Gisela Werler: "Banklady" oder eiskalte Diebin?
Gisela Werler gilt als erste Bankräuberin der Bundesrepublik - mit 19 Überfällen bis zu ihrer Verhaftung vor 55 Jahren. Elegantes Auftreten und ihre höfliche Art, um Geld zu "bitten", verschaffen ihr den Namen "Banklady".
Als erste Bankräuberin der Bundesrepublik beflügelt die Hamburgerin Gisela Werler Mitte der 60er-Jahre die Fantasie der Menschen. Doch wer steckt hinter beziehungsweise unter der blonden Perücke, dem hellen Mantel und der großen Sonnenbrille? Die Verhaftung der damals 32-jährigen Gisela Werler am 15. Dezember 1967 bringt Ernüchterung. Die vermeintliche "femme fatale" ist eine eher unscheinbare, einfache Frau aus dem Hamburger Arbeitermilieu, die noch bei ihren Eltern wohnt und vor Gericht angibt, "aus Liebe" gehandelt zu haben.
Von der Geliebten zu Komplizin
Werlers kriminelle Laufbahn beginnt 1964. Ihr Bekannter Hugo Warncke will ihren Kleiderschrank in der elterlichen Wohnung als Beuteversteck nutzen. Gisela willigt ein. Warncke hat zusammen mit Hermann Wittorf alias Peter Werler eine Bank ausgeraubt. Gisela Werler verliebt sich in den verheirateten Taxiunternehmer Wittorf - und wird seine Geliebte und Komplizin.
Die als fleißig und zuverlässig geltende Fabrikarbeiterin tritt am 29. Juli 1965 selbst in den Fokus der Öffentlichkeit - allerdings in eleganter Verkleidung. Als erste Frau in der Geschichte der Bundesrepublik überfällt sie eine Bank, nämlich die Filiale Elbgaustraße der Hamburger Volksbank. Der kriminelle Akt bringt ihr 3.100 DM Beute und mediale Berühmtheit als "Banklady".
Großes Geld und kleine Freuden
Insgesamt verübt Werler zusammen mit Wittorf 19 Banküberfälle in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die beiden - teilweise in Begleitung eines oder zweier Komplizen - gehen stets nach dem gleichen Muster vor. Zumeist begibt sich das Gangster-Paar freitags kurz vor Geschäftsschluss mit einem gestohlenen Wagen zur zuvor ausgekundschafteten Bank. Während Wittorf Angestellte und Kunden mit einer Maschinenpistole bedroht, sammelt Werler das Geld ein. Laut Zeugen ist sie dabei stets sehr höflich: "Würden Sie bitte das Geld einpacken?" Doch auch Werler agiert später mit vorgehaltener Waffe.
Rund 400.000 DM fallen in die Hände des Duos. Ein Leben in Saus und Braus führen sie nicht, das wäre wohl zu auffällig gewesen. Stattdessen gibt es neue Gardinen, Möbel und gutes Essen. Einen VW Käfer und Reisen in den Süden könne sie sich dank ihrer Sparsamkeit sowie der Gewinne ihres Freundes Wittorf im Kasino leisten, erklärt Werler ihren erstaunten Eltern.
Sackgasse Bad Segeberg
Der Überfall auf eine Bank im schleswig-holsteinischen Bad Segeberg soll der letzte werden. Fast 100.000 DM erbeuten Werler und Wittorf hier am 15. Dezember 1967. Doch dann geht alles schief: Vier junge Bankangestellte nehmen die Verfolgung der Täter auf und werden von Wittorf angeschossen. Die Flucht endet schließlich an einer geschlossenen Bahnschranke, wo die Polizei die Verbrecher festnehmen kann.
Haben Frauen kriminelle Energie?

Dem konservativen Frauenbild der Zeit entspricht Werlers Begründung für ihre kriminelle Karriere: Sie habe aus Liebe gehandelt, gibt sie vor Gericht an. Sogar Wissenschaftler bezweifeln damals, dass Frauen aus eigenem Antrieb kriminelle Handlungen wie einen Bankraub begehen könnten. Daher fällt auch ihre Haftstrafe mit neuneinhalb Jahren geringer aus als die Wittorfs, der dreizehneinhalb Jahre einsitzen muss. Dabei hatten die Vernehmungen ergeben, dass Werler nach eingehender Schulung durch ihren Geliebten eigenständig agierte. Sie kundschaftete Bankfilialen aus und bedrohte die Bankangestellten mit ihrer Waffe. Manch einer sah in der "Banklady" gar den Kopf der Bande. Gisela Werler, die ihren Geliebten Wittorf im Gefängnis geheiratet hatte, starb 2003 in Hamburg.
"Banklady" mit Nadeshda Brennicke und Charly Hübner verfilmt

Ihre Geschichte lebt jedoch weiter, wenn auch nur im Film - der allerdings mit Star-Besetzung glänzt: Nadeshda Brennicke gibt in der Produktion aus dem Jahr 2012 die "Banklady", Charly Hübner ihren Komplizen und Lebensgefährten. Heinz Hoenig versucht, den beiden als Hauptkommissar Kaminski auf die Schliche zu kommen und Heinz Strunk mimt den "Kunden Koenig".
