Impfung von Jugendlichen: Ärzte begrüßen Stiko-Beschluss
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt nun, Kinder und Jugendliche gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Von Medizinern kommt Zustimmung.
"Die aktuelle Entscheidung der Stiko hilft den impfenden Ärztinnen und Ärzten", sagte Jörg Berling, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. "Sie erleichtert die Diskussion mit den Jugendlichen und Eltern. Einen Ansturm auf die Praxen, der von denen nicht bewältigt werden könnte, erwarte ich nicht." Berling betonte, er sei froh, dass die Stiko sich Zeit genommen habe, um auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Daten zu entscheiden. Er kritisierte: "Das Drängeln der Politik oder sogar die Entscheidungen von Politikern entgegengesetzt zu den Empfehlungen der Stiko waren unverantwortlich."
Stiko bewertet Lage neu
Bislang lautete die Stiko-Empfehlung, dass zunächst nur Jugendliche mit Vorerkrankungen gegen das Coronavirus geimpft werden sollten. Nach sorgfältiger Bewertung neuer wissenschaftlicher Beobachtungen und Daten komme man nun zu der Einschätzung, "dass nach gegenwärtigem Wissensstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen", wie es in einer Mitteilung von Montag heißt.
Erleichterung bei Ministerpräsident Weil und Elternvertretern
Niedersachsens Landesregierung zeigte sich erleichtert. Vielen Eltern sowie Kindern und Jugendlichen dürfte dies die Entscheidung für eine Impfung deutlich einfacher machen, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Montag. Auch der Landeselternrat begrüßte die Empfehlung der Kommission: Die Eltern seien bei dem Thema zwar gespalten, hieß es. Aber: Jeder Baustein, der einen sicheren Präsenz-Unterricht ermögliche, sei gut und wichtig.
Weil: 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen erstgeimpft
Weil verwies darauf, dass Niedersachsen auf Basis der Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde bereits seit mehreren Wochen Impfungen ab zwölf Jahren anbiete. Laut Robert Koch-Institut sind aktuell 30,6 Prozent der 12- bis 17-Jährigen im Land mindestens einmal, 14,4 Prozent vollständig geimpft. Niedersachsen belege damit gemeinsam mit Schleswig-Holstein einen bundesweiten Spitzenplatz. "Impfen ist und bleibt der bestmögliche Schutz gegen das Coronavirus, vor allem im Hinblick auf die mittlerweile dominierende Delta-Variante", betonte Weil. Nun hoffe er, dass die Impfungen in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen "noch einmal zusätzlichen Schwung bekommen werden."
Tonne: Freiwillige Impfangebote vor dem Schulstart
Zuspruch für die Entscheidung gab es auch von Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD). Er sieht den Kurs der Landesregierung bestätigt. Die Empfehlung gebe Rückenwind bei der geplanten Umsetzung von Impfangeboten in Schulen. "Rund um den Schulstart möchten wir weitere freiwillige Angebote machen, damit Jugendliche vor dem Coronavirus bestmöglich geschützt sind, ein Leben in größtmöglicher Normalität verbringen können und ein weiterer Beitrag zur Absicherung von Präsenzunterricht erreicht wird."
Impfung bleibt Entscheidung in den Familien
In einer Stellungnahme zeigte sich Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) zuversichtlich, dass die Stiko-Empfehlung einen weiteren Schub für die Impfkampagne geben könne. "Wenn wir gut durch die vierte Welle kommen wollen, müssen wir die Impfquote in allen Altersgruppen steigern." Sie sei optimistisch, dass die Nachfrage bei den 12- bis 17-Jährigen jetzt noch einmal deutlich steigen werde, sagte Behrens. Letztendlich bleibe die Impfung ein Angebot und sei eine Entscheidung in der Familie.
