Leben im Schatten des Neubaus der Rader Hochbrücke

Stand: 07.10.2022 15:13 Uhr

Noch steht nicht fest, welches Bau-Konsortium die neue Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal bauen wird, die vorbereitenden Arbeiten laufen aber schon. Für die Anwohner bedeutet das vor allem Lärm.

von Kai Peuckert

Seit Ende Juni rollen die Bagger neben der Rader Hochbrücke in Borgstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Statiker geben dem 50 Jahre alten und maroden Bauwerk über den Nord-Ostsee-Kanal (NOK) noch eine Belastbarkeit bis 2026. Damit dann die A7, Schleswig-Holsteins Hauptverkehrsachse, nicht komplett gekappt wird, muss ein Neubau her. Andrea und Wolfgang Löffler stehen in ihrem Garten hinter dem Haus, keine 50 Meter neben der alten Brücke. "Vorher war hier eine Pferdekoppel und jetzt ist hier eine Skilandschaft", sagt Andrea Löffler.

Vorbereitende Arbeiten laufen seit Ende Juni

Die neue Brücke wird zwischen ihrem Wohnhaus und der alten Brücke gebaut. Die angesprochene Skilandschaft ist die Verbreiterung der Rampe über die die A7 bald auf die Brücke geführt werden soll. In der Bauphase wird der Platz direkt neben der Autobahn genutzt, um tonnenschwere Brückenteile zu verschweißen. Auch jetzt arbeiten Bagger, Walzen und Rüttelplatten. Immer wieder bringen Kipp-Laster Sand, der verteilt werden muss. Im ersten Quartal 2023 soll es mit dem Neubau losgehen. Die baulichen Vorbereitungen laufen bereits seit etwa drei Monaten. "Erlebt man so auch zum ersten Mal, was da so in mehreren Wochen mehr oder weniger dann bewerkstelligt werden kann", sagt Wolfgang Löffler. Auch eine Baustraße, die den Schwerlastverkehr aus dem Ortskern von Borgstedt heraushalten soll, führt jetzt an seinem Grundstück vorbei. Am anderen Ende der Straße entsteht gerade eine eigene Autobahnabfahrt nur für Baufahrzeuge.

Gutes Verhältnis zwischen Deges und Anwohnern

Auch wenn es nicht immer leise war, sprechen die Löfflers von einem guten Verhältnis zu den Projektverantwortlichen von der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs und -bau GmbH (Deges). "Schon vor Beginn der Baumaßnahmen hatten wir eigentlich einen guten Kontakt zur Deges. Wir wurden eigentlich bei allen Sachen rechtzeitig informiert", erinnert sich Wolfgang Löffler. Allen in der Region scheint klar zu sein: Die Brücke ist unbedingt notwendig.

Viele Fragen beim Grillfest

Vor Beginn der Arbeiten gab es ein Grillfest mit Anwohnern und Verantwortlichen. Es wurden viele Fragen gestellt und alle wurden beantwortet. Auch während der ersten Arbeiten überprüften Fachleute ständig, ob die Lärmbelastung innerhalb der rechtlichen Grenzwerte liegt. In den kommenden Tagen wird zusätzlich eine temporäre Lärmschutzwand errichtet. Die Fundamente für das vier Meter hohe Bauwerk sind schon gesetzt.

Keine Arbeiten am Wochenende

Außerdem gibt es weitere Lärmschutzmaßnahmen vonseiten der Deges. So ist die tägliche Bauzeit beschränkt und an den Wochenenden wird gar nicht gearbeitet. "Es geht bis dahin, dass wir die Rückfahrt-Signale der Baufahrzeuge abschalten und durch optische Signale ersetzen wollen, um einfach den Menschen hier größtmögliche Ruhe zu gestatten", erläutert Projektkoordinator Ulf Evert.

Neubau kostet mehr als 380 Millionen Euro

Das Projekt Neubau Rader Hochbrücke ist eines der größten Brückenbauprojekte Europas. Bis 2030 sollen mehr als 380 Millionen Euro investiert werden. Allerdings ist geplant, dass bei Rendsburg zwei Brücken das alte Bauwerk ersetzen, denn die A7 soll gleichzeitig von vier auf sechs Spuren verbreitert werden. In gut drei Jahren muss das erste Bauwerk fertig sein, da die alte Brücke aus den 70er-Jahren der gestiegenen Belastung des Verkehrs laut Gutachtern nicht länger Stand hält.

