Niedersachsens Polizei kämpft gegen Datenmengen: Hilft KI?

Stand: 03.04.2022 18:00 Uhr

Noch nie hat die Polizei so viele Daten sichergestellt wie im vergangenen Jahr: 7,5 Petabyte mussten die Fachkommissariate für Forensik bearbeiten. Hilft den Beamten bald künstliche Intelligenz?

von Angelika Henkel

In den Asservatenkammern der Polizei türmen sich Tatwerkzeuge, sichergestellte Drogen - und unzählige Festplatten, Laptops und Handys. Bei der Polizei Celle etwa: Rund 500 digitale Speichermedien lagern in Tüten verpackt in einem Raum, zu dem nur die Forensiker der Dienststelle Zugang haben. Die Daten sind Beweismittel bei Drogenermittlungen, Vergewaltigungen und Betrugsdelikten, denn Menschen hinterlassen digital immer mehr Spuren, die beim Aufklären von Straftaten relevant sein könnten.

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"Menschliche Kapazitäten sind endlich"

7,5 Petabyte Daten haben die Forensiker der Polizei niedersachsenweit im Jahr 2021 ausgewertet, wie das Landeskriminalamt (LKA) auf eine Anfrage des NDR in Niedersachsen mitteilte. Eine Zahl, die kaum vorstellbar ist: Schätzungen zufolge könnten das etwa 150 Millionen hohe Aktenschränke voller Inhalt sein. "Das bedeutet, dass in Personal und Technik investiert werden muss, die diese Daten bearbeiten. Irgendwo sind menschliche Kapazitäten endlich, künstliche Intelligenz fängt da aber erst an. Das müssen wir nutzen", sagt Patrick Seegers von der Polizeigewerkschaft DPolG.

KI bereits im Kampf gegen Kinderpornografie im Einsatz

Künstliche Intelligenz wird bereits jetzt eingesetzt, jedoch nur eingeschränkt im Kampf gegen Kinderpornografie - ein Programm, das vom LKA entwickelt wurde. "Dass das funktioniert und dass das gut ist, sieht man daran, dass das jetzt fast alle anderen Bundesländer von uns übernommen haben", sagt Landespolizeipräsident Axel Brockmann. Das Programm checkt Bilder und Videos, die bei den Kinderpornografie-Verfahren als Beweismittel beschlagnahmt und derzeit in Massen von US-Behörden nach Deutschland geschickt werden. Drei Petabyte waren es 2021.

20 Bilder pro Sekunde - trotzdem bleiben Millionen Bilder übrig

Neue Meldeverfahren der Provider in den USA decken zwar zahlreiche Täter auf, doch die Ermittlungen selbst finden hierzulande bei den Polizeidienststellen statt, hier türmen sich auch die Datenberge. Die speziell für den Bereich Kinderpornografie entwickelte künstliche Intelligenz überprüft 20 Bilder pro Sekunde. Identifiziert das Programm auf einem Bild Pixel, die auf sichtbare Haut hindeuten, werden diese Verdachtsbilder von den anderen Aufnahmen getrennt und für die Ermittler und Ermittlerinnen vorsortiert. Das schafft zwar Entlastung, doch bleiben trotzdem Millionen von Bildern zurück, die weiter händisch ausgewertet werden müssen: Es könnte immer sein, dass auf einem Bild noch nicht bekannte Opfer zu sehen sind, die die Polizei vor ihren Tätern schützen könnte. Für diese Arbeit gibt es noch keine Entlastung durch künstliche Intelligenz.

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Hallo Niedersachsen | 03.04.2022 | 19:30 Uhr

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