Senkung der Mehrwertsteuer: Was bringt's?

Von Juli an wird nach dem Plan der Bundesregierung weniger Mehrwertsteuer fällig: Sie soll für ein halbes Jahr von 19 auf 16 Prozent sinken, beim ermäßigten Satz von 7 auf 5 Prozent. Das soll die Wirtschaft ankurbeln, die durch die Corona-Krise stark gelitten hat. Doch was bringt die Senkung wirklich - und bedeutet sie auch niedrigere Preise für Kunden? In zahlreichen Branchen lautet die Antwort: Nein. Das liegt unter anderem daran, dass die Anpassung der einzelnen Preise enorm aufwendig wäre.
Gastronomie: Senkung weiterzugeben, lohnt sich nicht
Da sind zum Beispiel die Gastronomen und Hoteliers: Viele von ihnen wollen die gesunkene Mehrwertsteuer nicht an die Kunden weitergeben, berichtet NDR 1 Niedersachsen. Das Geld solle vielmehr dazu genutzt werden, die Einnahmeverluste der vergangenen Wochen abzumildern, heißt es vom Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Niedersachsen. Neun Cent weniger für ein Bier, 30 Cent für eine Pizza: Dafür lohne es sich auch nicht, die Speisekarten umzuschreiben, sagte Vizepräsidentin Birgit Kolb-Binder.
IHK: Unternehmen haben viele Fragen
Kassensysteme umzustellen und Preise neu auszuzeichnen sei personalintensiv und teuer, sagte auch Carola Havekost, Geschäftsführerin der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer (IHK) für Tourismus und Handel. Die Kassen müssten oft von externen Firmen umgestellt werden - und im Januar dann erneut, wenn die Phase der gesenkten Mehrwertsteuer vorbei ist. Jeder Betrieb müsse selbst entscheiden, ob er die Einnahmen aus der gesunkenen Mehrwertsteuer nutzt, um Löcher zu stopfen, oder ob er das Geld an die Kunden weiterreicht. Havekost stellt dabei eine große Unsicherheit fest: In diesen Tagen hätten die Unternehmen viele Fragen, das Telefon stehe nicht still. Dabei geht es den Angaben zufolge um ganz praktische Fragen: Was wird aus Gutscheinen, aus Leasing-Verträgen oder auch aus angezahlten, aber noch nicht gelieferten Waren?
Roßmann: "Gießkannenprinzip" ist falscher Weg
Die großen Discounter-Ketten haben schon angekündigt, die Preise ab Juli zu senken, wie NDR 1 Niedersachsen weiter berichtet. Raoul Roßmann, Junior-Chef der Drogeriekette Rossmann aus Burgwedel (Region Hannover), übt im "Handelsblatt" jedoch Kritik an der Maßnahme. Von ihr werde kein wirklicher Impuls ausgehen, glaubt er. "Die Steuersenkung fördert nach dem Gießkannenprinzip, statt die Unternehmen zu stützen, die wirklich in Not sind", sagte Roßmann zudem. Sinnvoller wäre seiner Ansicht nach eine stärkere Mehrwertsteuersenkung für wirklich betroffene Branchen - und generell keine Förderung des Online-Handels.
