Neue Kontrolle für Verfassungsschutz geplant - AfD reagiert empört
SPD, Grüne und CDU planen ein neues parlamentarisches Gremium zur Kontrolle des Verfassungsschutzes in Niedersachsen. Die AfD bekäme dort vermutlich keinen Sitz - das Vorgehen findet sie "skandalös".
Für das geplante Kontrollgremium haben SPD, Grüne und CDU einen gemeinsamen Gesetzesentwurf formuliert. Der Entwurf liegt dem NDR Niedersachsen vor. "Wir sind dazu mit SPD und Grünen in konstruktiven Gesprächen", sagt ein CDU-Sprecher dem NDR. Es geht um Folgendes: Wenn der Verfassungsschutz die Abgeordneten des Landtags darüber informiert, welche Organisationen warum als extremistisch eingestuft sind, dann sitzt dort im Fachausschuss auch ein Vertreter genau der Partei, die im Fokus des Inlandsnachrichtendienstes steht. Früher war es die Linkspartei in Niedersachsen, heute ist es die AfD. Heißt: Der Verfassungsschutz beobachtet eine Partei, die ihn zeitgleich kontrollieren soll - und liefert Einblicke in die Arbeitsweise der Behörde gleich mit.
"Parlamentarisches Kontrollgremium" statt Landtagsausschuss
Die Spitzen von SPD, Grüne und CDU finden das nicht hinnehmbar und wollen das verhindern. Die Idee: Der bisherige Verfassungsschutzausschuss soll durch ein neues Instrument ersetzt werden. In dem Gesetzentwurf ist von einem "Parlamentarischen Kontrollgremium" die Rede. Noch haben nicht alle Fraktionen zugestimmt. "Dabei orientieren wir uns am Bund und den meisten anderen Landtagen", sagte Sebastian Zinke, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD und verfassungsschutzpolitischer Sprecher auf Nachfrage des NDR. Es gehe darum, "die parlamentarische Kontrolle sturmfest aufzustellen". Zur Begründung heißt es im Gesetzentwurf, es werde "ein starkes Zeichen für eine wehrhafte Demokratie" gesetzt. Während bisher alle Fraktionen je nach ihrer Größe Vertreter und Vertreterinnen in den Ausschuss entsandten, würde künftig das Parlament die zuständigen Abgeordneten wählen. Der Landtag "wählt die Mitglieder aus seiner Mitte", heißt es im Gesetzentwurf. Und: "Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtags auf sich vereint."
SPD: "Gremium soll Verfassungsschutz kontrollieren"
Ähnlich wie bei der Wahl der Vizepräsidenten würden die AfD-Kandidaten vermutlich keine Mehrheit bekommen, weil die anderen Parteien sie nicht unterstützen. "Die Möglichkeit, Mitglieder eines Gremiums zu wählen, eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit, bestimmte Vorschläge nicht zu wählen", sagte Zinke dem NDR. "Dieses Gremium hat die Aufgabe, den Verfassungsschutz zu kontrollieren. Wir können nicht diejenigen, die überwacht werden, gleichzeitig zu Kontrolleuren der Überwachung machen. Das wäre absurd."
AfD: "Man ist nicht gewillt, demokratische Prozesse einzuhalten"
Die AfD bezeichnet das Vorgehen als "skandalös", die Fraktion sieht einmal mehr politische Spielchen. Es gebe keinen Sachgrund, die Partei auszuschließen. AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann sagte dem NDR Niedersachsen: "Das vertieft den Spalt in der Gesellschaft, weil man nicht gewillt ist, demokratische Prozesse einzuhalten." Er wirft den anderen Parteien vor, einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD aus dem Weg zu gehen. Zudem verweist Wichmann darauf, dass die AfD in Niedersachsen bislang - anders als im Bund - nicht als gesichert rechtsextremistisch eingestuft sei. "Man hängt sich ausschließlich an der Einschätzung des Bundesamtes auf und die ist höchst fragwürdig." Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die Partei zuletzt als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Verfassungsänderung wäre notwendig
Um das Kontrollgremium einzuführen, braucht es eine Verfassungsänderung. Die wiederum kann nur eine Mehrheit von zwei Drittel der Landtagsmitglieder beschließen. Mit den Stimmen von SPD, Grünen und CDU wäre sie gewährleistet.
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