Bombenhagel auf Braunschweig
Die Bilanz ist verheerend. Als am frühen Morgen des 15. Oktober 1944 britische Flugzeuge Zehntausende Bomben auf die Braunschweiger Innenstadt abwerfen, entsteht ein Inferno. Eine Feuersbrunst wütet. Erst Tage später lässt sich der gesamte Schaden überblicken: Rund 90 Prozent der Gebäude liegen in Schutt und Asche, sind eingestürzt oder ausgebrannt. Offiziell sterben etwa 600 Menschen in den Trümmern, 80.000 sind obdachlos. Damit hat die Serie der Flächenbombardements auf deutsche Städte im Zweiten Weltkrieg auch Braunschweig erreicht.
Überleben im Bunker
Dass bei dem Angriff mit 240 Flugzeugen nicht noch mehr Zivilisten ums Leben kommen, ist den 24 öffentlichen Bunkern der Stadt zu verdanken. Dort finden Tausende Menschen Schutz, während sich über ihnen eine Feuerwalze durch die Fachwerk-Altstadt frisst. Rund 200.000 Brandbomben entfachen einen Flächenbrand, der Wind treibt das Feuer von Haus zu Haus. Als die Flugzeuge nach 20 Minuten gegen 2.45 Uhr abdrehen, haben Feuerwehr und Helfer keine Chance mehr, die Flammen zu löschen. Sie konzentrieren sich darauf, Menschen zu retten, die in überfüllten Bunkern ausharren. Dort wird die Luft knapp, doch es ist noch zu früh, die Türen zu öffnen. Erst im Schutz eines Löschwasserregens gelingt es Tausenden Eingeschlossenen den Rauchgasen und der Hitze zu entkommen.
Industrieanlagen in Visier
Bis Ende 1943 wird Braunschweig mit seinen 200.000 Einwohnern von den Luftangriffen der Alliierten kaum getroffen. Die erste schwere Attacke erschüttet die Stadt am 10. Februar 1944, etwa 250 Menschen sterben dabei. Dann folgen regelmäßig Angriffe aus der Luft. Als ein Zentrum der Flugzeugindustrie in der Nachbarschaft zu den aufstrebenden Industriestandorten Wolfsburg und Salzgitter steht Braunschweig im Focus der strategischen Pläne der Alliierten. Luftalarm gehört für die Bewohner zum Alltag. Doch Bomber, die von Beobachtungsposten im Westen Niedersachsens gemeldet werden, drehen vielfach ab, bevor sie die Stadt erreichen. Andere fliegen weiter nach Magdeburg oder Berlin.
Zivilisten werden zum Ziel
Angriffe richten sich zunächst gezielt gegen die Rüstungsindustrie. Die Innenstadt bleibt daher verschont. Erst als Briten und Amerikaner ihre Strategie ändern und versuchen, mit Flächenbombardements die Bevölkerung zu zermürben, erfolgt der verheerende Angriff auf das Fachwerkidyll im Zentrum Braunschweigs.
Der Dom bleibt erhalten
Auch vor den vielen historischen Kulturgütern macht der Krieg nicht Halt. Nur einige mächtige Steingebäude überstehen den Feuersturm. So wird der Dom zwar beschädigt, das Gewölbe stürzt aber nicht ein. Die Nationalsozialisten, die das Gotteshaus als "Nationale Weihestätte" auserkoren hatten, veranstalten dort nach der Bombennacht vom 15. Oktober ein "Heldengedenken". In der Nachkriegszeit dient der Dom Nachbargemeinden als Ersatz für deren zerstörte Kirchen.
Neubauten ersetzen Historisches
Weniger glimpflich kommt das Braunschweiger Residenzschloss davon. Der prachtvolle Bau aus der Zeit um 1840 wird weitgehend zerstört und 1960 restlos abgetragen. Einige Bauteile, etwa Säulen, lagert die Stadt ein. Seit 2006 steht das Schloss wieder - als nachgebaute Fassade mit Originalteilen, hinter der sich ein Einkaufszentrum, ein Veranstaltungszentrum und die Stadtbibliothek verbergen.
Als der Zweite Weltkrieg in Braunschweig am 12. April 1945 mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen endet, sind 35 Prozent der Wohnhäuser und jede zweite Industrieanlage zerstört.
