Die Beatles besteigen am 17. Juni 1966 in Hamburg-Fuhlsbüttel ihre Maschine nach Tokio. © picture alliance / dpa Foto: Werner Reuss

In Hamburg und weltweit: Wie die Beatles zum 60er-Kult wurden

Stand: 17.06.2022 17:30 Uhr

1960 stehen die Beatles erstmals in Hamburg auf der Bühne. Drei Jahre später sind sie weltberühmt und prägen Musik, Mode und Lebensgefühl des Jahrzehnts. Fotograf Günter Zint hatte die "Pilzköpfe" aus Liverpool bei ihren Konzerten vor der Kamera.

von Ulrike Bosse, NDR Info

"Für mich waren die Beatles damals eine der vielen lustigen britischen Bands." Günter Zint hat die Beatles in Hamburg kennengelernt. In den Anfangsjahren ihrer Karriere begegnete er ihnen im Hamburger Star-Club und später immer wieder als Fotograf der Musikzeitschrift "OK". Er selbst beschreibt sein Verhältnis zu ihnen als das eines Journalisten zu seinen "Opfern" - ist ihnen dabei allerdings näher gekommen als viele andere. Zint war Beobachter, hat sich aber auch faszinieren lassen von den "Fab Four" aus Liverpool: von ihrer Musik, ihrem Auftreten und dem Protest gegen die Elterngeneration, der darin steckte: "Das ist die Generation, in der ich groß wurde und mich entwickelt habe. Love and Peace."

Die Beatles John Lennon, Ringo Starr, Paul McCartney und George Harrison (v. l. n. r.) 1963 in London. © picture-alliance / dpa /Ipol
AUDIO: Die 60er: Die Beatles (5/14) (33 Min)

Anfänge der Beatles in Hamburger Clubs

Die Stationen der Karriere der Beatles sind bekannt: Die Anfänge von John Lennon, Paul McCartney und George Harrison in Schülerbands in Liverpool in den 50er-Jahren, die Auftritte unter dem Namen The Beatles ab 1960, zunächst noch mit Stuart Sutcliffe und dem Schlagzeuger Pete Best, der 1962 durch Ringo Starr abgelöst wird. Ringo Starr hatten die anderen in Hamburg kennen gelernt, wo sie ab Sommer 1960 für Auftritte im Indra-Club und dem Kaiserkeller an der Großen Freiheit und später im Top Ten Club und im Star-Club engagiert wurden. Dabei sammelten sie die Erfahrung, die sie als Profi-Band brauchten. Pete Best erinnerte sich später an die Hamburger Zeit: "Unsere Talente haben sich entwickeln können - und wir hatten Erfolg."

Die britische Band The Beatles mit (l-r) Paul McCartney, Ringo Starr, John Lennon und George Harrison. Undatierte Aufnahme. © picture-alliance / dpa
AUDIO: Wer waren eigentlich die Beatles? (5 Min)

Erste Hamburger Unterkunft alles andere als ruhmreich

Ab Anfang 1962 wurden die Beatles von Brian Epstein gemanagt. Günther Zint erinnert sich noch an einen Brief des Managers im Hinblick auf ein Engagement im Star-Club, in dem stand: "Die Beatles werden nur noch auftreten, wenn jeder ein eigenes Bett bekommt. Und nur noch zwei pro Zimmer." Denn in ihrer ersten Zeit hatten die vier alle zusammen in einem Raum ohne sanitäre Anlagen übernachten müssen.

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"Please Please Me" bringt Beatles an die Spitze der Charts

Im Herbst 1962 erschien die erste offizielle Single der Beatles, "Love Me Do", 1963 schafften sie es mit "Please Please Me" an die Spitze der Charts - ihre Weltkarriere begann. Und John, Paul, George und Ringo wurden zu Idolen. Auch Fotograf Zint wurde zum Fan: "Wir alle haben die natürlich nachgeahmt. Die ganze Jugend hat sich nach diesem Bild geformt, jeder wollte plötzlich diesen Haarschnitt haben."

