Kirche: Zahl der Konfirmationen in SH sinkt deutlich
Die evangelischen Kirchen in Schleswig-Holstein feiern immer weniger Konfirmationen. Viele Jugendliche erleben die Konfizeit aber intensiver. Wir klären Fragen rund um Geschenke und das Outfit für die Feier.
Aufgeregte Jugendliche in festlicher Kleidung, nervöse Verwandte: Die Sitzbänke zahlreicher Kirchen in Schleswig-Holstein sind seit Wochen wieder voll besetzt - rund um den Mai feiern viele evangelische Kirchengemeinden Konfirmation. Bei diesem feierlichen Gottesdienst, bei dem sich die Jugendlichen öffentlich zu ihrem christlichen Glauben bekennen, sind sie in der Regel zwischen 13 und 14 Jahre alt - dann sind sie religionsmündige Mitglieder der Kirche und dürfen Paten bei Taufen werden. Doch: Die Zahl der Konfirmanden ist in den vergangenen Jahren drastisch gesunken.
Konfirmation 2025: Nur noch die Hälfte konfirmiert
Wurden 2014 noch rund 15.600 Jugendliche in Schleswig-Holstein konfirmiert, so sind es im vergangenen Jahr nur noch 7.800 Jugendliche gewesen, wie Zahlen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) zeigen. Die Zahl der Konfirmanden hat sich in den vergangenen zehn Jahren damit halbiert. Gehört der "Konfer" - also die Konfirmanden-Unterricht - und der feierliche Gottesdienst also überhaupt noch zum Erwachsenwerden dazu?
Demografischer Wandel: Weniger Jugendliche, weniger Konfirmanden
Die sinkenden Zahlen begründet die Nordkirche unter anderem mit dem demografischen Wandel. "Es gibt immer weniger junge Menschen im Verhältnis zu Älteren", sagt die Pastorin Irmela Redhead - sie ist Beauftragte der Nordkirche für die Konfizeit und bietet Ausbildungen, Fortbildungen und Beratung für Teamerinnen und Teamer, Pastorinnen und Pastoren sowie für Gemeindepädagoginnen und -pädagogen an. Die Konfizeit-Beauftragte beobachtet zudem einen stärkeren Traditionsabbruch - also Eltern, die weniger an Kirche gebunden sind.
Freizeit ist knapper geworden, Hobbys sind oft wichtiger
Die Konfizeit dauert insgesamt etwa ein Jahr bis anderthalb Jahre - währenddessen gibt es regelmäßig Konfirmanden-Unterricht, Teilhabe an Kirchenarbeit und verschiedene Veranstaltungen. Die Freizeit der Jugendlichen heutzutage ist aber knapper geworden im Vergleich zu früher - zum Beispiel durch die Ganztagsschulen. So stünden Hobbys in Konkurrenz mit der Konfizeit, sagt Redhead.
Taufe hat Bedeutung: Wer getauft ist, lässt sich eher konfirmieren
"Wer aber getauft ist, lässt sich sehr wahrscheinlich auch konfirmieren", sagt die Pastorin der Nordkirche. Dabei beruft sie sich auf Zahlen einer bundesweiten Konfirmationsstudie der 20 evangelischen Landeskirchen. Demnach ließen sich 2022 in Deutschland durchschnittlich knapp 80 Prozent der evangelischen Jugendlichen konfirmieren. Zehn Jahre vorher waren es rund 90 Prozent - der Anteil unter den getauften evangelischen Jugendlichen blieb also relativ stabil. Ein Zeichen dafür, dass die Konfizeit weiterhin ein Erfolgsmodell bleibt, schätzt die Nordkirche selbstbewusst.
Konfirmation in die Lebensrealität der Jugendlichen holen
"Es ist jetzt Aufgabe der Gemeinden und der Nordkirche zu zeigen, dass die Konfirmation attraktiv ist", sagt die Pastorin Irmela Redhead. Dies gelinge, indem man die Konfirmation in die Lebensrealität der Jugendlichen holt. Interaktion sei das Stichwort für die Konfizeit. Den klassischen Konfirmationsunterricht gebe es ohnehin kaum noch.
Konfizeit neu denken - mit Praktika und Ausflügen

Viele Gemeinden ließen sich mittlerweile originelle Aktionen einfallen - Redhead nennt zum Beispiel die Idee von Praktika: "Jugendliche helfen bei der Tafel mit, bei Diakonischen Einrichtungen und sehen, was Kirche alles zu bieten hat."
