Deutlich mehr politisch motivierte Straftaten in Niedersachsen
Die Zahl politisch motivierter Straftaten in Niedersachsen ist 2024 stark angestiegen. Laut Landeskriminalamt (LKA) wurden mehr als 7.600 Taten erfasst - der höchste Wert seit zehn Jahren.
Das teilte das niedersächsische Innenministerium am Montag in Hannover mit. Demnach wurden 7.633 politisch motivierte Straftaten im Jahr 2024 registriert. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl um 2.439 Taten gestiegen. Als ausschlaggebenden Grund für die deutliche Zunahme nennt das Innenministerium die Europawahl im Juni 2024. Allein damit in Verbindung standen den Angaben zufolge 1.305 vom LKA verzeichnete Straftaten.
Die meisten Straftaten haben einen rechten Hintergrund
Die meisten erfassten Straftaten stammen laut Innenministerium aus dem sogenannten rechtsmotivierten Bereich. Die Zahl stieg demnach von 2.552 Straftaten (2023) auf 3.643 Taten (2024). Auch das sei der höchste Wert im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren. Dem Ministerium zufolge handelt es sich bei deutlich über der Hälfte um Propaganda-Delikte wie das öffentliche Zeigen verbotener Kennzeichen wie Hakenkreuzen. Laut Innenministerium sind unter den rechtsmotivierten Straftaten 2024 allerdings auch 88 Gewaltdelikte. Dazu gehören auch ein versuchter Totschlag und 77 Körperverletzungen. 2023 erfasste das LKA 66 rechtsmotivierte Gewalttaten.
Linksmotivierte Gewalt häufig bei Demonstrationen
Die Zahl der sogenannten linksmotivierten Straftaten hat sich den Angaben zufolge im Vergleich zu 2023 mehr als verdoppelt: 2024 gab es 1.159 Straftaten, 2023 waren 572. Fast ein Drittel der Straftaten steht laut dem Innenministerium im Zusammenhang mit der Europawahl - dabei ging es etwa um Sachbeschädigungen und Diebstahl von Wahlkampfmitteln. Es gab allerdings auch 121 linksmotivierte Gewaltdelikte - das sei der höchste Wert unter den 2024 erfassten Gewaltstraftaten. Auch ist die Gesamtzahl deutlich gestiegen - 2023 wurden hier noch 38 Gewaltdelikte erfasst. Etliche der Gewalttaten wurden dem Innenministerium zufolge im Jahr 2024 in Verbindung mit Demonstrationen begangen.
Behrens: Größte Gefahr geht von rechtem Lager aus
Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte bei der Vorstellung der Zahlen, dass es zwar mehr Straftaten aus der linksextremen Szene gebe. Sie betonte allerdings, "die größte Gefahr für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie geht jedoch nach wie vor und ganz klar von rechts aus". Weiter rechnet Behrens nach eigenen Angaben auch 2025 mit einer politisch motivierten Kriminalität auf hohem Niveau. Wegen der Bundestagswahl im vergangenen Februar sei davon auszugehen, so die Ministerin.
Politiker werten Zehn-Jahres-Hoch als Alarmsignal
Der polizeipolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Alexander Saade, bezeichnete die hohe Zahl als "besorgniserregenden Weckruf". Besonders alarmierend sei der massive Anstieg rechts motivierter Straftaten. Auch Michael Lühmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, sprach angesichts der Zahl von einem Alarmsignal. Der Höchstwert sei allerdings "eine kaum erstaunliche Folge einer stark aufgeheizten politischen Stimmung im Land", so Lühmann. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, André Bock, fordert, dass die Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse erhalten sollten, um Extremisten zum Beispiel im Digitalen aufzuspüren, bevor sie Straftaten begehen. "Wenn den Sicherheitsbehörden ständig Steine in den Weg gelegt werden, dann können sie auch nicht erfolgreich gegen Extremisten vorgehen", so der CDU-Politiker.
Acht Straftaten wurden als terroristisch eingestuft
Neben rechts- und linksmotivierten Straftaten hat das LKA in dem Lagebericht auch Delikte aus dem Bereich sogenannter ausländischer Ideologien erfasst. Deren Zahl sank den Angaben zufolge leicht von 449 auf 436 Taten. Dem Innenministerium zufolge stehen sie überwiegend in Verbindung mit einer israel- und judenfeindlichen beziehungsweise propalästinensischen Ausrichtung. Einen leichten Anstieg von 106 auf 129 gab es den Angaben zufolge bei Taten aus dem Bereich religiöser Ideologien - darunter überwog der islamistische Extremismus. Acht Delikte wurden den Angaben zufolge als terroristische Straftaten eingestuft.
Weniger Delikte im Bereich "Reichsbürger"
Die Zahl der Straftaten, die das Innenministerium den sogenannten Reichsbürgern und Selbstverwaltern zuordnet, ist den Angaben zufolge deutlich gesunken - von 176 (2023) auf 95 (2024). Als Grund für den Rückgang nannte Ministerin Behrens das Ende der Corona-Pandemie. Die Szene aus Verschwörungstheoretikern und Reichsbürgern habe seitdem an Zulauf verloren. Sie sei aber "in Teilen nach wie vor hochgefährlich", so Behrens. Unter den Straftaten gab es 2024 demnach zwölf Gewalttaten.
