
Die niederdeutsche Gartenschau zeigt "Planten un Blomen"

1934 beschließt der nationalsozialistische Senat, das Gelände komplett neu herzurichten und dort unter dem Namen "Planten un Blomen" (plattdeutsch für "Pflanzen und Blumen") eine Niederdeutsche Gartenschau zu veranstalten. Die Neugestaltung ist zunächst ein großes Arbeitsbeschaffungsprogramm: Rund 1.800 Arbeitskräfte schuften in Spitzenzeiten auf dem Gelände, sie bewegen rund 150.000 Kubikmeter Boden. Bewusst verzichtet man auf Maschinen, um möglichst viele Erwerbslose in Arbeit zu bringen und so die Arbeitslosenstatistiken für Hamburg zu verbessern.
Zwischen Gartenarchitektur und völkischer Erholung
Die gartenarchitektonische Gestaltung liegt in Händen des damaligen Baurats Hans Meding und seines Mitarbeiters, dem Gartengestalter Karl Plomin. Er drückt der Anlage seinen noch heute - etwa in der großen Wasserkaskade - erkennbaren Stempel auf. Viele Teile der Anlage sind damals hochmodern, so etwa der Orchideenpavillon oder der aus Glas und Beton erbaute Musikpavillon. Andere entsprechen eher den nationalsozialistischen Vorstellungen völkischer Erholung und Parkgestaltung, wie etwa der Nachbau eines reetgedeckten Bauernhauses als Restaurant.
Nach der Niederdeutschen Gartenschau wird der neue Park weiter gepflegt und ausgebaut. 1936 bekommt er eine Eisbahn, 1938 eine Leuchtfontäne als Vorläufer der ersten Wasserorgel. Noch 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, eröffnet eine Blumenschau - sie soll die Moral der Bürger stärken und sie auf bessere Zeiten nach dem Krieg einstimmen. So dient Planten un Blomen bis zu den Bombenangriffen 1943, die auch mehrere Gebäude im Park zerstören, auch einem politischen Zweck.
IGA 1953: Ein Park wird wieder aufgebaut
Nach dem Krieg liegt Hamburg wirtschaftlich am Boden. Der Wiederaufbau des Parks hat zunächst keine Priorität. Doch Bürgermeister Max Brauer wirbt entschieden für "das so wirksam heilende Grün". Er setzt durch, dass die Internationale Gartenausstellung (IGA) 1953 auf dem Gelände von Planten un Blomen stattfindet. Damit knüpft er an eine Tradition an - schließlich hat Hamburg seit 1869 bereits mehrere Internationale Gartenschauen ausgerichtet.
IGA-Highlights 1953: Eine Wasserorgel und ein Aussichtsturm

Die künstlerische Gesamtleitung der IGA 1953 übernimmt erneut Gartenarchitekt Karl Plomin, der bereits die Gartenschau von 1935 mitgeplant hatte. Plomin sorgt dafür, dass die ursprüngliche Gestaltung weitgehend erhalten bleibt. Neu hinzu kommt der Philippsturm, ein 36 Meter hoher gläserner Aussichtsturm, der 1971 wieder abgebaut wird. Die IGA 1953 ist ein Riesenerfolg: Rund fünf Millionen Menschen besuchen die Gartenschau. Besondere Attraktion sind die Wasserorgelkonzerte. Bis heute finden sie im Sommer allabendlich statt.
5,4 Millionen Menschen besuchen die IGA 1963
Zehn Jahre später, 1963, eröffnet erneut eine IGA auf dem Parkgelände von Planten un Blomen. Wieder ist Karl Plomin an der Planung beteiligt. Er legt die Mittelmeerterrassen und die großen Schaugewächshäuser an. Sie entstehen dort, wo bislang der Botanische Garten lag, der nun nach Klein Flottbek umgesiedelt wird. Als neue Parkflächen kommen die Wallanlagen hinzu. Auch die IGA 1963 verläuft sehr erfolgreich: Mit 5,4 Millionen Besuchern kommen sogar noch mehr Menschen als zehn Jahre zuvor.
Platten und Beton statt Planten un Blomen?
1973 findet erneut eine IGA in Hamburg statt, wieder in Planten un Blomen. Diesmal verfolgen die Hamburger die Schau mit großer Skepsis, denn der Park soll stark umgestaltet werden. Planten un Blomen, der Alte Botanischer Garten und die Wallanlagen werden zu einem Ausstellungsgelände zusammengefasst. Dafür muss die Marseiller Straße tiefer gelegt werden, sie erhält einen breiten Fußgängerübergang. Viel Platz beanspruchen der Neubau des Congress Centrums Hamburg (CCH) und des SAS-Hotelhochhauses, die am ehemaligen Eingang zum Park entstehen. Vielen Hamburgern ist das zu viel. Statt Planten un Blomen nennen sie ihren geliebten Park nur noch "Platten und Beton". Auch finanziell ist die IGA 1973 kein Erfolg - ein weiterer Grund dafür, dass sie 40 Jahre lang die letzte Internationale Gartenausstellung in Hamburg bleibt.
Noch immer beliebt: Bullerberge und Eisbahn

Ein sichtbares Relikt der 70er-Jahre-Ästhetik der IGA 1973 sind die "Bullerberge", ein gelb-braunes Kunststoffgebirge zum Rutschen und Klettern, das bis heute bei Kindern sehr beliebt ist. Auch die Eisbahn an ihrem heutigen Standort in den Wallanlagen stammt aus dieser Zeit. Ein Vorläufer war bereits 1936 an anderer Stelle angelegt worden.
Teehaus und Rosengarten: Die Umgestaltung geht weiter
Doch auch ohne Gartenschauen geht die künstlerische Umgestaltung von Planten un Blomen weiter. 1990 zieht der Fujiyama in den Park - als Miniaturberg für den Japanischen Garten. Ein Teehaus gehört ebenfalls zu der Anlage. Bis heute schenken dort regelmäßig "Tee-Meisterinnen" aus Japan Grünen Tee aus und zelebrieren die asiatische Teehauskultur. Der überdachte Messegang und der Rosengarten folgen 1993. Eine weitere Veränderung ist die Sanierung des Alten Botanischen Gartens 2013 nach historischem Vorbild.
Eine grüne Oase mitten im Zentrum
Eine Parkanlage, viele Gesichter: Trotz der vielfachen Veränderungen hat sich Hamburgs Innenstadt-Oase ihren Charme bewahrt und gehört für viele Hamburger zu den Lieblingsplätzen ihrer Stadt. Ob Geschäftsleute oder Familien mit Kindern, Sportler oder botanisch Interessierte: In Planten un Blomen finden sie alle ein Stückchen grüne Erholung inmitten der Großstadt.
200 Jahre Wallring: Wegen Corona feiert Planten un Blomen digital
Wegen der umfassenden Kontaktbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie verlegt der Park sein Juliämumsjahr in Teilen ins Internet und bietet auf seiner Website unter anderem Podcasts und Filme zur Parkgeschichte an. Andere geplante Aktionen wie ein Park-Picknick-Fest, Filmabende, Rundgänge und eine Ausstellung sollen zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Karte: Der Park Planten un Blomen
