Mehr als 100 Teilnehmer waren beim ersten Schulkongress in Lüneburg dabei © Kzenon Foto: Fotolia

Überlastung wegen Abi-Korrektur? Lehrer stellen Gefährdungsanzeige

Stand: 05.05.2025 12:21 Uhr

In dieser und in der kommenden Woche werden die letzten Abiturprüfungen in Niedersachsen geschrieben. Lehrer mehrerer Gymnasien kritisieren, dass sie nur wenig Zeit für die Korrektur haben.

von Matthias Zimmermann

Die Lehrkräfte fürchten gesundheitliche Folgen durch den Stress, der ihnen durch die kurze Bearbeitungszeit entstehe. Mit Gefährdungsanzeigen weisen sie das Kultusministerium nun darauf hin. In einer Gefährdungsanzeige eines Braunschweiger Gymnasiums heißt es außerdem, dass die Qualität der Korrektur massiv leiden könnte, da sie unter erheblichem Zeitdruck erfolgen müsse. Auch darüber wollen sie Ministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) vorab informieren. Dazu seien sie als Beamte laut Arbeitsschutzgesetz verpflichtet.

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Die Belastung an den Schulen sei durch Personalknappheit und einen hohen Krankenstand ohnehin hoch, heißt es von den Lehrkräften. Besonders die Kolleginnen und Kollegen in den Fächern Mathe und Englisch fühlen sich durch den Abi-Zeitplan zusätzlich stark unter Druck gesetzt. In beiden Fächern würden sehr viele Schüler ihr schriftliches Abitur ablegen. Die Mathe-Klausur findet am Freitag statt, Englisch am Mittwoch. Für die Korrektur und das Schreiben von Gutachten im Fach Englisch blieben aber nur 18 Werktage, von denen zwei Tage durch das mündliche Abitur schon belegt seien. In dieser Frist müssten die Arbeiten vom Prüfer, einen Co-Prüfer und der Fachprüfungsleitung durchgesehen werden. Das sei sportlich, sagte auch Stefan Störmer von der Lehrergewerkschaft GEW dem NDR Niedersachsen. Eine Klausur ist bis zu 20 Seiten lang, und wenn der Kurs viele Schüler hat, dann braucht der Lehrer entsprechend lange.

Entlastung durch Korrekturtage reiche nicht aus

Lehrkräfte, die schriftliche Abiturprüfungsarbeiten korrigieren, können in Niedersachsen Korrekturtage erhalten. An diesen Tagen sind sie vom Unterricht befreit, um sich den Abiturarbeiten zu widmen. Davon habe die Schulleitung des Braunschweiger Gymnasiums zwar Gebrauch gemacht, heißt es in der vorliegenden Gefährdungsanzeige. Doch das reiche nicht aus. Es bestehe weiter die Gefahr einer Überschreitung der Arbeitszeitbegrenzung. Außerdem würden dadurch die Kollegen mehr belastet, die den Vertretungsunterricht gewährleisten müssten, zudem drohe Unterrichtsausfall.

Was ist eine Gefährdungsanzeige?

  • Laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind Beschäftigte verpflichtet, Gefährdungen der eigenen Gesundheit und Sicherheit oder eine Gefährdung anderer Personen ihrem Arbeitgeber zu melden. Das Instrument dazu ist die Gefährdungsanzeige.
  • Mit einer Gefährdungsanzeige informieren Beschäftigte über vorhandene Probleme. Das können beispielsweise deutliche Mängel im Arbeits- und Gesundheitsschutz, in der Arbeitsorganisation oder auch im Führungsverhalten sein.
  • Arbeitgeber müssen dann handeln und die Gefährdungen abstellen.

Frühe Sommerferien setzten Lehrer unter Druck

Die Kritik der Kollegen sei absolut gerechtfertigt, sagt Torsten Neumann vom Verband Niedersächsischer Lehrkräfte. Denn den Lehrern in Niedersachsen bleibt teilweise deutlich weniger Zeit für die Korrektur der Abiturarbeiten, als ihren Kollegen in anderen Bundesländern und das sei unfair. Schuld daran ist der Termin der Sommerferien, die in Niedersachsen schon am 3. Juli beginnen, in Baden-Württemberg und Bayern erst am 31. Juli beziehungsweise am 1. August. Da es aber in Deutschland das Zentralabitur in den Fächern, Deutsch, Mathe, Englisch und Französisch und zum ersten Mal auch in den Naturwissenschaftlichen Fächern gibt, wird in allen Bundesländern am selben Tag das schriftliche Abitur in den entsprechenden Fächern geschrieben.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 05.05.2025 | 06:00 Uhr

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Bildung

Schule

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