Stand: 06.06.2010 17:46 Uhr

Schwerin: Residenz der Herzöge

Aufbau der Schelfstadt

Die Schelfkirche in Schwerin © dpa Foto: Bernd Wüstneck
Die barocke Schelfkirche von 1713 überragt den heutigen Stadtteil Schelfstadt.

Im 18. Jahrhundert expandierte Schwerin über die Stadtmauer hinaus nach Norden auf das Gebiet des heutigen Stadtteils Schelfstadt östlich des Pfaffenteichs. Dort entstand die Neustadt mit der barocken Schelfkirche, die 1713 fertiggestellt wurde. 1769 erhielt die Schelfstadt eine eigene Verfassung, sieben Jahre später wurde ein Wohnhaus am Schelfmarkt zum Rathaus umgebaut. Erst 1832 vereinigten sich Schelfstadt und Schweriner Altstadt.

Obwohl die Einwohnerzahl Schwerins weiter stieg, entwickelte sich die Wirtschaft kaum und die Stadt galt als rückständig. Auch die Herzöge fanden Schwerin offenbar wenig attraktiv und verlegten ihren Sitz von 1756 an in das benachbarte Ludwigslust.

Ein neues Schloss für die Herzöge

Weitere Informationen
Das Schwerin Schloss, im Vordergrund der Schweriner See. © Colourbox

Schloss Schwerin: Landtag, Museum und bald Welterbe?

Das Schweriner Schloss gehört zu den schönsten in Deutschland. Besucher können die prunkvollen Räume besichtigen. mehr

1837 kehrte der Hof nach Schwerin zurück und sorgte für neuen Schwung: Repräsentative Bauten wie Marstall und Arsenal entstanden. 1842 ließ Großherzog Friedrich Franz II. bekannte Baumeister Pläne für die grundlegende Umgestaltung der Schlossinsel entwerfen, auf der Bauwerke aus verschiedenen Jahrhunderten standen. Den Zuschlag erhielt Hofbaurat Georg Adolph Demmler. Er hatte sich mit seinem Konzept an französischen Renaissanceschlössern orientiert. Vier Gebäude, die zu Residenzen aus dem 16. und 17. Jahrhundert gehörten, integrierte er in seine Planung für ein Schloss. 1857 war der Neubau vollendet: Am 26. Mai zog die großherzogliche Familie ein.

Die Stadt im Aufschwung

Blick auf Schwerin mit Pfaffenteich und Dom auf einem Foto von 1905 © picture-alliance / akg-images Foto: akg-images
Eine Postkarte von 1905 zeigt den Pfaffenteich und den Dom im Zentrum Schwerins.

Die gesamte Stadt bekam ab Mitte des 19. Jahrhunderts neue Impulse: 1847 erhielt Schwerin Anschluss an das Eisenbahnnetz, 1890 wurde das heutige Bahnhofsgebäude eingeweiht. Museum und Hoftheatergebäude am Alten Garten öffneten, Wasser- und Abwassernetze entstanden und 1886 nahm der Schlachthof seinen Betrieb auf. 1908 fuhr die erste elektrische Straßenbahn in der Stadt, ein Elektrizitätswerk am Pfaffenteich lieferte den Strom. Bauwerke aus dieser Zeit prägen bis heute das Zentrum. Dazu gehört auch das Altstädtische Rathaus am Markt, dessen Fassade im Tudorstil aus dem Jahr 1835 stammt. Bereits 1351 wurde erstmals ein Rathaus an dieser Stelle erwähnt.

Das malerische Schloss mit Burggarten und Orangerie blieb noch bis 1918 Residenz der adeligen Herrscher. Dann musste Großherzog Friedrich Franz IV. im Zuge der Novemberrevolution in Deutschland abdanken.  

