Pikant: Bargheers "Porträt von Dora Panofsky"
Der Hamburger Jenischpark ist für viele einer der schönsten Parks überhaupt in der Hansestadt. Von der Terrasse des Jenisch-Hauses, dem früheren Wohnhaus des Parkgründers, schaut man hinüber zu einem zweiten Museum, dem Barlach-Haus. Dabei übersehen Besucher oft ein drittes, kleineres Museum, das dem Werk des in Finkenwerder geborenen und in Blankenese gestorbenen Künstlers Eduard Bargheer gewidmet ist. Dessen Direktor und Gründer Dirk Justus erzählt die Geschichte seines Lieblingsbildes: "Porträt von Dora Panofsky".

Dirk Justus ist kaum zu bremsen, wenn er von dem Künstlerfreund erzählt. Erst recht hier, vor dem großen Frauen-Porträt, hinter dessen Geheimnis, wie so oft, eine Dreiecksgeschichte steckt. Denn Eduard Bargheer war befreundet mit dem bekanntesten Kunsthistoriker-Paar seiner Zeit: Erwin und Dora Panofsky.
Ein Abschiedsbild
"Das hat eine gewisse Pikanterie, denn Panofsky war verschrien als Schürzenjäger. Das war bekannt bei den Kunsthistorikern. Die Zunft war zufrieden zu wissen, dass auch Dora in einen jungen und schicken Künstler verliebt war. Das erste Bild im zweiten Kabinett ist ein Porträt, das Bargheer 1933/34 von Dora Panofsky gemalt hat. Und dann ist er nach London und Southampton gefahren, als sie das Schiff bestiegen haben und in die USA emigriert sind. Ein Abschiedsbild also."

Für Dirk Justus ist dieses Gemälde eine Entdeckung, die ihm ganz plötzlich wichtig geworden ist: Denn jetzt, in der aktuellen Ausstellung "Krieg und Frieden. Die Jahre 1934 - 1954", liegt dessen historischer Kontext wie unter einem Brennglas offen da: Bargheer hat eben noch Dora Panofsky als gebrochene Frau in einem expressionistischen lebensgroßen Gemälde in Hamburg porträtiert. Ein erschütterndes Bild kurz vor der Emigration - und eine Entdeckung.
Ein Privatmuseum mit besonderem Charme
Dirk Justus kennt viele Geschichten hinter den Bildern in seinem Museum. Über 1.000 Aquarelle und 200 Gemälde finden sich dort, und eine Fülle von Zeichnungen, die noch auf Entdeckung durch das Publikum warten. Justus war viele Jahre Nachbar und Freund des expressionistischen Künstlers, nach dessen Tod er das Werk in eine Stiftung eingebracht und - in jahrelangem Kampf - dieses Museum gegründet hat.

"Bargheer hatte eine Redensart: 'Das kann man sich so schön ja gar nicht ausdenken.' Dieser Platz sei ideal für ihn, sagte der in Finkenwerder auf der anderen Elbseite geborene Maler immer - die Größe des Hauses, dieses Intime, dieses Charmante, mit dem Ausblick. Wir haben die Fenster extra dunkel gestrichen. Sie sind wie Bilderrahmen. Man guckt raus in den Park und in die Natur. Dieses Spannungsfeld von Kunst und Natur: Schöner kann man sich das nicht vorstellen für so ein Privatmuseum, für so ein Künstlermuseum wie Bargheer."
Liebe und Hoffnungslosigkeit
Das Porträt der verliebten und verehrten Dora Panofsky strahlt gleichwohl etwas Tragisches aus. Eduard Bargheer folgt ganz dem expressionistischen Abstraktionsansatz, das Wesentliche zu zeigen, das Wesen der Dargestellten. "Die Augen in dem Porträt sehen aus, als ob er die Farbe herausgekratzt hat. Da ist so ein toter Ausdruck, wie eine Leiche. Diese Hoffnungslosigkeit, in der sich die Frau damals befand - sie wollte nicht nach Amerika."
Liebe und Hoffnungslosigkeit - rund um dieses große Porträt in Öl sind noch weitere Aquarelle und Zeichnungen von Dora Panofsky in der aktuellen Ausstellung zu sehen, die diesen für Bargheer künstlerisch so spannenden Jahren gewidmet ist.
