NS-Zwangsarbeit in Rüstungsfirma der Welfen
Werksgelände bombardiert und unbrauchbar
Im Frühjahr 1944 wurde in der Fabrik der Welfen diskutiert, wie man die Rüstungsproduktion effizienter gestalten konnte. Mit dabei waren auch die Söhne des Herzogs. Zudem erhielt die FWM den Auftrag, Teile für das erste Düsenflugzeug der Welt, das in Serie ging, die Me (Messerschmitt) 262, herzustellen. Das Geheimprojekt ließ sich aber im eigentlichen Flugzeugwerk in Wels nicht mehr realisieren, da es durch Bombardements schwer zerstört war.
Eine neue, geheime Produktionsstätte wurde im oberösterreichischen Gusen gefunden. Der Ort war wie geschaffen für die Produktion der Wunderwaffe. Daran waren, neben den FMW, noch andere Firmen beteiligt. Gusen liegt 50 Kilometer von den Flugzeugwerken in Wels entfernt; zudem nicht weit vom KZ Mauthausen, das dort mehrere Außenlager hatte. Ab Januar 1944 begannen die ersten Häftlinge des Konzentrationslagers mit den Ausbauarbeiten der unterirdischen Lagerkeller einer Brauerei.
Menschenverachtende, todbringende Zustände unter Tage
Schon beim Bau des Stollens herrschte ein unfassbares Grauen. Rudolf Haunschmied, Wissenschaftlicher Berater im Gusen Memorial Committee, erzählt vom Zeugnis eines Franzosen: "Dieser Mann konnte nur unter Tränen berichten, dass ein gesunder kräftiger Mann diese Arbeit vorn beim Betonrüssel nur wenige Stunden aushalten konnte und dann brachen die zusammen, durch die Hitze, durch den Durst, durch die Entkräftung. Er sagte damals auch, man hätte sich fallweise nicht einmal die Mühe gemacht, die Leute wegzuschaffen, um sie nach Gusen zu bringen, zum Krematorium, sondern man hätte sie einfach hinter die Schalung geworfen und der nächste hätte sie mit Beton zugespritzt."
Überlebender: "Da war kein Mitleid, keine Barmherzigkeit"

Die Fabrik war ein Ort des Grauens. Dort haben Arbeitssklaven des Flugzeugswerks FMW und anderer Firmen bis in die allerletzten Kriegstage im April 1945 Waffen produziert. Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge stellten in nur sechs Monaten etwa 1.000 Rümpfe für Düsenflugzeuge in den Tunnelanlagen her. Dušan Stefančič kennt die Zustände, unter denen die Arbeitssklaven schuften mussten. Er kam 1944 als KZ-Häftling von Mauthausen nach Gusen und war bei der Vormontage des Düsenjägers eingeteilt. "Wenn Sie ein menschliches Leben ganz zur Seite stellen, dann kann man das schaffen. Tausend Leute? Bitte, machen Sie das: Die werden das so lange machen, solange sie leben und wenn einer umfällt, kommt ein anderer. Und so wurde das geschafft. Da war kein Mitleid, keine Barmherzigkeit. Da war gar nichts. Nur um einen Zweck wurde es gemacht: zum "Sieg". Sie wissen ja, es war damals die Parole 'Räder müssen rollen für den Sieg'. Alles musste für den Sieg sein." In Gusen wurden insgesamt etwa 40.000 KZ-Häftlinge getötet.
- Teil 1: "Kriegswichtiger" Rüstungsbetrieb im Besitz der Welfen
- Teil 2: Unterirdisches Stollensystem wurde zur Produktionsstätte
- Teil 3: Keine Anerkennung und Wiedergutmachung für Opfer
- Teil 4: Was sagen die Welfen zu den Orten des Grauens?
