Stand: 08.04.2020 16:20 Uhr

Covid-19-Symptome: Riechen und Schmecken gestört

Zeichnung von mehreren Coronaviren. © panthermedia Foto: lightsource
Das Coronavirus beeinträchtigt bei einigen Erkrankten das Riechen und Schmecken.

Zu den typischen Symptomen der Krankheit Covid-19 gehören Fieber, Halsschmerzen, extreme Rückenschmerzen, Husten, Brustschmerzen und extreme körperliche Schwäche. Auffallend häufig tritt im Verlauf der Erkrankung ein weiteres Symptom auf: Viele Betroffene verlieren über Tage ihren Geruchs- und Geschmackssinn.

Riechen und Schmecken tagelang gestört

In einer aktuellen Studie aus Belgien an 417 Erkrankten, die eine leichte Form von Covid-19 durchlebten, berichteten 86 Prozent der Befragten von einer Beeinträchtigung ihres Geruchssinns, 88 Prozent hatten ihren Geschmackssinn verloren. Bei den meisten verschwanden die Symptome nach zwei Wochen wieder vollständig. In einigen Fällen war der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns sogar das einzige Symptom der Erkrankung. Anders als bei anderen Erkältungskrankheiten schmecken und riechen die Betroffenen häufig tagelang gar nichts mehr - ohne, dass die Nase zugeschwollen ist.

Nervenbeteiligung bei Coronavirus-Infektion unterschätzt?

Neurologen vermuten, dass die Beeinträchtigungen des Geschmacks- und Geruchssinns durch einen Angriff der Coronaviren auf die Nerven ausgelöst werden könnten - ein Aspekt, der bei Covid-19 bislang möglicherweise unterschätzt wurde.

Dabei ist der Gedanke naheliegend: Die mit dem neuartigen Virus verwandten gefährlichen Coronaviren Sars-CoV und Mers-CoV hatten ebenfalls die Nerven angegriffen.

Der Erreger Sars-CoV von 2002 und das neue Sars-CoV-2 sind sich sehr ähnlich. Sie gelangen über denselben Rezeptor in die Zelle. Und so liegt es nahe, dass auch bei Covid-19 einige Symptome auf eine neurologische Ursache zurückzuführen sein könnten. Bewiesen ist das allerdings noch nicht.

Erkrankte berichten von "Halluzinationen"

Einige Erkrankte berichten von regelrechten Sinnestäuschungen (Halluzinationen): Sie riechen zum Beispiel plötzlich Dinge, die gar nicht da sind - wie Eiter oder gebratenen Speck. Ein mögliche Erklärung dafür sind Störungen im Riechzentrum. Bei Sars-CoV, dem Vorgänger des neuartigen Sars-CoV-2, fanden Forscher in Tierversuchen heraus, dass die Viren über Nervenenden in der Nasenschleimhaut und den Riechnerv bis ins Riechzentrum des Gehirns vordringen.

Angriff auf das Atemzentrum im Gehirn?

Sars-CoV griff nicht nur das Riechzentrum, sondern auch den Hirnstamm und damit das Atemzentrum an. Experten vermuten, dass bei einigen Covid-19-Erkrankten das plötzliche Lungenversagen auf eine Störung des Hirnstamms zurückzuführen sein könnte. Die Viren könnten von der Lunge über das Rückenmark bis ins Gehirn vordringen und im Atemzentrum einen Atemstillstand auslösen.

Bei Studien mit Mers-CoV fiel auf, dass auch Tiere an Lungenversagen starben, die zuvor keine Symptome in den Atemwegen aufgewiesen hatten. Die Viren fanden sich bei diesen Tieren nur im Gehirn, aber nicht in der Lunge. Das war ein eindeutiges Zeichen, dass die Viren über das Nervensystem angegriffen hatten.

Lungenversagen bei Covid-19 verhindern

Auch bei Covid-19 kommt es immer wieder zu Fällen von akutem Lungenversagen. Ob bei Betroffenen auch der Hirnstamm an der Erkrankung beteiligt ist, können Ärzte derzeit nicht untersuchen, da die Erkrankten auf Isolierstationen behandelt werden und nicht zur dafür benötigten Kernspintomographie gebracht werden können.

Wie groß die Auswirkungen von Covid-19 auf das Nervensystem ist, muss noch erforscht werden. Wissenschaftler hoffen, bald einen sogenannten Marker zu finden, mit dem sie das Virus im Gewebe von Verstorbenen nachweisen können.

Nervenbeteiligung bei Covid-19: Folgen für die Behandlung

Eine nachgewiesene Beteiligung der Nerven bei einer Covid-19-Erkrankung hätte entscheidende Folgen für die Therapie. Bisher entscheiden Ärzte allein anhand des Zustands der Lunge darüber, ob ein Erkrankter beatmet werden muss oder nicht. Wenn die Lunge unauffällig erscheint, der Hirnstamm aber angegriffen ist, könnte es jedoch fatal sein, die Betroffenen nicht mehr zu beatmen.

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Experten zum Thema

Prof. Dr. Christian Gerloff, Direktor
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Kopf-Neurozentrum
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
www.uke.de

Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
Reinhardtstraße 27 c
10117 Berlin
www.dgn.org

Prof. Dr. Marylyn Addo
Leiterin Sektion Infektiologie
I. Medizinische Klinik und Poliklinik
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
www.uke.de

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Visite | 07.04.2020 | 20:15 Uhr

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