Iliosakralgelenk: So helfen Übungen gegen Schmerzen im Rücken

Stand: 18.10.2022 13:45 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Probleme am Iliosakralgelenk können sich durch Symptome wie Schmerzen im unteren Rücken zeigen. Beim ISG-Syndrom kann eine manuelle Therapie helfen, die ISG-Blockade zu lösen. Zusätzliche Übungen dienen der Stabilisierung.

Rückenschmerzen sind weit verbreitet. Besonders im Bereich des unteren Rückens treten bei vielen Menschen Beschwerden auf. Nicht selten gehen die Schmerzen dann vom Iliosakralgelenk (ISG), auch Kreuz-Darmbein-Gelenk genannt, aus. Es besteht aus zwei Gelenken, die links und rechts die Beckenschaufeln (Os ilium) mit dem unteren Teil der Wirbelsäule, dem Kreuzbein (Os sacrum), verbinden. Entzündungen oder Blockaden können für das sogenannte ISG-Syndrom verantwortlich sein.

Funktion des Iliosakralgelenks

Das Iliosakralgelenk leitet beim Heben und Tragen das Gewicht von oben an Hüfte und Beine weiter und federt umgekehrt Stöße von den Beinen ab. Somit hat es in erster Linie eine stabilisierende Funktion. Entsprechend kann sich das Gelenk auch nur wenig bewegen, eine aktive Bewegung ist nicht möglich. Das Iliosakralgelenk wird durch den knöchernen Beckenring und zahlreiche Bandstrukturen stabilisiert.

ISG-Syndrom: Symptome, Ursache und Folgen

Neben Schmerzen im unteren Rücken kann sich ein ISG-Syndrom durch Kribbeln in den Beinen bemerkbar machen. Mögliche Symptome sind zudem stärkere Schmerzen nach langem Sitzen, beim Anheben des Beines oder bei Rumpfdrehung.

Ursachen für eine solche sogenannte ISG-Blockade sind meist Fehlbelastungen und Fehlstellungen der Beine und der Wirbelsäule. Typische Auslöser sind ein Verheben oder ein Tritt ins Leere beim Übersehen einer Treppenstufe.

Die Folge ist eine erhöhte Belastung der Bänder, die zu Verspannungen der stabilisierenden Muskulatur und zu einer Bewegungseinschränkung (Blockade) des Gelenkes führt. Wird dabei ein Nerv eingeklemmt, verspüren Betroffene in der Regel heftige einseitige Rückenschmerzen, sodass eine normale Bewegung nicht mehr möglich ist. Bewegung und Wärme lindern die Beschwerden, durch langes Sitzen werden sie verstärkt. In vielen Fällen strahlen die Schmerzen in die Leiste oder das Gesäß aus.

ISG-Blockade: Diagnose

Die Diagnose einer ISG-Blockade stellt der Arzt oder die Ärztin in der Regel nach einer sorgfältigen Befragung und körperlichen Untersuchung des Betroffenen. Ein Hinweis können sichtbaren Veränderungen in der Körperhaltung sein, etwa eine asymmetrischen Beckenstellung.

Test: Liegt es am Iliosakralgelenk?

Daneben gibt es Funktionstests, mit denen die Beweglichkeit des Gelenkes untersucht werden kann:

  • Auf den Rücken legen und jedes Bein möglichst 90 Grad gerade nach oben strecken. Treten dabei keine Schmerzen auf, liegt es wahrscheinlich nicht an der Bandscheibe.

  • In Rückenlage das Bein auf der gegenüberliegenden (nicht schmerzenden) Seite ablegen und dann auf der schmerzhaften Seite die Muskeln im Hüftbereich ertasten und drücken. Treten dabei Schmerzen auf, kann das Iliosakralgelenk die Ursache sein.

  • In Rückenlage ein Bein anwinkeln und den Unterschenkel kreisen. Treten dabei Schmerzen auf, deutet das auf ein Problem im Iliosakralgelenk hin.

