Antibiotika in vielen niedersächsischen Gewässern
In vielen Gewässern in Niedersachsen finden sich Rückstände von Antibiotika sowie multiresistente Keime. Das hat eine Gewässeruntersuchung des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum Bonn ergeben. Den Abschlussbericht der Studie hat das Umweltministerium am Donnerstag nun veröffentlicht.
Antibiotika in zwei Drittel der Proben
Insgesamt wurden 112 Proben an 80 verschiedenen Orten genommen. In zwei Drittel fanden sich Rückstände von Antibiotika. Bakterien, bei denen die Standard-Medikamente nicht mehr wirken, wurden anscheinend fast überall entdeckt. Das Land verweist auf eine bundesweite Untersuchung, die gezeigt hat, dass solche sogenannten ESBL-Bakterien in der Umwelt weit verbreitet seien. Bei Erkrankungen mit diesen Keimen stehen allerdings noch andere Mittel zur Verfügung.
Auch multiresistente Keime im Wasser
Das Land Niedersachsen hat sich deshalb bei seiner Untersuchung auf besonders problematische Keime konzentriert, bei denen weitere Antibiotika nicht mehr wirken. In mehr als der Hälfte der Proben fanden sich solche, multiresistente Keime. In fünf Fällen fanden die Wissenschaftler sogar Keime, die gegen das Reserveantibiotikum Colistin resistent sind. Dieses Notfallmedikament wird bei Menschen nur in lebensbedrohlichen Situationen eingesetzt, wenn alle anderen Antibiotika versagen. In der Geflügelmast wird es allerdings sehr häufig eingesetzt.
Untersuchung als Reaktion auf NDR Recherche
Das Umweltministerium in Niedersachsen hatte die Untersuchung als Reaktion auf Recherchen des NDR in Auftrag gegeben. Er hatte Proben aus verschiedenen Gewässern analysieren lassen. Ein Vertreter des Robert-Koch-Instituts hatte damals die Ergebnisse als "alarmierend" bezeichnet. Die Erreger seien anscheinend in der Umwelt angekommen und das in einem überraschenden Ausmaß.
Die aktuellen und umfangreicheren Proben des Landes bestätigen nun diese Ergebnisse. In der Tendenz würden die Untersuchungsergebnisse übereinstimmen, heißt es im Abschlussbericht der Studie. Das Land verweist allerdings darauf, dass auch sie nur einmalige Stichproben vorgenommen hätten, es also lediglich eine Momentaufnahme darstelle.
Keine akute Gefahr, aber Angst vor Ausbreitung
Generell sind solche Bakterien, wie sie in den Gewässern gefunden wurden, für gesunde Menschen mit einem guten Immunsystem in der Regel unproblematisch. Für vorerkrankte oder geschwächte Menschen - auch Ältere und Neugeborene - können sie aber gefährlich sein. Deshalb fürchten Ärzte, dass sich die Keime weiter ausbreiten und über verschiedene Wege etwa in Kliniken oder Pflegeheime gelangen können.
Nach Einschätzung des niedersächsischen Umweltministeriums zeigen die Ergebnisse der Untersuchung, dass es keine Hinweise auf eine Gesundheitsgefahr für die Allgemeinbevölkerung gebe, wenn die üblichen Hygieneregeln zum Schutz vor Krankheiten eingehalten würden.
Weiterer Forschungsbedarf
Es bestehe dennoch die Notwendigkeit, sich auf Bundesebene weiter intensiv mit der Thematik zu befassen, teilte das Ministerium mit. Insbesondere sei zu klären, inwieweit durch das Vorkommen und die weitere Ausbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien und Antibiotikarückständen in Gewässern mittel- bis langfristig Risiken für die Umwelt und Gesundheit bestehen, heißt es in dem Bericht.
Umweltminister Lies sagte, sowohl aus Sicht des Umwelt- als auch aus Sicht des Gesundheitsschutzes seien "jetzt dringend bundeseinheitliche Standards bezüglich der Untersuchungsmethodik und der Risikobewertung" nötig. "Klar ist, dass unsere Umwelt ein Spiegelbild des Antibiotikaeinsatzes in der Human- und Veterinärmedizin ist", so Lies. Deshalb sei ein sorgsamer Umgang mit Antibiotika erforderlich.
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