Dithmarschen: Mit Soldaten und Studenten gegen Corona
Viele Gesundheitsämter stoßen in der Pandemie an ihre Grenzen. Auch im Kreis Dithmarschen gab es Probleme. Dort soll ein spezielles Corona-Team die Lage jetzt wieder in den Griff bekommen.
Die Mitarbeiter des Kreisgesundheitsamtes Dithmarschen haben harte Monate hinter sich. Laut Landrat Stefan Mohrdieck (parteilos) stießen sie an ihre Belastungsgrenzen, um die vielen Corona-Aufgaben zu bewältigen. Auch von Überforderung sei die Rede gewesen. "Überstunden, Wochenendarbeit - das hält niemand auf Ewigkeit aus, da mussten wir reagieren", sagt Mohrdieck. Hinzu kam, dass öffentlich Kritik an der Arbeit des Kreisgesundheitsamtes geäußert wurde. Bürger konnten die Behörde telefonisch nicht erreichen, außerdem gab es Probleme bei der Datenübermittlung und dadurch tagelang falsche Angaben beim Robert Koch-Institut. All das führte dazu, dass die Kreisverwaltung handelte - und inzwischen eine neue Struktur für ihr Corona-Team beschlossen hat.
Taskforce zieht zur Telekom
In den ersten Monaten nach Ausbruch der Pandemie gab es Probleme, die eigentlichen Aufgaben des Gesundheitsamtes - zum Beispiel Impfungen gegen Masern - mit den neuen Corona-Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Die Mitarbeiter, die sich um Corona kümmern, mussten ihre alten Büros räumen und umziehen. Sie arbeiten als Taskforce nicht mehr im Gesundheitsamt, sondern in einem Bürogebäude am Stadtrand. Dort, in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude der Telekom, standen etliche Büros leer. Nun können alle, die sich um die Pandemie kümmern, zusammen auf einer Etage arbeiten. Damit soll auch die Kommunikation im Team verbessert werden.
Was die Arbeit so aufwendig macht
Der Kreis Dithmarschen hat zwar nur 130.000 Einwohner, in den Sommermonaten kommen aber Tausende Urlauber hinzu. Deshalb war der Kreisverwaltung in Heide nach dem Beginn der Corona-Pandemie schnell klar, dass die bestehende Mannschaft aus Ärzten und Verwaltungsmitarbeitern die vielfältigen Aufgaben nicht bewältigen kann. Kurzfristig wurden Mitarbeiter des Kreises aus anderen Abteilungen zur Unterstützung abgeordnet. Nur: Wegen der auch in Dithmarschen steigenden Fallzahlen reichte das nicht aus. Denn ein positiver Test beschäftigt die Mitarbeiter tagelang, weil sie sich zum einen um den Infizierten selbst kümmern und zum anderen um alle Kontaktpersonen, die in Quarantäne müssen. In einigen Fällen sind das bis zu 200 Menschen. Und manchmal kommen noch sprachliche Probleme hinzu, so dass die Mitarbeiter Dolmetscher hinzuziehen müssen. Um die Vielzahl der Aufgaben auch langfristig bewältigen zu können, schrieb der Kreis Dithmarschen zusätzliche Stellen aus.
Zwei Feundinnen als Corona-Infozentrale
So ist das Corona-Team des Gesundheitsamtes mittlerweile um gut 20 Mitarbeiter gewachsen. Zu ihnen gehören seit einigen Tagen fünf studentische Hilfskräfte, so wie Franziska Wall aus Hamburg. "Ich studiere Gesundheits-Psychologie und Medizin-Pädagogik und hatte bislang bei einem Zahnarzt gejobbt. Dann sah ich die Stellenanzeige vom Kreis Dithmarschen und habe mich gleich beworben", sagt die Studentin. Zusammen mit einer Freundin arbeitet sie als eine Art Info-Zentrale. "Wir sind hier die erste Anlaufstelle, also quasi das Bürger-Telefon, und beantworten alle Fragen der Dithmarscher zum Thema Corona", erklärt Franziska Wall.
Telefonieren statt schweißen
Im Corona-Team arbeiten seit Anfang der Woche auch zehn Mitarbeiter in Uniform: Soldaten vom Spezialpionier-Bataillon der Bundeswehr in Husum, die nach einer offiziellen Anfrage abgeordnet wurden. Einer von ihnen ist Benjamin Gronwald. "Eigentlich arbeite ich als Schweißer in der Kfz-Werkstatt der Husumer Kaserne, und nun sitze ich hier am Schreibtisch. Das ist mal was anderes. Wir sind hier gut aufgenommen worden und die Arbeit macht mir Spaß", sagt Gronwald. Seine Werkzeuge sind jetzt erstmal das Telefon und der Computer. "Wir müssen zum Beispiel die Quarantäne-Nachverfolgung machen. Wenn sich Leute in Quarantäne befinden, dann rufen wir die an und fragen, wie es ihnen geht, schreiben die Symptome auf und so weiter." Und dann ist da noch ein Stapel Papier. "Das sind die neu Infizierten. Die pflegen wir dann mit Namen, Anschrift und Telefon-Nummer ins System ein, so dass meine Kameraden und die anderen Kollegen die dann anrufen können“, erklärt Gronwald.
Ein bunt zusammengewürfeltes Team
Die Arbeit im Gesundheitsamt ist sowohl für die studentischen Hilfskräfte als auch für die Soldaten wie Gronwald komplett Neuland: "Hier gibt es Programme, mit denen ich noch nie vorher gearbeitet habe. Aber die Leute hier sind sehr nett und erklären uns alles, bis man das verstanden hat - passt schon." Zum Dithmarscher Corona-Team gehören neben Soldaten und Studenten jetzt auch ehrenamtliche Helfer, Mitarbeiter des ärztlichen Dienstes eines Chemie-Unternehmens, Beschäftigte anderer Behörden und Ärzte der Kassenärztlichen Vereinigung. "Das ist eine Riesen-Herausforderung, denn die Kollegen, die hier schon länger arbeiten, müssen nebenbei die neuen Kollegen einarbeiten", sagt Landrat Mohrdieck "Aber ich hoffe, dass das in wenigen Tagen auch gelingt, über die Routine, die sich dann nach und nach einstellt."
Wie lange helfen die Soldaten?
Um die Belastung für das gesamte Team möglichst gering zu halten, achtet der Kreis laut Mohrdieck darauf, dass die Einsatzzeiten wechseln und nicht immer dieselben Mitarbeiter am Wochenende ran müssen. Die zehn Soldaten aus der Husumer Kaserne sollen die Behörde in Heide zunächst bis Anfang Dezember unterstützen. Sollte danach weiterhin so viel Arbeit im Dithmarscher Kreisgesundheitsamt anfallen, hofft Mohrdieck darauf, dass die Bundeswehrsoldaten länger bleiben dürfen.