Nazi-Zeit und Zweiter Weltkrieg

Zur Zeit der "Machtergreifung" der NSDAP 1933/34 lebten mehr als 50.000 Menschen in Schwerin. In der Reichspogromnacht von 1938 brannte die Synagoge auf dem Schlachtermarkt nieder, Geschäfte jüdischer Bürger wurden zerstört und viele Menschen jüdischen Glaubens verhaftet oder ermordet. Im Zweiten Weltkrieg blieb die Bausubstanz Schwerins im Vergleich zu anderen Städten weitgehend unbeschädigt. Am 2. Mai 1945 besetzten amerikanische Truppen die Stadt. Bei der Neugliederung Deutschlands fiel Schwerin jedoch in die sowjetische Besatzungszone.  

Boom in der Nachkriegszeit

Lenin-Denkmal im Plattenbauviertel Großer Dreesch in Schwerin © dpa Foto: Jens Büttner
Eine Lenin-Statue im Plattenbauviertel Großer Dreesch aus den 70er-Jahren.

In der Nachkriegszeit wuchs die Stadt, die seit 1952 Verwaltungssitz des DDR-Bezirks Schwerin war: Hochhäuser und neue Straßen entstanden in der Weststadt, 1962 eröffnete die Sport- und Kongresshalle. 1971 begann der Bau des Stadtteils Großer Dreesch mit seinen Plattenbauten für fast 60.000 Bewohner. Altstadt und Schelfstadt dagegen wurden weitgehend vernachlässigt. 1972 übersprang die Einwohnerzahl die 100.000-Marke: Schwerin wurde Großstadt und erreichte 1988 den bisherigen Höchststand von mehr als 130.000 Einwohnern. Ende Oktober 1989 gab es auch in Schwerin Montagsdemonstrationen für mehr Freiheit und Demokratie: 40.000 Menschen gingen nach einem Friedensgottesdienst im Dom auf die Straße.

Mit der politischen Wende 1989 und dem Ende der DDR begann die Einwohnerzahl zu sinken und beträgt inzwischen wieder weniger als 100.000. Seit 1990 ist Schwerin Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern. Den Trend, dass viele Menschen die strukturschwache Region verlassen, änderte das nicht.   

100 Millionen für das Schloss

Blumenmeer im Schweriner Schlossgarten © dpa Foto: Jens Büttner
Zur Bundesgartenschau 2009 blühten Tausende Blumen im restaurierten Schlossgarten.

Das Schweriner Schloss beherbergte seit dem Ende der Monarchie zunächst Ausstellungen des Landesmuseums, nach dem Zweiten Weltkrieg den Sitzungssaal des Mecklenburgischen Landtags, eine Ausbildungsstätte für Erzieherinnen sowie verschiedene Museen. 1990 bestimmte der demokratisch gewählte Landtag von Mecklenburg-Vorpommern das Schloss zu seinem Sitz. Das Land investierte bisher mehr als 100 Millionen Euro in die Sanierung des Gebäudes. Zur Bundesgartenschau 2009 zeigte sich das Wahrzeichen Schwerins erstmals wieder ohne Gerüst und in neuem Glanz. Auch der benachbarte Schlossgarten wurde umfassend restauriert.   

Weitere Informationen
Schweriner Schloss bei Sonnenuntergang © NDR Foto: Diane Eggert aus Fahrbinde

Museum Schloss Schwerin: Herzögliche Schätze im Märchenschloss

Im Schloss am Schweriner See lebten früher Mecklenburgs Großherzöge. Das Museum gibt Einblick in die einstige Pracht. mehr

 

Dieses Thema im Programm:

04.06.2017 | 13:00 Uhr

Mehr Geschichte

Das Passagierschiff "Cap Arcona" © Carl Müller & Sohn, Hamburg-Altona / Stadtarchiv Neustadt

#everynamecounts: Infos zu "Cap Arcona"-Überlebenden digitalisieren

Freiwillige sind aufgerufen, Infos einer historischen Kartei zu digitalisieren. Beim Untergang der "Cap Arcona" und der "Thielbek" starben 1945 rund 7.000 Menschen. mehr

Norddeutsche Geschichte