Manuelle Therapie: Iliosakralgelenk "einrenken" und ISG-Blockade lösen

Mit der sogenannten manuellen Therapie lassen sich ISG-Blockaden lösen. Die Blockaden beschränken sich nicht immer auf das Iliosakralgelenk, sondern können entlang der Wirbelsäule bis in die Halswirbelsäule hinauf auftreten. Durch Einrenken werden die Gelenke wieder in ihre natürliche Position gebracht und mobilisiert. Anschließend sollten die Betroffenen noch mindestens eine halbe Stunde spazieren gehen, statt sich gleich wieder ins Auto oder ins Büro zu setzen. So bekommt die Muskulatur die Chance, sich wieder einzupendeln.

Übungen bei ISG-Syndrom

Nach der Mobilisation einer ISG-Blockade müssen Betroffene regelmäßig üben, um die stabilisierende Rumpf- und Rückenmuskulatur zu stärken und einer erneuten Blockade dauerhaft vorzubeugen. Es reicht, drei bis fünf Übungen zur Dehnung und Lockerung der Muskeln sowie zur Kräftigung der Bänder durchzuführen. Das dauert täglich nur zehn Minuten, sollte aber zur Routine werden. Kräftigungsübungen sind beispielsweise:

  • Schwimmer: Bauchlage einnehmen, Beine ausstrecken und leicht anheben (auch die Oberschenkel), Oberkörper ebenfalls anheben, Arme lang zur Seite strecken, Daumen nach oben, halten. Nun mit den Füßen paddeln wie mit Taucherflossen (Oberschenkel nicht ablegen). Die Arme - immer mit den Daumen nach oben - vor und hinter dem Körper zusammenführen. 30 Sekunden Arme und Beine bewegen und dabei die Körperspannung halten.
  • Bergsteigen horizontal: Rückenlage einnehmen, Beine 90 Grad anwinkeln (als wenn ein Tablett auf den Unterschenkeln stehen soll). Rücken über die ganze Länge fest auf die Unterlage drücken, aber Nacken und Kinn locker lassen. Beine abwechselnd nach vorn ausstrecken und kurz über dem Boden halten (hier muss die Bauchmuskulatur ordentlich arbeiten), dann wieder anziehen. Mehrere Wiederholungen durchführen.
  • Standwaage mit Gewichten: Übung im Stand durchführen. Kleine Gewichte (zum Beispiel Kettlebells) in die Hände nehmen und ein Knie leicht beugen. Nun Oberkörper vorbeugen und zugleich das andere Bein gerade nach hinten ausstrecken, die Fußspitze zeigt zur Nase, die Arme mit den Gewichten hängen nach unten, Rücken und ausgestrecktes Bein bilden eine gerade Linie. Einige Sekunden halten, dann Seitenwechsel. Mehrere Wiederholungen durchführen.

Iliosakralgelenk: Schmerzen mit Medikamenten oder OP lindern

Insbesondere bei älteren Menschen werden Schmerzen im Iliosakralgelenk oft durch altersbedingte Verschleißerscheinungen (Arthrose) verursacht. Auch dann können manuelle Therapien die Schmerzen lindern.

Sollte jedoch nach einigen Monaten Physiotherapie keine Besserung eingetreten sein, lassen sich die Beschwerden durch das Spritzen eines lokalen Betäubungsmittels, Kortison oder Hyaluronsäure (Infiltration) vermindern - zumindest für eine Weile. Gegebenenfalls können auch Nerven, die Schmerzen aus dem ISG ans Gehirn weiterleiten, in einer OP verödet werden (Denervation). Dazu wird über einen winzigen Hautschnitt ein Endoskop zum ISG geführt, und die Nerven werden durch Hitze per Radiofrequenzsonde ausgeschaltet. Betroffene sind danach für sechs bis zwölf Monate schmerzfrei.

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