Der gesamte Verkehr wird dann über diese Brücke geführt, das altersschwache Bauwerk abgerissen und an selber Stelle eine zweite neue gebaut. Nach Angaben der Deges sollen die neuen Brücken 100 Jahre halten.

Anwohner: "Es gibt auch schöne Schattengewächse"

Ein Mann und eine Frau stehen vor der Rader Hochbrücke. © Kai Peuckert Foto: Kai Peuckert
Andrea und Wolfgang Löffler wohnen dicht an der Rader Hochbrücke.

Die A7 wird dann noch etwa 20 Meter näher an dem Haus von Andrea und Wolfgang Löffler verlaufen. "Ich denke viel Sonne werde ich nicht mehr bekommen im Garten, aber es gibt auch schöne Schattengewächse. Ist jetzt für mich kein Problem", sagt Andrea Löffler. Ausziehen ist für sie und ihrem Mann keine Option. Vor acht Jahren sind sie ans Nordende der etwa 1,5 Kilometer langen Brücke gezogen, damals gab es im Bekanntenkreis viel Unverständnis. Einige meinten, es sei doch viel zu laut und wie könne man nur unter der Brücke leben? Doch gerade Andrea Löffler hat sich in die Gegend verliebt, wie sie sagt. "Ich mochte diese Brücke immer gerne."

Ab und zu zittert die Erde, aber keine Setzrisse

Momentan haben die Löfflers aber nicht nur zusätzlichen Lärm. Die Erdarbeiten lassen hin und wieder auch die Erde zittern. "Das ist eben halt, wenn Rüttelplatten im Einsatz sind, um das Ganze letztendlich zu komprimieren und zu verdichten, dann bleibt es nicht aus", erläutert Wolfgang Löffler. Bisher sei das Geschirr in den Schränken heil geblieben und neue Setzrisse gebe es auch nicht.

Hotelgutscheine für Anwohner

Auch vor dem Haus am Borgstedter See wird sich bald einiges tun. Dort entsteht ein Bauhafen, ein weiterer am gegenüberliegenden Ufer auf der Rader Insel, damit Baumaterial auf dem Wasserweg den Ortskern umgehen kann. Bereits jetzt ist für Ulf Evert von der Deges klar, dass bei so einer Großbaustelle nicht immer die gesetzlichen Lärmschutzbestimmungen eingehalten werden können. "Man kann Menschen ja beispielsweise ermöglichen, während bestimmter sehr lärmintensiver Arbeiten ins Hotel zu gehen. Das heißt, anderswo zu übernachten. Das würden wir denn auch übernehmen", sagt der Projektkoordinator.

Erste Arbeiten auch im Süden

Auch am Südende der Brücke laufen die vorbereitenden Arbeiten inzwischen. Eine Baustraße wurde entlang des Autobahndammes auf der Rader Seite errichtet. Rolf Eckstein im knapp einen Kilometer entfernten Ostenfeld (Kreis Rendsburg-Eckernförde) hat wenig mitbekommen, eine Ramme habe er einmal gehört. Er geht davon aus, dass der meiste Krach im permanenten Getöse der Autobahnen A7 und A210 untergehen wird: "Wir werden dann hier von den Bauarbeiten an der Rampe natürlich betroffen sein", sagt Eckstein. Welche Lärmschutzmaßnahmen im Süden geplant sein, weiß er nicht. Er hofft aber, dass es auch für Anwohner auf seiner Kanalseite die Möglichkeit geben wird, ins Hotel zu ziehen - falls Lärmgrenzwerte nicht eingehalten werden können.

Entscheidung über Bau-Konsortium steht kurz bevor

Deges-Projektkoordinator Ulf Evert verweist darauf, dass man im Norden schon weiter mit den ersten Arbeiten als im Süden ist. Das Augenmerk liege verstärkt auf den Anwohner am Borgstedter See. "Auch dort werden wir alles dafür tun, dass diejenigen, die betroffen sind, so wenig wie möglich davon mitbekommen", sagt er.

In Kürze soll laut Evert auch bekannt gegeben werden, welches Konsortium den Zuschlag für den Brückenbau bekommt. Das Bieterverfahren ist fast abgeschlossen. Der Bau der neuen Rader Hochbrücke soll dann pünktlich im ersten Quartal 2023 starten.

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 07.10.2022 | 19:30 Uhr

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