Auch wenn die Jugendlichen in einer Gruppe aus verschiedenen Gemeinden mehrere Tage auf einer Konfifahrt unterwegs sind, sei das vielversprechend für den Erfolg. So sei man nicht verleitet, schnöden Unterricht zu machen, sagt Redhead. Zudem werde dadurch das Gruppengefühl gestärkt. Gleichalte Teamerinnen und Teamer können zudem authentischer überzeugen.
Kirche will mit alternativen Modellen Jugendliche gewinnen
Die Pastorinnen und Pastoren sind aufgrund der sinkenden Zahlen auch dazu gezwungen, aktiver auf die jungen Menschen und ihre Familien zuzugehen - auch um ihnen unterschiedliche Modelle anzubieten, berichtet der Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf. Teilweise gibt es zusätzlich Einladungsvideos oder speziell gestaltete Webseiten, zum Beispiel für Elmshorn mit Beispielen und Stimmen von Jugendlichen.
"Wir müssen sichtbarer machen, dass wenn vielleicht das Konfi-Modell in meiner Gemeinde nicht zu meinem Zeitplan passt, dass ich auch in die Nachbargemeinde gehen kann." Pastorin Irmela Redhead, Konfizeit-Beauftragte bei der Nordkirche
Neben dem klassischen wöchentlichen Unterricht gibt es laut dem Kirchenkreis alternative Modelle wie zum Beispiel ein Konfi-Camp, wo der Unterricht im Block stattfindet. Oder das KU4/KU8-Modell, bei dem die Kinder in der 4. Klasse sowie in der 8. Klasse jeweils ein Jahr lang Konfi-Zeit haben - oder ein Modell mit längeren Unterrichtszeiten am Sonnabend und dafür nur einmal im Monat.
Konfirmanden, Angehörige, Gäste: Praktische Fragen rund um die Konfirmation
Weg von "weil man es so macht"
Auch Pastorin Janine Meyer aus der eher städtischen Ev.-Luth. Emmaus-Kirchengemeinde in Elmshorn (Kreis Pinneberg) beobachtet, dass weniger Jugendliche in den Konfirmanden-Unterricht kommen als vor 10 oder 20 Jahren. Aber diejenigen, die kommen, tun dies mehrheitlich bewusst mit großer Ernsthaftigkeit und nicht, wie früher, "weil man es so macht". Dies zeigt sich laut Meyer unter anderem an den Fragen und dem Input, der vonseiten der Jugendlichen an die Kirchengemeinden herangetragen wird.
"Die meisten, die sich zur Konfizeit anmelden, wollen wirklich etwas über Gott erfahren. Sie haben Fragen und lassen sich sehr auf die Themen ein." Pastorin Janine Meyer, Ev.-Luth. Emmaus-Kirchengemeinde Elmshorn
Die Pastorin Giulia Aman aus der Kirchengemeinde Münsterdorf (Kreis Steinburg) schildert auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein, dass sie weniger Jugendliche ohne kirchlichen Hintergrund erreicht "Dafür stellen die, die kommen, ganz neue Fragen, nach Gott, nach Glauben, nach Orientierung", sagt sie. "Ich höre kaum noch: 'Ich bin nur wegen der Geschenke hier. Wer heute dabei ist, will es wirklich." Aman konfirmiert dieses Jahr 19 Jugendliche.
Druck von außen hat abgenommen
"Der familiäre Druck oder die Erwartungshaltung, so lässt sich merken, hat abgenommen - was das Arbeiten in der Regel entspannter und gewinnbringender macht", merkt Pastor Sven Voß in seiner Kirchengemeinde Kellinghusen (Kreis Steinburg) an, in der er dieses Jahr 15 Jugendliche konfirmiert. Für die Jugendlichen sei die gemeinsame Zeit mit Freundinnen und Freunden sehr wichtig. "Subjektiv nehme ich es so wahr, dass die Jugendlichen sich verstärkt mit Glaubens- und Sinnfragen auseinandersetzen und diese mitbringen und gewinnbringend zur Sprache bringen", so Voß.
Konfirmation hat hohen Stellenwert auf dem Land
Gerade im ländlichen Raum sei der Zuspruch zur Konfirmation stabil. So ist der Kirchenkreis Nordfriesland zufrieden mit dem aktuellen Zulauf - die Zahlen bewegen sich in den vergangenen Jahren um die 700 Konfirmandinnen und Konfirmanden. "Die Konfirmation genießt in unserem ländlichen Raum noch einen hohen Stellenwert und wird deshalb in allen unseren Kirchengemeinden mit großer Sorgfalt und Kreativität geplant", heißt es. Viele Jugendliche in Nordfriesland würden sich auch nach der Konfi-Zeit engagieren - in kirchlichen Jugendgruppen, bei den Pfadfindern oder auch im Evangelischen Kinder- und Jugendbüro in Niebüll.
