Eine alte Frau stützt mit der Hand ihren Kopf ab. © picture alliance Foto: Patrick Pleul

Demenz-Test: Forscher arbeiten an Früherkennung

Sendedatum: 11.01.2022 20:15 Uhr

Tests zur Früherkennung von Demenz können ein erhöhtes Demenzrisiko frühzeitig erkennen, zum Teil bevor die Krankheit ihre Spuren im Gehirn hinterlässt.

Demenz ist ein Oberbegriff für Erkrankungen, die mit dem Verlust von geistigen Fähigkeiten wie Denken, Erinnern oder Orientierung einhergehen. Im Moment kommt die Diagnose meist sehr spät, und da es noch keine wirksamen Medikamente gegen die Krankheit gibt - ihr Verlauf lässt sich allenfalls für eine gewisse Zeit aufhalten - kommen vorbeugenden Maßnahmen wie ein gesunder, geistig und körperlich aktiver Lebensstil umso größere Bedeutung zu.

Mit Demenz-Früherkennungstests kann festgestellt werden, ob es sich um eine altersgemäße Entwicklung oder um eine beginnende Erkrankung handelt. Nachweisen wollen Göttinger Forscher das künftig mit einem einfachen Blut-Test (lateral flow test), ähnlich einem Antigen-Schnelltest oder einem Blutzucker-Test - und das schon lange, bevor erste Symptome einer Demenz auftreten.

Mikro-RNA-Moleküle als Marker

Unser Gehirn ist Speicher für Informationen, Sitz des Bewusstseins und Schaltzentrale für die Koordination komplexer Verhaltensweisen. Mikro-RNA-Moleküle sorgen dafür, dass die Zellen sich untereinander austauschen - nicht nur im Gehirn, sondern auch in anderen Organen. Deshalb sind die Mikro-RNAs im Blut nachweisbar. Zudem werden sie vom Körper nicht abgebaut, sind also gut zu messen.

 

Die Mikro-RNA-Moleküle sorgen dafür, dass die Zellen im Gleichgewicht sind: Wenn unser Gehirn gewissen Reizen ausgesetzt ist, dann reagiert es darauf. Bestimmte Vorgänge werden aktiviert und deaktiviert. Hier spielen die Mikro-RNA-Moleküle eine wesentliche Rolle. Wenn es nun krankheitsbedingte Veränderungen gibt, wird dieses Gleichgewicht gestört, das kann gemessen werden.

Entzündliche Prozesse im Gehirn

Drei spezielle Mikro-RNAs haben die Göttinger Forscher dabei als besonders aussagekräftig ausgemacht - so können Rückschlüsse auf folgende Faktoren gezogen werden:

  • Entzündliche Prozesse im Gehirn
  • Untergang von Nervenzellen
  • verminderte Interaktion zwischen Nervenzellen

Rechtzeitige Diagnose: Demenz früh erkennen

Das Ziel der Göttinger Forschergruppe: Menschen mit einem erhöhten Risiko für eine Demenz möglichst früh zu erkennen, bevor die Krankheit ihre Spuren im Gehirn hinterlässt - unumkehrbar und mit gravierenden Folgen für Betroffene und Angehörige.

Demenz erkennen mit neuropsychologischen Tests

Welche Formen der Demenz-Diagnose werden momentan eingesetzt? Mit neuropsychologische Tests versuchen Medizinerinnen und Mediziner zunächst, die Stellen im Gehirn zu identifizieren, bei denen es zu Störungen kommt. Gibt es Hinweis auf eine leichte kognitive Beeinträchtigung ist dies noch keine Erkrankung, das Risiko für eine Demenz aber stark erhöht: Innerhalb von fünf Jahren erkranken 80 Prozent der Betroffenen.

Veränderungen der Hirnstrukturen durch MRT erkennen

Um abzuklären, ob es bereits nennenswerte Veränderungen der Hirnstrukturen gibt, wird bei Menschen, die über mehrere Monate Gedächtnisprobleme oder Wortfindungsstörungen haben, dann ein MRT gemacht. In Verbindung mit einer Anamnese, den neuropsychiologischen Tests und einer normalen Blutuntersuchung lässt sich dann in 95 Prozent der Fälle lässt sich danach eine Diagnose stellen. Bei den restlichen fünf Prozent bedarf es einer noch spezielleren Abklärung.

Plaques: Eiweiß-Moleküle im Gehirn

Bei einer Alzheimer-Demenz - der häufigsten Demenzform - lagern sich typischerweise Eiweiß-Moleküle im Gehirn ab, die bei Gesunden abtransportiert werden, und verklumpen zu sogenannten Plaques. Die These: Der Eiweißmüll behindert die Stoffwechselprozesse zwischen den Nervenzellen. Diese Eiweißmoleküle finden sich nicht nur im Gehirn, sondern auch im Nervenwasser, es bietet ein Spiegelbild der Veränderungen im Gehirn. Um es zu gewinnen, muss eine Lumbalpunktion vorgenommen werden - dabei wird eine kleine Menge Flüssigkeit aus dem Wirbelkanal entnommen und im Labor analysiert. Lassen sich die Biomarker im Nervenwasser nachweisen, kann die Diagnose Alzheimer gestellt werden.

Positronen-Emissions-Tomografie

Eine andere Möglichkeit: eine Positronen-Emissions-Tomografie, kurz PET. Dabei wird den Patientinnen und Patienten eine leicht radioaktive Flüssigkeit gespritzt, die sich an die Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn bindet und sie so sichtbar macht.

Alzheimer ist nicht heilbar

Aber auch eine gute Diagnostik kann nichts daran ändern, dass Alzheimer nicht heilbar ist. Auch nach 30 Jahren Forschung sind bislang keine wirklich effektiven Medikamente auf dem Markt.

Diabetes, Übergewicht und Blutdruck beeinflussen Demenz

In der Medizin ist bekannt, dass die Entwicklung und der Verlauf einer Demenz durch Faktoren wie Diabetes mellitus, Übergewicht, Bluthochdruck, aber auch Depressionen und Schwerhörigkeit beeinflusst werden. Die Ärzte setzten deshalb vor allem auf Prävention. Es gibt eine ganze Reihe von Studien, die zeigen, dass verschiedene Maßnahmen positiv gegen Demenz auswirken.

Lebenslang relevant:

  • Gesunde Ernährung
  • Gute Bildung

Schon vom mittleren Lebensalter an relevant:

  • gut hören können
  • normaler Blutdruck
  • Alkohol nur in Maßen
  • Normalgewicht

Ab dem fortgeschrittenen Lebensalter besonders relevant:

  • nicht rauchen
  • keine Depression
  • regelmäßig soziale und gesellschaftliche Kontakte
  • körperliche Aktivität
  • saubere Umgebungsluft
  • Vermeidung von Diabetes

Experten zum Thema

Univ.-Prof. Dr. Richard Dodel, Geriatrie-Zentrum Haus Berge

Chefarzt
Geriatrie-Zentrum Haus Berge
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Visite | 11.01.2022 | 20:15 Uhr

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