Corona: Land schließt weitere Verschärfungen nicht aus
Die Landesregierung hält zusätzliche Corona-Beschränkungen während der Festtage und zum Jahreswechsel für möglich. Dies könne die Silvesterfeiern sowie das Abbrennen von Feuerwerk betreffen, heißt es.
Ausschlaggebend für mögliche Verschärfungen seien das weitere Infektionsgeschehen und die Ergebnisse der Bund-Länder-Beratungen über den Corona-Kurs am Wochenende, sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen am Freitag. Nach dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Länderchefs soll es erneut eine angepasste Corona-Verordnung geben, die auch die Frage möglicher Ladenschließungen beinhalten soll, so Pörksen.
Niedersachsen kassiert Lockerungen der Kontaktbeschränkungen
Bereits zuvor hatte das Land einen Teil der für Weihnachten und Silvester geplanten Lockerungen wieder zurückgenommen. Diese Änderungen werden in einer neuen Corona-Verordnung fixiert, die bis Sonnabend veröffentlicht werden soll. Vom 19. Dezember bis zum 10. Januar bleiben die derzeitigen Kontaktregeln im Land bestehen, hatte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Donnerstag im Landtag angekündigt. Im öffentlichen und privaten Raum dürfen sich demnach maximal fünf Personen aus zwei Haushalten plus deren Kinder unter 14 Jahren treffen. Diese Regelung soll laut Weil auch Silvester und über den Jahreswechsel gelten. "Das ist ein Einschnitt und dessen sind wir uns bewusst", sagte der Regierungschef. Aber gerade der Jahreswechsel berge für das Infektionsgeschehen ein ganz besonderes Risiko: "Das dürfen wir in diesem Jahr nicht eingehen." Zwischen dem 24. und dem 26. Dezember will die Landesregierung allerdings Familientreffen mit bis zu zehn Verwandten und deren Partnern erlauben - nicht mitgezählt werden dabei Kinder unter 14 Jahren.
"Es geht um Menschenleben"
Weihnachten und Silvester müssten in diesem Jahr anders sein, sagte Weil. Aber im Vergleich zu einem Virus, das außer Kontrolle gerät, scheine das der geringere Preis zu sein. "Es geht am Ende des Tages um den Schutz von Menschenleben - und um nicht weniger", so Weil. Man müsse auch kleine Anstiege der Infektionszahlen sehr ernst nehmen, sonst könne daraus schnell ein großer Anstieg werden. Das zeige die Erfahrung. Unangetastet bleibt indes die Möglichkeit, sich für einen Verwandtenbesuch über Weihnachten oder den Jahreswechsel in einem Hotel in Niedersachsen einzuquartieren.
Festtage als Chance und Risiko
Die Festtage seien in dieser Hinsicht gleichzeitig Chance und Risiko. Zum einen seien Zusammenkünfte und Feiern, auf denen auch Alkohol fließe, die ideale Grundlage für das Coronavirus. Zum anderen seien die Tage vor und nach dem Fest auch die Tage der allgemeinen Entschleunigung in unserer Gesellschaft. Deshalb wolle die Landesregierung dem Rat vieler Stimmen, unter anderem aus der Wissenschaft, folgen und die Voraussetzung für sehr stille, ruhige Festtage und einen ganz besonders stillen, ruhigen Jahreswechsel schaffen. "Das, was wir jetzt machen über Weihnachten und Silvester und in das neue Jahr hinein, ist für mich ein ganz wichtiger Akt von vorbeugendem Brandschutz", sagte der Ministerpräsident.
Für die restliche Advents- und Weihnachtszeit sowie den Jahreswechsel soll auch der Verkauf von Alkohol zum unmittelbaren Außer-Haus-Konsum verboten werden, dabei geht es auch um den Verkauf von Glühwein.
