Annette von Droste-Hülshoff wurde vor 225 Jahren geboren
Vor 225 Jahren, am 10. Januar 1797, wurde Annette von Droste-Hülshoff auf Burg Hülshoff bei Münster geboren. Einst zierte ihr Porträt den Zwanzig-Mark-Schein.
Was haben die englische Schriftstellerin George Eliot, die Komponistin Fanny Hensel und die Malerin Marie Ellenrieder gemeinsam? Sie lebten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sie waren vielseitig begabt und sie waren weiblich. Letzteres war sehr hinderlich dabei, mit ihrer Kunst anerkannt und erfolgreich zu werden. In den Reigen bedeutender Frauen dieser Zeit gehört auch und vor allem die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, deren Porträt einst den Zwanzig-Mark-Schein zierte.
"Die Judenbuche" - ein vielschichtiger Text
Die Novelle "Die Judenbuche" erschien 1842. Mehr noch als eine Kriminalgeschichte ist sie eine Milieustudie, die auf einer wahren Begebenheit beruht. Als Schulbuchtext scheint sie eigentlich gar nicht so geeignet, denn es geht von ihr etwas Unergründliches, Düsteres aus, das die Wahrnehmung jugendlicher Leser überfordern kann.
Holzdiebstähle bei Nacht, ein unaufgeklärter Mord an einem Juden, Armut, Alkoholismus und krude Gewalt prägen diese Welt - und die Natur ist dabei alles andere als tröstlich.
Die unverheiratbare Frau
Doch Droste-Hülshoffs Werk bietet noch mehr. "Nirgends ganz geheuer" sei es in ihren Gedichten, heißt es - auch hier: Abgründe allenthalben. Fromme Heimatdichterin? Braves Biedermeier? Es schimmern doch eher die "Blumen des Bösen" von Charles Baudelaire durch diese Zeilen aus der Ballade "Der Knabe im Moor".
"Die Droste" stammte aus einem der ältesten katholischen Adelsgeschlechter Westfalens, las viel von Kindheit an, was ihre Mutter mit Wohlgefallen sah und förderte. Zu früh geboren, war sie klein, sehr kurzsichtig und gesundheitlich anfällig. Annette galt in ihrer Familie als unverheiratbar, da sie sich, 20-jährig, nicht zwischen zwei Verehrern entscheiden konnte - und beide verlor. Ihr 17 Jahre jüngerer Freund Levin Schücking, die Liebe ihres Lebens, beschrieb ihre besondere Ausstrahlung:
"Ihr Äußeres machte einen eigentümlichen Eindruck. Diese wie ganz durchgeistigte, leicht dahinschwebende, bis zur Unkörperlichkeit zarte Gestalt hatte etwas Fremdartiges, Elfenhaftes. Der ganze Kopf aber war zumeist etwas vorgebeugt, als ob es der zarten Gestalt schwer werde, ihn zu tragen; oder wegen der Gewohnheit, ihr kurzsichtiges Auge ganz dicht auf die Gegenstände zu senken."
Da war auch Musik drin: Kontakte mit den Schumanns
Zu ihren Interessen zählte auch die Musik. 1877 kam ans Licht, dass sie auch komponiert hat. Mit Clara und Robert Schumann stand sie in Kontakt für ein Opern-Libretto. Dann entschied sie sich doch für die Dichtung. Der Mutter ging nun die Schriftstellerei ihrer Tochter zu weit.
Sie versuchte, die Veröffentlichung ihres ersten Gedichtbandes 1838 zu unterbinden, der dann auch prompt ein Misserfolg wurde. Zehn Jahre nach dem Tod Annettes im Alter von 51 Jahren am 24. Mai 1848 veröffentlichte Levin Schücking ihre Biografie und auch eine erste Werkausgabe, die Droste-Hülshoffs literarischen Ruhm begründete.
"So steht mein Entschluss fester als je, nie auf den Effekt zu arbeiten, keiner beliebten Manier, keinem anderen Führer als der ewig wahren Natur durch die Windungen des Menschenherzens zu folgen und unsere blasierte Zeit gänzlich mit dem Rücken anzusehen. Ich mag und will jetzt nicht berühmt werden, aber nach hundert Jahren möchte ich gern gelesen werden." Annette von Droste-Hülshoff
