Mehrwertsteuer weg bei Obst und Gemüse? Niedersachsen uneins
Angesichts steigender Preise werden Forderungen immer lauter, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse zu streichen. Bundesagrarminister Özdemir ist dafür. In Niedersachsen sind die Meinungen geteilt.
Viele Landwirte sind von der Idee nicht überzeugt. Ihnen brächte ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse wenig, heißt es vom Niedersächsischen Landvolk. Die Erzeuger stünden trotzdem unter einem enormen Kostendruck: Dünger fürs Feld, Tierfutter - das sei alles teurer geworden und es bleibe nichts anderes übrig, als höhere Preise für landwirtschaftliche Produkte zu verlangen. Auch Niedersachsens Bio-Bauern sagen: Ein Anstieg der Lebensmittelpreise sei unumgänglich. Zwar müsse die Politik das genau deshalb zum Teil ausgleichen, sagt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) - aber nicht durch Absenken der Mehrwertsteuer. Stattdessen solle der Staat gezielt einkommensschwache Haushalte unterstützen.
Sozialverband: Mehrwertsteuersenkung gut, aber Stückwerk
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) in Niedersachsen unterstützt die Idee hingegen. Ein Streichen der Mehrwertsteuer sei angesichts der rasant steigenden Lebensmittelpreise ein Weg, um Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Doch die Hilfe müsse weiter gehen. Wie die Bio-Bauern fordert auch der SoVD: Menschen, die von staatlicher Hilfe leben, müssten mehr Geld erhalten. Auch die Landesarmutskonferenz (LAK) fordert, Regelsätze für Hartz-IV und die Grundsicherung zu erhöhen. Ein Wegfall der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel sei zwar gut, aber letztlich nur Stückwerk, sagt LAK-Chef Klaus-Dieter Gleitze. Gleichzeitig sei es ein Skandal, dass in einem der reichsten Länder Welt darüber diskutiert werden müsse, wie sich Millionen Menschen ausreichend ernähren könnten.
CDU und FDP ablehnend, Grüne dafür
Und die Politik? Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) lehnt eine Mehrwertsteuer-Streichung ab: Sie sei "Hilfe nach dem Gießkannenprinzip". Auch Hilbers fordert stattdessen, gezielt Haushalte mit geringem Einkommen zu entlasten. Der Chef der FDP-Landtagsfraktion, Stefan Birkner, sieht das ähnlich: Es müssten diejenigen schnell und effektiv entlastet werden, die besonders unter den steigenden Preisen litten. Birkner schlägt vor, Hartz-IV-Empfängern künftig weniger vom Zuverdienst abzuziehen. Die Grünen im Landtag fänden einen Wegfall der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse dagegen gut: Sich gesund zu ernähren, dürfe nicht am Geldbeutel scheitern, betonen sie.