Befreiung vom Präsenzunterricht ab 14. Dezember möglich
Wenn es darum gehe, Kontakte zu reduzieren, könne man auch den Bereich Schule nicht außen vor lassen, sagte Weil. Deshalb sollen Eltern die Möglichkeit bekommen, ihre Kinder bereits ab der kommenden Woche vom Unterricht befreien zu lassen. Bisher war das nur für die Tage vor dem vorgezogenen Ferienbeginn am 17. und 18. Dezember geplant. Dadurch würden zum einen die Schulen leerer, sagte Weil. Zum anderen könnten Eltern selbst darüber entscheiden, ob ihre Kinder zur Schule gehen oder zu Hause Angebote zum Distanzlernen nutzten. Insgesamt gebe es aber nach wie vor keine Anhaltspunkte dafür, dass Schulen Infektionstreiber wären, sagte Weil. Diese Beobachtung decke sich mit Studien aus unterschiedlichen Bundesländern.
Wie geht es weiter mit dem Handel?
Über den Bereich Handel werde es voraussichtlich große Diskussionen in einer weiteren Bund-Länder-Konferenz geben, sagte Weil. In wohl keinem anderen Bereich sind Absprachen zwischen den Ländern laut dem Ministerpräsidenten so wichtig wie in diesem. Denn sollte Niedersachsen eine andere Entscheidung als ein anderes Bundesland treffen, könne dies ungewollte Kundenströme auslösen. Deshalb habe die Landesregierung in ihrer Kabinettssitzung am Donnerstag noch keine abschließende Entscheidung über diesen Bereich getroffen, so Weil.
Bund-Länder-Konferenz voraussichtlich am Wochenende
Denkbar sind laut Weil drei Optionen für den Handel. Eine Möglichkeit sei, dass es gar keine Schließung gibt. Eine zweite Möglichkeit seien Schließungen zwischen Weihnachten und Silvester. Die dritte Option wäre, dass der Handel von Weihnachten bis zum 10. Januar geschlossen bleibt. "In Niedersachsen sind wir nicht der Auffassung, dass das Weihnachtsgeschäft vor der Zeit gestoppt werden sollte", machte Weil seine Position klar. Ihm zufolge werden die Länderchefs voraussichtlich am Wochenende zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen beraten.
"2021 bringen wir das Coronavirus unter Kontrolle"
Weil appellierte erneut an die Bürger, weiterhin bei der Bekämpfung der Pandemie mitzumachen - und zwar aus eigener Einsicht. "Lassen Sie uns die Chance der vor uns liegenden Wochen nutzen und meiden wir die Risiken, dann kommen wir auch gut ins neue Jahr hinein." Weil rief auch Arbeitgeber dazu auf, so weit wie möglich auf Arbeit im Homeoffice umzustellen, um dazu beizutragen, Kontakte zu reduzieren. Der Blick ins kommende Jahr stimmt den Ministerpräsidenten dagegen zuversichtlicher: "2021 wird das Jahr werden, in dem wir das Coronavirus unter Kontrolle bringen und wieder zu unserem normalen Leben zurückkehren können."
Grüne kritisieren zu spätes Handeln
Die Grünen im Niedersächsischen Landtag kritisierten, dass die jetzigen Beschlüsse schon vor zwei Wochen hätten kommen müssen. Jetzt hätten viele Menschen schon Weihnachtsreisen geplant und Zugtickets gebucht, sagte Fraktionschefin Julia Willie Hamburg. "Eine langfristige Strategie hätte für mehr Planbarkeit gesorgt", sagte sie. Nur mit vorausschauendem, planvollen Handeln kämen alle langfristig durch die Krise. "Wir kommen nicht drumherum, einen Winterplan für den Umgang mit Corona zu machen", sagte Hamburg. Es müssten bundesweit einheitliche Parameter entwickelt werden, welche konkreten Maßnahmen bei steigenden Zahlen umzusetzen seien - und welche bei sinkenden Infektionen.
FDP fordert besseren Schutz von Risikogruppen
Auch die FDP fordert eine nachhaltige Strategie im Umgang mit dem Coronavirus. "Wir hangeln uns von einem Lockdown zum nächsten und wir wissen nicht, wie es im Januar weitergeht", sagte Fraktionschef Stefan Birkner. Vor allem Risikogruppen müssten besser geschützt werden. Die Zeit im Sommer sei nicht genutzt worden - und daraus müssten nun Lehren gezogen werden.