"Die Mädchen fielen reihenweise in Ohnmacht"

Kreischende Beatles-Fans beim Konzert in Hamburg im Jahr 1966. © picture alliance / AP Images Foto: Heinz Ducklau
Bei Beatles-Konzerten gerieten die Fans reihenweise in Ekstase.

Mit einem so großen Erfolg der Beatles habe er zunächst gar nicht gerechnet, erzählt Zint rückblickend. Welche Bedeutung sie aber innerhalb kürzester Zeit bekamen, bemerkte er, als er 1963 als Fotograf zu einem Konzert der vier nach England geschickt wurde: "Da, muss ich gestehen, habe ich mehr Fotos vom Publikum gemacht als von den Beatles, weil die Mädchen reihenweise in Ohnmacht fielen."

John Lennons Haare an die "Bravo" verkauft"

Günter Zint gibt zu, dass er damals ein wenig neidisch gewesen sei: "Wegen mir ist, soweit ich mich entsinne, nie eine Frau in Ohnmacht gefallen." Aber er erinnert sich auch mit Vergnügen daran, wie er dank John Lennon an ein neues Auto kam. Lennon wurden für Dreharbeiten in der Lüneburger Heide, die Zint als Standfotograf begleitete, die Haare geschnitten. Zint sammelte sie auf, ließt sich vom Dorfpolizisten bestätigen, dass es John Lennons Haare sind, und verkaufte sie an die Jugendzeitschrift "Bravo". Für die 5.000 Mark, die er dafür bekam, konnte er sich bei einer Auktion einen BMW kaufen.

Die Beatles ganz oben: Gut gekleidet - und geehrt

Die Beatles zeigen am 26. Oktober 1965 im Vorhof des Buckingham Palace die Verdienstorden, mit denen sie von Queen Elizabeth II. geehrt worden sind. © picture alliance / empics | PA
Frisch geehrt von der Queen: 1965 bekommen die Beatles den "MBE", das Ehrenzeichen, das sie als Mitglieder des "Order of the British Empire" ausweist.

Nach den ersten Erfolgen veröffentlichten die Beatles zusammen mit Producer George Martin einen Hit nach dem anderen. Mitte der 60er-Jahre brachten sie Großbritannien mehr Devisen ein als die britische Autoindustrie. Sie dominierten die Charts, gingen auf Welttournee, drehten Filme. Manager Epstein hatte darauf geachtet, dass sie ordentliche Anzüge trugen und auf der Bühne so auftraten, dass sie auch für ein breites bürgerliches Publikum anschlussfähig wurden. Mitte der 60er hatten sie es musikalisch, finanziell, aber auch gesellschaftlich ganz nach oben geschafft; 1965 wurden sie von Queen Elizabeth II. mit dem britischen Verdienstorden geehrt.

In Günter Zints Erinnerung blieben sie dabei aber authentisch. "Die wussten schon, was sie wert sind. Und die haben ja mitbekommen, wie sehr sie vergöttert wurden. Aber das hat sie wenig beeindruckt." Und für viele Erwachsene blieben sie verrückt, unmoralisch, Krachmacher - oder alles zusammen. So bot die Polizei beim letzten Hamburger Beatles-Konzert 1966 Reiterstaffel und Wasserwerfern gegen die abziehenden Fans auf, und in der Presse wurde über die "Chaoten" berichtet, die sich beim Beatles-Konzert getroffen hätten. "In der dritten Reihe saßen Helmut und Loki Schmidt. Das waren die Chaoten in der dritten Reihe", erinnert sich Zint.

Beatles-Trennung 1970: "Schade, eine Ära ist zu Ende"

Soweit er es mitbekommen habe, seien die vier da aber privat längst getrennter Wege gegangen. Beruflich war es wenig später so weit. Im Herbst 1969 teilte John Lennon den anderen mit, dass er aussteigen wolle, im April 1970 machte Paul McCartney den Bruch öffentlich. Günter Zint sagt, er erinnere sich nicht mehr, ob er wirklich überrascht war. "Ich habe nur gedacht: Schade, eine Ära ist zu Ende."

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