DGB: 29.000 Menschen bei Erste-Mai-Demos in Niedersachsen
Nach zwei Jahren Corona-Pause sind am Sonntag zum Maifeiertag wieder Menschen auf die Straßen in Niedersachsen gegen. Sie demonstrierten für soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden.
Rund 29.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmen kamen laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) zu den 60 Kundgebungen. Allein in Hannover seien es über den Tag hinweg 10.000 gewesen, in Braunschweig 7.500. In Hildesheim sprach DGB-Bezirkschef Mehrdad Payandeh vor etwa 250 Menschen und appellierte: Wer ernsthaft an der Tarifautonomie interessiert sei, der stärke die Mitbestimmung in den Betrieben. Aus seiner Sicht würden sich Arbeitgeberverbände dagegen sperren.
Fahimi spricht in Wolfsburg
In Wolfsburg sprach die designierte DGB-Bundeschefin Yasmin Fahimi vor etwa 4.500 Menschen. Sie warnte angesichts der hohen Inflation davor, Löhne nur gering zu steigern. Wer etwas anderes fordere, der wolle durch Real-Lohn-Verluste die aktuelle Krise auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgetragen wissen. Neben den großen Krisen durch Corona und den Krieg erinnerte Fahimi in Wolfsburg an die ohnehin bestehenden Aufgaben. "Wir wollen unsere Wirtschaft umgestalten, hinzu 100 Prozent Klimaneutralität. Wir müssen die Digitalisierung voranbringen. Und wir brauchen mehr Kolleginnen und Kollegen als Fachkräfte", sagte sie laut DGB.
Ukraine-Krieg zentrales Thema
Der Protest gegen den Krieg in der Ukraine war eines der großen Anliegen an diesem Sonntag. Bereits im Vorfeld erklärte Payandeh, von den Mai-Demonstrationen müsse "ein Signal ausgehen, damit das Sterben und das Leid der Menschen ein Ende hat." Der DGB wolle sich dafür einsetzen, dass alle Menschen eine Bleibeperspektive und Schutz bekämen. Der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Robert Feiger, ging in seiner Rede in Hannover konkret auf die Immobilienlage in Deutschland ein. Auch die Geflüchteten bräuchten Wohnungen, doch es herrsche generell schon seit einiger Zeit Wohnungsnot. Die Preise seien dabei unverhältnismäßig gestiegen. "Dass die Hälfte des hart erarbeiteten Monatseinkommens für die Miete draufgeht, ist ein Unding", sagte Feiger.
Payandeh: "Europas Grenzen müssen offen sein"
In den vergangenen zwei Jahren wurde wegen der Corona-Pandemie am Ersten Mai meist digital demonstriert. "Seit drei Jahren befinden wir uns im Krisenmodus. Erst die Pandemie mit all ihren schrecklichen Folgen. Und jetzt dieser barbarische Krieg", sagte Payandeh am Sonntag in Hildesheim. Es sei an der Zeit, das Land gerechter, besser und zukunftsfester zu machen. "Europas Grenzen müssen offen sein. Für alle, die vor Gewalt, Krieg und Verfolgung fliehen müssen - und zwar unabhängig von Hautfarbe, Religion Staatsangehörigkeit und Identität."
Polizei: Keine Störungen in Hannover
Weitere Auftritte und Kundgebungen anderer Gewerkschafter gab es in Hameln, Oldenburg, Peine und Salzgitter. Dazu kamen Vertreter etwa von der IG Metall, IG BCE und Dienstleistungsgewerkschaft verdi. Für die Mai-Demos meldete die Polizei in Hannover keine größeren Störungen.
"Kein Sozialabbau zur Gegenfinanzierung der Krisen"
Klimaschutz, Digitalisierung und Globalisierung haben laut DGB enorme Auswirkungen auf Arbeit, Leben und Konsum. Diese wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation könne nur mit einer starken Mitbestimmung und einer hohen Tarifbindung erfolgreich gestaltet werden. Die Menschen brauchten gerade in Krisenzeiten und in Zeiten des Wandels Sicherheit, so der Gewerkschaftsbund. Daher fordere der DGB eine gute Qualifizierung der Beschäftigten für die Herausforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt und eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik, die Erneuerung des Sicherheitsversprechens für einen solidarischen Sozialstaat mit guten Renten sowie einer Bürger- und Pflegevollversicherung. "Sozialabbau zur Gegenfinanzierung der gegenwärtigen Krisen lehnen wir ab: Sozialabbau ist eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie", heißt es in dem Aufruf.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Gewerkschaften
