Wissenschaftler fordern sofortige Kontaktbeschränkungen
Um die vierte Corona-Welle zu brechen, sind die aktuellen Maßnahmen laut dem Infektiologen Matthias Stoll aus Hannover "vollkommen unzureichend". 2G-Plus erzeuge eine "trügerische Sicherheit".
"Eine Quote von rund 70 Prozent doppelt Geimpften und die derzeitigen 3G-, 2G- und 2G-Plus-Regelungen sind längst nicht genug", sagte Stoll. Das wirksamste Instrument, um aus einer exponentiellen Steigerung der Infektionszahlen und einer "Dauerschleife von coronabedingten Einschränkungen" herauszukommen, ist laut Stoll eine massiv gesteigerte Impfquote. Doch selbst wenn es gelänge, einen Großteil der Impfskeptiker zu überzeugen, würde es noch Wochen dauern, bis der Impfschutz greife, sagte der Professor von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Aus diesem Grund fordert er zusätzlich eine "Sofortbremse".
Verzicht auf Weihnachtsmärkte und Fußball mit Zuschauern
Stoll plädiert für einen schnellstmöglichen Verzicht auf Massenveranstaltungen sowie auf öffentliche Angebote, die jetzt nicht unbedingt notwendig seien. "Fußballspiele vor Publikum und Weihnachtsmärkte gehören definitiv dazu", sagte der Infektiologe. Strikte Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und Geimpfte fordert auch Jutta Gärtner. Die Professorin an der Universität Göttingen ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die jüngst die Politik dazu aufrief, mit strikten Maßnahmen das exponentielle Wachstum der Neuinfektionen zu brechen. Konkret fordert Gärtner, Großveranstaltungen und volle Städte zu unterbinden - und zwar sofort. "Wenn wir das zeitnah tun, dann gibt es vielleicht auch noch ein bisschen Licht, was die Weihnachtstage betrifft", so Gärtner. Die Zwischenzeit müsse man mit Impfungen nutzen.
"Antigen-Schnelltests bei Geimpften und Genesenen zu ungenau"
Ab Mittwoch gilt fast überall in Niedersachsen die 2G-Plus-Regel. Aus Sicht von Infektiologe Stoll handelt es sich dabei allerdings um "ein mit hohem Aufwand geschwungenes, aber stumpfes Schwert". Die Regel besagt, dass nur noch Geimpfte und Genesene, die zusätzlich einen aktuellen negativen Corona-Test vorweisen können, bestimmte öffentliche Einrichtungen betreten oder körpernahe Dienstleistungen in Anspruch nehmen dürfen. Laut Stoll sind jedoch die Antigen-Schnelltests zu ungenau, um unter Genesenen und Geimpften zuverlässig Infizierte herauszufiltern.
Sorge wegen Omikron-Variante
Stoll kritisierte zudem, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite vom Bund nicht verlängert wurde und in der vergangenen Woche ausgelaufen ist. "Ich kann nicht erkennen, dass eine solche Situation hinter uns liegt", sagte er. Aus seiner Sicht bringt die neue Omikron-Variante des Coronavirus zusätzliche Unsicherheit. Die Variante scheine noch ansteckender zu sein als die Delta-Variante, sagte der Spezialist für Infektionskrankheiten. "Die Omikron-Variante könnte womöglich rasch zusätzliche Dynamik bringen."
