Das Steinkohlekraftwerk Mehrum steht vor blauem Himmel. © picture alliance / Bildagentur-online/McPhoto-Schol | Bildagentur-online/McPhoto-Scholz

Lies: Kohlekraftwerk Mehrum könnte am Netz bleiben

Stand: 21.06.2022 09:01 Uhr

Aus Russland kommt weniger Gas in Deutschland an. Das erhöht den Druck, Alternativen zu finden. Eine davon könnten Kohlekraftwerke sein, so die Pläne der Regierung. Was bedeutet das für Niedersachsen?

Die Unternehmerverbände Niedersachsen halten es für einen "klugen Schachzug", Kohlekraftwerke länger zur Stromproduktion zu nutzen. Bereits seit Monaten fordern weite Teile der Wirtschaft, angesichts des Russland-Konflikts alle Energieträger in Erwägung zu ziehen. Insbesondere energieintensive Branchen bewerten den Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne), Kohlekraftwerke möglicherweise länger am Netz zu lassen, als positives Signal.

Reservekraftwerk Mehrum könnte hochfahren

Die größte mögliche Veränderung für Niedersachsen schafft der Bund durch das neue Energie-Reserve-Gesetz. Damit könnte das im Dezember heruntergefahrene Steinkohlekraftwerk Mehrum im Landkreis Peine wieder voll in Betrieb gehen. Derzeit dient es wegen Bauarbeiten im Leitungsnetz als Reserve, die nach dem Sommer enden sollte. Laut der Geschäftsführung des Kraftwerks könnte es angesichts der Gasdrosselung durch Russland wieder in den regulären Betrieb gehen - voraussichtlich bis zum Jahr 2024 soll es ein Reservekraftwerk bleiben. Geschäftsführer Armin Fieber erklärt, dass bis dahin jeden Tag ein Anruf kommen könne mit der Ansage, dass sie in Mehrum wieder produzieren müssen: "Wir müssten also Kohle vorhalten, wir müssen sämtliches Personal vorhalten bis einschließlich März 2024. Wir müssen die Instandhaltung, alle rechtlichen Rahmenbedingungen, wiederkehrende Prüfungen, TÜV-Gutachten, solche Sachen, alles wieder auf den aktuellen Stand bringen." Zudem müsse das Unternehmen Steinkohle aus dem Ausland einkaufen.

Energieminister Lies rechnet mit längerer Laufzeit für Mehrum

Angesichts der Unsicherheiten bei der Energieversorgung rechnet auch Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) mit einer längeren Laufzeit des Kohlekraftwerks Mehrum, das teilte er am Montag in Hannover mit. "Mehrum ist das Kraftwerk in Niedersachsen, das im Grunde noch in der Reserve ist und übergangsweise genutzt wird", sagte Lies. Er gehe fest davon aus, dass das Steinkohlekraftwerk länger betrieben wird, um die Stromversorgung zu sichern und die Gaskraftwerke zu ersetzen. Er findet es zwar richtig, die Kohlekraftwerke gegebenenfalls doch länger laufen zu lassen als geplant. Allerdings räumt er ein, dass das erschütternd sei, weil dadurch wieder mehr CO2 in die Luft geblasen werde. Er glaubt, dass ein Kohleausstieg 2030 trotzdem möglich ist, spricht aber von einer enormen Herausforderung.

Grüne: "Lieber länger Kohle nutzen als in Nordsee nach Gas bohren"

Die Grünen in Niedersachsen tragen die Berliner Pläne zähneknirschend mit. Fraktionsvorsitzende Julia Willie Hamburg findet, dass es besser sei, ein Kohlekraftwerk noch etwas länger am Netz lassen, als in der Nordsee nach Gas zu bohren. Ähnlich sehen das auch die Naturschützer vom NABU. Sie sind aber skeptisch, ob wirklich alle Alternativen zur Kohle geprüft wurden.

VW will Kraftwerke womöglich länger mit Steinkohle betreiben

Volkswagen hat sich nach eigenen Angaben bereits darauf eingestellt, seine beiden Kraftwerke in Wolfsburg statt wie geplant bis Ende des Jahres eventuell erst später von Steinkohle auf Gas umzustellen. Auf Nachfrage des NDR in Niedersachsen hieß es von dem Unternehmen, es "erhalte sich die Option, für eine Übergangszeit auch weiterhin Steinkohle als Energieträger einzusetzen". Auch das Steinkohle-Kraftwerk in Braunschweig könnte etwas länger laufen - ursprünglich sollte es zur Jahresmitte außer Betrieb gehen. Die Standorte Wilhelmshaven und Hannover haben ohnehin noch mehrere Jahre Laufzeit vor sich - bislang mindestens bis zum Jahr 2026.

 

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Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 21.06.2022 | 08:00 Uhr

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