Midyatli ist neue Parteivorsitzende der Nord-SPD
Serpil Midyatli ist die erste Frau an der Spitze der schleswig-holsteinischen SPD. 212 Delegierte gaben auf dem Landesparteitag ihre Stimme ab, 191 stimmten für Midyatli, zwölf stimmten gegen sie, neun Genossen enthielten sich. Insgesamt erhielt die Kielerin gut 90 Prozent der Stimmen. "Gott sei Dank keine einhundert Prozent", war die erste Reaktion von Midyatli in Anspielung auf die Wahl von Martin Schulz zum SPD-Bundesvorsitzenden vor zwei Jahren. "Ich freue mich sehr über das Ergebnis. Es ist ein großer Vertrauensvorschuss für mich und gibt mir viel Kraft, für die Aufgaben, die vor mir liegen", sagte sie dem NDR Schleswig-Holstein.
Erste Herausforderung: Europawahl
Eine der ersten Aufgaben sei der Wahlkampf für die Europawahl am 26. Mai. "Es geht darum, wie wir zukünftig in Europa leben wollen", sagte sie. Rechtspopulisten seien eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben in der EU. "Wir werden gemeinsam für ein friedliches Europa kämpfen."
Midyatli: Die Themen liegen auf der Straße
In ihrer Bewerbungsrede vor der Wahl hatte Midyatli betont, es sei wichtig für die SPD, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Das müsse mit einer klaren Haltung passieren. Sie kandidiere nicht, um einfach so weiterzumachen.
Die Mutter zweier Kinder sitzt seit 2009 im schleswig-holsteinischen Landtag. Außerdem ist die Kielerin im Bundesvorstand der Partei. "Ich möchte, dass wir uns breiter aufstellen", sagte sie. "Die Themen liegen tatsächlich auf der Straße: bezahlbarer Wohnraum und Mobilität, nicht nur in den Städten, sondern auch im ländlichen Raum."
Stegner: Landesverband hat unvergleichbares linkes Profil
Die 43 Jahre alte Kielerin löst nach zwölf Jahren Ralf Stegner als Parteivorsitzenden ab. Midyatli war die einzige Kandidatin, die zur Wahl stand. Am Morgen hatte sich Stegner mit einer kämpferischen, aber auch selbstkritischen Rede von der Parteispitze verabschiedet. DIe SPD stecke in einer Krise, die Mehrheit der Wähler gebe der Partei nicht das Vertrauen und die Umfrageergebnisse seien weit weg von den Zielen der SPD. Stegner erinnerte an Erfolge, Herausforderungen und Niederlagen in den vergangenen zwölf Jahren. Er habe sein Bestes gegeben, er habe für den Landesverband gestanden und gestritten. Der Landesverband habe ein unvergleichbares linkes Profil und sei für die Bundes-SPD häufig Vorreiter gewesen.
Vier Minuten Standing Ovations
Am Ende wurde es dann noch emotional: "Die SPD war immer meine Partei. Ich habe es als Ehre empfunden, den Landesverband zu führen. Zwölf Jahre waren für mich 4.389 Tage einhundert Prozent sozialdemokratische Politik. Mit Herzblut. Ich habe euch zu danken, dass ich die Ehre hatte, euer Vorsitzender sein zu dürfen", sagte er. Nun sei die Zeit gekommen, dass andere zeigten, was sie können. "Eine, die ganz viel kann, hat ihren Hut in den Ring geworfen. Mit Serpil bewirbt sich meine jahrelange Kollegin und Wegbegleitern im Landesvorstand, die eine starke jüngere Genossin ist und die wie eine Löwin für die Inhalte und das klare inhaltliche Profil unserer Nord-SPD zu kämpfen versteht", sagte er in seiner Rede.
Die Partei dankte Stegner mit vier Minuten stehendem Applaus - da musste sich auch der sonst so emotionsfeste SPD-Mann eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Stegner hatte am Sonnabendmorgen auf Twitter deutlich gemacht, sein Verzicht auf den Landesvorsitz sei nicht das Ende seiner politischen Karriere: "Rückzug ist nicht. Als Fraktionsvorsitzender und Oppositionsführer im Landtag und als stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD habe ich noch einiges vor." Wie die weitere gemeinsame Arbeit aussieht, ließ Midyatli im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein noch offen: "Wir werden im Team gemeinsam arbeiten. Alle, die Verantwortung in diesem Team übernehmen wollen, sind herzlich willkommen."
Generationswechsel an der Spitze
Zu Midyatlis Stellvertretern wurden der Bundestagsabgeordnete Sönke Rix und die Juso-Landesvorsitzende Sophia Schiebe gewählt. Prominente Gastrednerin war die SPD Spitzenkandidatin für die Europawahl, Bundesjustizministerin Katharina Barley. Sie warb in ihrer Rede für ein soziales Europa. Der Parteitag wird am Sonntag mit Antragsberatungen fortgesetzt.
