Chormusik
Sonntag, 11. Mai 2025, 17:00 bis
18:00 Uhr
Das musikalische Leben in Dresden hat im Spätbarock der Böhme Jan Dismas Zelenka maßgeblich beeinflusst. Er kam um 1711 als Kontrabassist an den Hof als Teil der Hofkapelle und übernahm später auch die Komposition für liturgische Abläufe, als der Kapellmeister Johann David Heinichen aufgrund von Krankheit kürzertreten musste. Der Dirigent Frieder Bernius ist fasziniert von Zelenkas harmonischen Besonderheiten und der Rhythmik im Basso Continuo in vielen seiner geistlichen Werke: "Seine Kontrastsuche - so würde ich das nennen - ist sehr bedeutend. Da muss man genau hinhören, das ist überraschend, und das ist es, was Zelenka besonders macht."
Zelenkas Wiederentdeckung
Erst seit den 1980ern rücken Zelenkas Werke wieder mehr ins Bewusstsein. Bis dahin waren kaum Werke von ihm ediert, anfangs waren nur seine Instrumentalwerke bekannt. Besonders verdient gemacht haben sich die Musikwissenschaftler des Instituts in Tübingen Wolfgang Horn und Thomas Kohlhase. Mit ihnen hat Frieder Bernius eng zusammengearbeitet. "Ich hätte nie gedacht, dass das, was ich da in Tübingen gelesen habe vor 40 Jahren, mich so beschäftigt." Sagt Bernius über seinen ersten Kontakt mit Zelenkas Werken. "Aber ich bin neugierig auf das, was ich nicht kenne, und auf das, was man allgemein nicht so kennt, und versuche da zu übersetzen, sodass man es schätzen kann."
Missa Gratias agimus tibi und andere Werke
Viel hat sich Bernius mit Zelenka beschäftigt und seine Werke aufgeführt und aufgenommen. "Es gibt abrupte harmonische Dur-/Moll-tonale Gegensätze, da wundert man sich wirklich." Neben den harmonischen Kontrasten sind es vor allem das ungewöhnlich lebendige Basso Continuo, das Frieder Bernius auffällt, und was er an Zelenkas Stil sehr schätzt, und der Wechsel aus Kontrapunktik und homophon klingenden Passagen. Auf einem neu erschienenen Album hat Bernius mit seinem Kammerchor Stuttgart und seinem Barockorchester Stuttgart eine Messe aus Zelenkas produktivster Zeit aufgenommen und einige kleinere Vokalwerke.
Den empfindsamen Stil vorweggenommen
Ein Komponist, der seiner Zeit teilweise schon voraus war und ganz selbstverständlich stilistische Wechsel machte: "Hier gehen wir nicht wie in den polyphonen Stellen in die Vergangenheit, sondern hier sind wir in der Gegenwart: Soloflöten und -oboen konzertieren im empfindsamen Stil, die nachher die Frühklassik ausgemacht hat." Beschreibt Frieder Bernius das "Laudamus te" aus der 1730 komponierten Missa Gratias agimus tibi. "Und die großen Kontraste, von denen ich gesprochen habe, sind auch im nächsten Solostück, im Quoniam tu solo Sanctus, erkannbar: eine heitere Atmosphäre durch Flöten- und Soprandominanz, aber auch wieder rhythmisch sehr vertrackt mit lombardischen Rhythmen."
Geschätzt für seinen Ideenreichtum und seinen kontrapunktischen Kompositionsstil
Zur Missa Gratias agimus tibi von Jan Dismas Zelenka gesellen sich in dieser Sendung noch Aufnahmen von zwei 1725 entstandenen Werken, sein Magnificat in D und sein Laudate pueri. Sie verdeutlichen Zelenkas polyphone Schreibweise, für die er zu Lebzeiten berühmt war - wie wir beispielsweise von seinem Zeitgenossen Johann Mattheson wissen. Auch J.S. Bach war ein großer Bewunderer Zelenkas und besaß einige Abschriften von Zelenkas Werken.
Eine Sendung von Chantal Nastasi.
