"Ich bin ein Musiker" - Vor 20 Jahren starb Günter Wand
Am 14. Februar 2002 ist Günter Wand, einer der großen Musiker des 20. Jahrhunderts, gestorben. Zum 20. Todestag erinnert Marcus Stäbler an den Dirigenten, der auch eng mit dem NDR verbunden war.
Die Bruckner-Interpretationen waren sein Markenzeichen, vor allem in der Spätphase seiner Karriere. In den Sinfonien des Komponisten sah Günter Wand den Zugang zu einer anderen Welt: "Es ist wie die Widerspiegelung einer kosmischen Ordnung in dieser Musik, etwas in menschlichen Maßen nicht Auszumessendes", sagte Wand. "Ich möchte eben so sehr gerne versuchen, diesen Hintergrund der Brucknerschen Musik, diese Widerspiegelung göttlicher Ordnung, deutlich werden zu lassen." Aus den Worten von Günter Wand spricht eine große Ehrfurcht vor der Musik. Genau die hat ihn ein Leben lang ausgezeichnet. Wand war das Gegenteil eines eitlen Pultstars. Er sah sich nicht als Maestro, sondern als Kapellmeister oder ganz schlicht: als Musiker.
Erste Stelle bei großem Orchester nach Zweitem Weltkrieg
Mit dieser Haltung wurde der Kaufmannssohn aus dem rheinischen Elberfeld einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts. Weil er sich beharrlich weigerte, in die NSDAP einzutreten, musste er sich zunächst an kleineren Häusern in der Provinz abrackern, bevor er nach dem Zweiten Weltkrieg endlich eine größere Stelle bekam. 1946 wurde Günter Wand Generalmusikdirektor des Gürzenich-Orchesters in Köln.
In seiner fast dreißigjährigen Amtszeit prägte Wand das Gürzenich-Orchester mit seiner Sorgfalt und seinem Respekt gegenüber jeder Partitur. Neben dem klassisch-romantischen Repertoire hat er in Köln viel Neue und zeitgenössische Musik dirigiert. Auch und gerade dann mit besonderer Freude, wenn ein Stück nicht gut ankam: "Ich habe dann gesagt: Wir haben den Eindruck auf dem Podium, dass Sie das Stück nicht verstanden haben und wollen es Ihnen gleich nochmal spielen", erzählt Wand.
Günter Wand: Hartnäckig und streng
Günter Wand konnte sehr hartnäckig sein und streng, nicht zuletzt gegen sich selbst. Vor einer Probe vertiefte er sich oft monatelang in den Notentext, erst mit 62 Jahren traute er sich zum ersten Mal an die Fünfte von Bruckner, weil er sich dem Werk vorher nicht gewachsen fühlte.
In den 70er-Jahren begann eine erstaunliche Spätkarriere. Günter Wand gastierte bei Orchestern wie den Berliner Philharmonikern oder dem Chicago Symphony Orchestra - doch seine wohl engste Verbindung pflegte er mit dem damaligen NDR Sinfonieorchester als dessen Chefdirigent von 1982 bis 1991 und als Ehrendirigent auf Lebenszeit. Gerade in den Aufführungen der Sinfonien von Bruckner, Beethoven, Schubert und Brahms hat er eine Ära geprägt - mit der für ihn typischen Verbindung von Klarheit und emotionaler Wärme. "Mein Bestreben ist gewesen, bei äußerster Präzision des Orchesterspiels doch eine absolute Freiheit des Musizierens zu lassen", sagte Wand.
Unvergessen, wie Günter Wand im hohen Alter manchmal schon etwas zerbrechlich wirkte, wenn er auf die Bühne ging - aber sofort wieder Energie und höchste Konzentration ausstrahlte, sobald er am Pult stand. Das letzte Mal mit 89 Jahren, bei "seinem" NDR-Orchester, mit Musik von Schubert und Bruckner.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Klassik
